Schöner leben in Thailand
Verfasst: Sa Nov 03, 2007 8:53 pm
Schöner leben in Thailand
Betrug mit Pensionskassengeldern
Zwei Mitglieder einer Gruppe, die sich in Thailand mit erschwindelten Pensionskassengeldern ein schönes Leben machen wollte, sind vom Bezirksgericht Zürich als Betrüger verurteilt worden.
Aus dem Bezirksgericht Zürich
tom. Es war ein fieser Trick, mit dem sich insgesamt drei in Thailand lebende Schweizer und ein Spanier ihre Finanzen aufbessern wollten: Sie schalteten Inserate in Schweizer Zeitungen, in denen sie Stellen anboten. Diese waren aber nur fiktiv. Telefonisch meldeten sie sich bei arglosen Stellenbewerbern und fragten nach Geburtstag, AHV-Nummer und Pensionskasse. Die Daten – so die scheinheilige Begründung – seien zur Vorbereitung des Vorstellungsgesprächs nötig. In gefälschten Briefen mit gefälschten Stempeln und Firmenlogos gaben sie sich sodann gegenüber den Pensionskassen als die neuen Arbeitgeber aus und veranlassten so die Überweisung der Vorsorgegelder auf eigens eröffnete Konti. Zwei der Täter waren mit dieser Masche in einer ersten Phase sogar erfolgreich und ertrogen – nach Auskunft von Staatsanwalt Marcel Bebié – Ende 1999 rund 290 000 Franken. Der strafrechtlich relevante Deliktsbetrag belief sich gar auf eine halbe Million Franken. Überweisungen konnten aber storniert und Auszahlungen gestoppt werden.
Weil alles so gut geklappt hatte, entschlossen sich die Täter im Sommer 2000 dazu – mittlerweile zu viert –, das gleiche Ding erneut durchzuziehen. Zwei von ihnen sind nun am Donnerstag für diese zweite Phase vom Bezirksgericht Zürich wegen mehrfachen Betrugs und Betrugsversuchs abgeurteilt worden. Alle Betrügereien der zweiten Phase im Umfang von rund 525 000 Franken flogen allerdings auf, bevor die Gauner das Geld abheben konnten. Das strafrechtliche Verfahren bezüglich der ersten Phase ist sistiert, weil der Mann, der als Haupttäter gilt, seit Jahren auf der Flucht ist. Gemäss Kenntnisstand des Staatsanwalts befindet er sich inzwischen in einem Gefängnis in Thailand. Da die Rollenverteilung der beiden Beteiligten der 1999er Delikte unklar ist, wurde dazu noch keine Anklage erhoben.
Der Spanier ist im Moment ebenfalls noch flüchtig. Somit haben sich am Donnerstag nur zwei 34-jährige Schweizer für die Fälle des Jahres 2000 vor Gericht zu verantworten gehabt. Beide Angeklagten leben inzwischen wieder in der Schweiz und sind hier berufstätig, der eine als Hilfsmechaniker, der andere als Spediteur. Der Hilfsmechaniker, der bereits in die 1999er Straftaten involviert war und für diese später separat abgeurteilt werden soll, teilte sich selber vor Gericht eine untergeordnete Rolle zu. Er habe die Dokumente gefälscht, weil er die schönste Schrift gehabt habe. Sein flüchtiger Komplize sei der Drahtzieher gewesen. Auf die Frage nach seinen Beweggründen meinte er nur: «Keine Ahnung.» Im Dezember 2000 wurde er beim Versuch, gefälschte Checks einzulösen, in Hongkong verhaftet. Der High Court in Hongkong verurteilte ihn zu 2 Jahren und 9 Monaten. Im Oktober 2002 wurde er in die Schweiz ausgeliefert, wo er nochmals 8 Monate in U-Haft sass. Das Gericht hat ihn nun exakt zu diesen 8 Monaten unbedingt als Zusatzstrafe zum Hongkonger Urteil verurteilt, was eine Gesamtstrafe von 3 Jahren und 5 Monaten ergibt und ihn in Freiheit lässt. Der Staatsanwalt hatte 1 Jahr Zusatzstrafe verlangt. Der Verteidiger hatte einen Schuldspruch beantragt, es sei aber von einer Bestrafung abzusehen.
Der Tatbeitrag des Spediteurs, der im Herbst 2005 freiwillig mit seiner thailändischen Ehefrau zurück in die Schweiz gereist war, wurde vom Bezirksgericht nur als Gehilfenschaft eingestuft. Auch er hat in der Zwischenzeit asiatische Gefängnisluft geschnuppert. Er sass in anderem Zusammenhang in Thailand sechs Monate ab. Im Prozess zeigte er sich geständig und erzählte zu seinem Tatbeitrag: «Wir sind mal zusammengesessen, da hiess es: Geh in die Schweiz und mach ein paar Bankkonten auf. Ich habe nicht wirklich über die Konsequenzen nachgedacht.» Vom Zürcher Bezirksgericht erhielt er eine bedingte Freiheitsstrafe von 12 Monaten, was genau dem Antrag des Staatsanwalts entsprach. Sein Verteidiger hatte auf «nicht mehr als 90 Tagessätze zu 40 Franken» plädiert. Den beiden hochverschuldeten Angeklagten wurden zudem die Verfahrens-, Anwalts- und Gerichtskosten auferlegt, die sich auf mehrere zehntausend Franken belaufen.
NZZ online 3. Nov. 2007