Bedeutung der Thao Suranaree in jüngerer Zeit

Unser Korat. Hier und in der näheren Umgebung leben viele deutschsprachige Aus- und Umsiedler. Unsere Leser in der alten Heimat werden sich über unsere Berichte freuen. Wer Korat nicht kennt, findet es auf keiner Landkarte und auch nicht bei Google Earth, denn sie heißt offiziell Nakhon Ratchasima, weil sie die Hauptstadt dieser größten Provinz im Isaan ist, die den gleichen Namen trägt.
Benutzeravatar
koratwerner (†2012)
Thailand-Autor
Beiträge: 941
Registriert: Di Dez 26, 2006 4:28 pm
Wohnort: Korat

Bedeutung der Thao Suranaree in jüngerer Zeit

Ungelesener Beitragvon koratwerner (†2012) » Sa Okt 06, 2007 6:42 pm

Die Provinzhauptstadt Korat, offiziell Nakhon Ratchasima genannt, entwickelt sich derzeit von einer rein ländlichen Handelsmetropole zu einer bemerkenswerten Industriestadt im Nordosten Thailands.

Die strukturellen Voraussetzungen für diese ökonomische Veränderung sind zum größten Teil gegeben oder werden weitgehend unabhängig von der Zentralregierung in Bangkok weiter ausgebaut. Um diesen Boom nicht stagnieren zu lassen, sind gewaltige Kraftanstrengungen bei der Erschließung von Bauland, der Verbesserung der Infrastruktur und der Ausbildung erforderlich. Dies geschieht mittels ortsansässiger Organisationen, deren Ziel es ist, gegenüber der starken Konkurrenz in Bangkok zu bestehen. Diese nicht homogenen Gruppen und Personen, wie Politiker, Unternehmer, Intellektuelle und sogar das Militär sind Indikatoren dieser Entwicklung.

In Korat besteht die für Thailand erstaunliche Situation, dass Personen und Institutionen, die an und für sich gegensätzliche Interessen haben, miteinander kooperieren. Insbesondere das der Universität angeschlossene Centre for Development, welches die Interessen lokaler und regionaler Organisationen koordiniert und die Korater Handelskammer, haben einen besonderen Stellenwert. Regelmäßig arbeiten diese Organisationen zusammen und realisieren Seminare und Tagungen, an denen Professoren der Universitäten, Unternehmer, Repräsentanten einzelner Organisationen, leitende Mitarbeiter der Provinz- und Stadtverwaltung, sowie des Militärs teilnehmen.

Fragt man, warum sich die Vertreter der unterschiedlichten Organisationen zu diesem Arbeitskreis zusammenschließen, erhält man viele unterschiedliche Antworten. Sie alle jedoch gipfeln in der Aussage, dass die Entwicklungsideologie darauf beruht, dass man sich als Korater fühlt, hier zuhause ist und dementsprechend verantwortlich für die Entwicklung der Stadt und der Provinz ist.

Diese Einstellung beruht nicht zuletzt auf der lokalen Tradition und Referenz, die von dem alles einigenden Symbol der Großmutter Ya Mo, bzw. Thao Suranaree ausgeht und der Verehrung, die ihr von der gesamten Bevölkerung entgegengebracht wird.

Im vergangenen Jahrhundert war es diese Figur, unter deren künstlicher Obhut die unterschiedlichsten ethnischen Gruppen integrierend zusammen fanden, so dass sich die Bevölkerung heute nicht als Thais, Laoten, Khmer oder Chinesen fühlt, sondern als Korater. Zwar haben sich, vor allen Dingen bei den Chinesen, ursprüngliche religiöse, traditionelle und kulturelle Strukturen erhalten, doch alle fühlen sich unter der Obhut der Thao Suranaree als eine Familie.

