Dem Kindesmord in Thailand auf der Spur
Burgenland/Koh Samui Im März dieses Jahres wurde ein vierjähriger Bub aus dem Burgenland in Thailand brutal ermordet. Thema-Journalist Gerhard Tuschla sprach mit dem mutmaßlichen Mörder. Danach wurde er selbst bedroht.
Vipoj steht unter dem Verdacht den kleinen Thomas ermordert zu haben. Es ist sieben Uhr morgens am Donnerstag, den 31. Mai. Auf der paradiesischen Ferieninsel Koh Samui erwacht langsam der Tag, als das Handy von Gerhard Tuschla läutet: „Verlass sofort die Insel, sonst wird dir etwas zustoßen“, droht eine englische Stimme mit thailändischem Akzent. Der ORF-Journalist weiß, dass er diese Drohung nicht auf die leichte Schulter nehmen darf. Er packt seine Sachen und verlässt Koh Samui in Richtung Nachbarinsel Koh Pha Gan.
Recherche
Von 25. Mai bis zum 4. Juni war Tuschla für das ORF-Magazin Thema in Thailand unterwegs. Er begab sich auf Spurensuche im Mordfall Thomas Kopf. Jenes vierjährigen Buben aus dem Burgenland, der am 12. März 2007 im Ferienhaus seiner Eltern auf Koh Samui brutal ermordet worden war.
Im Zuge seiner umfassenden Recherche und dank seiner guten Thailand-Kontakte gelang es Tuschla, jenen Mann vor die Kamera zu bekommen, der unter dem Verdacht steht, den Buben umgebracht zu haben.
Am 30. Mai führt der Journalist auf Koh Samui das Interview mit dem mutmaßlichen Mörder. Am Morgen danach wird er selbst per Telefon bedroht.
Vorgeschichte
Gerhard Kopf aus Donnerskirchen im Burgenland und seine Frau Oraphan, eine Thai, haben auf Koh Samui einen Traum verwirklicht. Sie haben sich ein Ferienhaus gebaut, das zu den schönsten Domizilen auf der Insel zählt. Zu Silvester 2006 fliegt das Ehepaar mit seinem kleinen Sohn Thomas und Großvater Walter, der erst kurz davor seine Frau verloren hatte, nach Koh Samui. „Wir haben mit Thomas so viel gelacht. Beim Schwimmen hat er immer gesagt, ,Opa, du brauchst keine Angst haben. Ich beschütze dich‘“, erinnert sich Walter Kopf im KURIER-Interview unter Tränen.
Mitte März müssen die beiden Männer aus geschäftlichen Gründen ins Burgenland zurück. Oraphan und ihr kleiner Sohn bleiben auf der Insel. Am Abend des 12. März wird ein großes Feuerwerk abgeschossen. Thomas und seine Mama gehen auf die Terrasse, um es sich anzusehen.
Mord
Plötzlich springt ein Mann aus einem Versteck. Er stürzt sich auf Oraphan, schlägt ihren Kopf mehrmals auf eine Steinbank auf. Der kleine Thomas fleht: „Lass meine Mami in Ruhe. Bitte tu meiner Mami nicht weh.“ Der Mann schnappt den Vierjährigen, schleudert ihn gegen die Steinbank, zückt sein Messer und schneidet ihm den Hals durch. Die Mutter – die inzwischen das Bewusstsein verloren hat – hält der Täter für tot und flüchtet.
Doch die Frau überlebt und kann den 35-Jährigen identifizieren. Am 1. April wird Vipoj, der Fensterlieferant der Kopfs, verhaftet. Zwei Tage später ist der einflussreiche Thai gegen eine Kaution von 10.000 € (siehe Zusatzbericht) wieder frei. Die Eltern sind verzweifelt.
Spurensuche
Gerhard Tuschla begab sich in Thailand auf die Spur dieser unfassbaren Bluttat. „Mir war lange Zeit das Motiv unklar. Der oft zitierte Streit ums Geld, um 4000 Euro, lag ja schon ein Jahr zurück. Mittlerweile glaube ich, dass die Immobilien-Mafia dahinter steckt“, erklärt Tuschla im KURIER-Gespräch. Auf Koh Samui würde ein irrsinniger Bauboom herrschen und die Kopfs hätten das schönste Haus auf der Insel gehabt. „Der mutmaßliche Täter konnte sich sicher sein, dass Gerhard Kopf nie mehr in das Haus zurückkehren würde, wenn seine Familie darin sterben musste. Es wäre daher billig zu kaufen gewesen“, sagt Tuschla, der mit dem mutmaßlichen Mörder sprach. Zum Interview brachte Vipoj eine Kronzeugin mit, die ihm ein „1000-prozentiges Alibi“ gab. Zum Tatzeitpunkt sei er auf dem anderen Ende der Insel gewesen. „Anfangs glaubte ich fast an seine Unschuld. Stutzig machte mich aber, dass sein Alibi plötzlich ganz anders lautete als bei der Verhaftung im April“, erklärt der Thema-Journalist. Als Tuschla die Mutter mit dem Interview konfrontierte, kamen in ihr wieder alle Erinnerungen hoch und sie identifizierte den Täter erneut.
Kurier 2. Juli 2007