Der Fremde wird bei einem Besuch in dieser Stadt von der einigenden Kraft der Thao Suranaree wenig bemerken. Er sieht im Stadtzentrum das Monument dieser Figur und belächelt vielleicht insgeheim die göttliche Verehrung, die der Thao Suranaree von der gesamten Bevölkerung entgegengebracht wird. Vielleicht bemerkt er auch, dass ein Stadtteil, ein großes Industriegebiet, ein Technologiezentrum und die neue technische Universität, sowie verschiedene Institutionen den Namen dieser Frau tragen und entdeckt vielleicht den Wat Sala Loi, der von dieser Frau gestiftet sein soll und rückt all diese Gegebenheiten in die Nähe einer religiösen Verehrung.

Das mag früher sicherlich der Fall gewesen sein und hat auch heute noch bei der weniger gebildeten Bevölkerung Bestand. Doch über diese Bedeutung hinaus ist Ya Mo heute die Integrationsfigur, die nicht nur die Bevölkerung der Stadt, sondern auch der gesamten Provinz Nakhon Ratchasima eint.

Die Bedeutung von Ya Mo lässt sich auch an folgendem Beispiel darstellen. Offiziell heißt die Stadt und die Provinz seit etwa einhundert Jahren Nakhon Ratchasima. Von der Bevölkerung wird jedoch nur von Korat gesprochen, wenn man die Hauptstadt der Provinz meint. Korat ist der alte Khmer Name dieses Ortes, der auch der Namensgeber der weltweit bekannten Korat Katze ist, die ursprünglich aus dieser Region stammen soll.

Als im vorigen Jahrhundert diese größte Provinz Thailands geteilt werden sollte, was verwaltungstechnisch erhebliche Vorteile gebracht hätte, bildete sich umgehend in der gesamten Bevölkerung ein großer Widerstand. Die Menschen wollten Korater bleiben. Auch wenn sie hundert und mehr km entfernt der Stadt ihren Wohnsitz hatten, sie wollten den Schutz ihrer Ya Mo nicht vermissen.

Dieses Zusammengehörigkeitsgefühl manifestiert sich auch in der Sprache. Die Korater sprechen ihren eigenen Dialekt, Phasa Korat genannt. Das ist ein thailändischer, wird betont, und kein laotischer Dialekt, wie er in den anderen Provinzen des Nordostens gesprochen wird.

Dieser Patriotismus ist Ausdruck eines lokalen Selbstbewusstseins. Die Korater wollen ihre Angelegenheiten selber regeln und nicht am Gängelband der Regierung in Bangkok hängen. Alle Bewohner fühlen sich als Enkel ihrer Ya Mo und wollen als große Familie ihre Angelegenheiten selber regeln und betrachten deshalb die Entwicklung ihrer Provinz, als ihre Pflicht und Aufgabe. Selbst aus anderen Provinzen Zugereiste unterliegen dieser Faszination und fühlen sich nach kurzer Zeit zugehörig.

Wie die wirtschaftliche Entwicklung zeigt, ist dieses Selbstbewusstsein unter der einigenden imaginären Kraft von Ya Mo nicht ohne Erfolg geblieben und sicher würden in Thailand die ASEA-Sportspiele 2007 in Bangkok oder einer anderen Stadt als Korat stattfinden, wenn nicht diese aufstrebende Region die Gewähr für die erfolgreiche Abwicklung eines solch großen Vorhabens geben würde.

Wer ist diese Ya Mo? Geschichtlich gesichert ist, dass zu Anfang des 19. Jahrhunderts laotische Eroberer auf einem Feldzug nach Bangkok die Stadt Korat eroberten. Da alle arbeitsfähigen Männer Korats sich zum Aufbau der neuen Hauptstadt in Bangkok befanden, verlief die Eroberung fast widerstandslos. Die noch anwesenden Bewohner wurden gefangen gesetzt und sollten nach Laos verschleppt werden.

Die Überlieferung berichtet, dass während eines Gelages, bei dem die Frauen die Soldaten versorgen mussten, Suranaree den laotischen Heerführer tötete, die anderen Frauen befreiten die gefangen gesetzten älteren Männer und die meisten der betrunkenen Soldaten wurden erschlagen oder vertrieben. Später erhielt die mutige Frau vom König den Ehrentitel Thao Suranaree und wurde von der Bevölkerung Korats liebevoll Ya Mo genannt, was so viel heißt, wie Großmutter.

Im Laufe der Zeit wurde Ya Mo zur Beschützerin der Stadt Korat, wo ihr in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts am Rand der Altstadt ein Monument errichtet wurde. Finanziert wurde dieses Monument von Spenden des Gouverneurs und chinesischen Geschäftsleuten.

Das von einem Italiener entworfene Denkmal hat keine thailändischen Merkmale, was ihrer Popularität jedoch zu keiner Zeit Abbruch getan hat. Trotz der offensichtlichen Künstlichkeit der Statue als solcher, ist es ein gelungenes Werk. Die grenzenlose Verehrung, die dieser Figur aus allen Bevölkerungsschichten entgegengebracht wird, hat die Menschen geeinigt und sie zu Koratern gemacht, einem stolzen und selbstbewussten Völkchen am Rande der großen Hochebene des Isan.
Es ist nicht schwer zu wissen wie man etwas macht,
aber es ist schwer es auch zu tun!

lulang
Korat-Isaan-Forum-Gast

Re: Bedeutung der Thao Suranaree in jüngerer Zeit

Ungelesener Beitragvon lulang » Do Okt 18, 2007 11:24 am

Hallo lieber Werner,
zunächst mal herzlichen Dank für Deinen Bericht. Touristen sind sicher hocherfreut, wenn sie das lesen und ich will diese Freude auch gar nicht schmälern.
Es hat sich tatsächlich einiges in den letzten Jahren getan im Isaan und damit auch in Korat.
Würden da nicht solche Aspekte wie Korruption, Politmafia, mafiaähnliche Strukturen, fehlende Eigeninitiativen, bewusst zurückgehaltene Bildung, Egoismus, Unbelehrbarkeit, Konservatismus, Faschismus, Desorientierung, falsch verstandener Buddhismus eine immer noch sehr grosse Rolle spielen, dann wären sicher auch hier mehr von "blühenden Landschaften" zu spüren die du so schön beschreibst.
Ich hoffe für die Isaaner, dass es diese Zwänge wie zuvor beschrieben eines Tages, vielleicht in den nächsten 2 oder 3 Generationen nicht mehr gibt und sie den Wohlstand geniessen, den sie verdienen.
Wenn ich aber an die kommenden Wahlen denke, dann sehe ich wieder einen Rückschritt, denn die, die gewählt werden, oder ein Teil dieser Gewählten werden gar nicht dran denken, den Isaaner von ihrem Reichtume twas abzugeben. Sie werden dafür sorgen, dass Alles so bleibt, wie bisher. Es sei denn, sie verdienen kräftig an evtl. Veränderungen.
Sei mir nicht böse, aber diese Zustände müssen auch mal klar und deutlich beschrieben werden.
Dass soll keineswegs die Qualität deiner berichte schmälern.
Vielleicht wird ja auch die nächste Generation schon einen Festnetzanschluss haben und nicht so wie ich auf GPRS angewiesen sein und stundenlang warten muss, bis ich einmal ins Internet komme.
Denn der Verantwortliche für diesen Zustand ist ja nicht mehr da und möglicherweise erkennt irgendjemand in der Regierung und bei TOT warum viele, viele Menschen auf dem Lande im Isaan immer noch keinen Telefonanschluss haben...
Stichwort: Korruption, wie oben beschrieben....
Entschuldigt bitte evtl. Fehler, ich habe sofort abgeschickt, denn sonst ist meine Verbindung vielleicht wieder futsch.
Bis zum nächsten Bier bei Dir

Liebe Grüsse
lulang


Zurück zu „Unser Korat“



Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 4 Gäste