Finanzmarkt Vietnam

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koratwerner (†2012)
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Finanzmarkt Vietnam

Ungelesener Beitragvon koratwerner (†2012) » Di Dez 28, 2010 6:26 am

Verschmähtes Schwellenland Makroökonomisch angeschlagen

Die meisten Schwellenländer Südostasiens haben ein hervorragendes Börsenjahr hinter sich. Getrieben von massiven Geldzuflüssen aus Europa und den USA sowie einer robusten Binnenkonjunktur stiegen die Börsenindizes rasant an (Indonesien: +43%, Thailand: +40%). Vietnams VN-Index hingegen hat seit Januar 3,9% eingebüsst. Vor fünf Jahren gehörte das viertgrösste Land Südostasiens noch zu den vielversprechendsten Aktienmärkten der Region und brillierte mit einer Jahresperformance von nahezu 300%.

Angesichts einer Inflationsrate von 11,75%, makroökonomischer Ungleichgewichte und einer schwächelnden Währung sorgen sich viele Anleger um die wirtschaftliche Stabilität. Zum Gefühl der Verunsicherung beigetragen hat die Schieflage der Shipbuilding Industry Group (Vinashin). Als im Sommer 2010 bekanntwurde, dass das vom Schiffs- zum Mischkonzern mutierte Staatsunternehmen über 4 Mrd. $ Schulden am Hals hat, gingen Schockwellen durchs Land. Unlängst musste Vinashin eingestehen, dass man nicht in der Lage ist, die erste Tranche einer syndizierten Anleihe unter Federführung der Credit Suisse zurückzuzahlen. Innerhalb weniger Tage senkten die Rating-Agenturen Moody's Investors Service und Standard & Poor's Vietnams Kreditwürdigkeit mit Verweis auf mögliche Zahlungsbilanzprobleme und die fragile Situation des Bankensystems.
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Im internationalen Vergleich ist Vietnams Aktienmarkt ein Leichtgewicht, das von inländischen Kleinanlegern dominiert wird. Von den 274 Mitgliedern des VN-Indexes weisen lediglich deren 8 eine Marktkapitalisierung von mehr als 1 Mrd. $ auf. Attraktiv ist freilich die Bewertung der an der Ho Chi Minh City Stock Exchange gehandelten Valoren. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 11 für 2010 sind die Valoren deutlich billiger als die Vergleichsmärkte in Indonesien (20) oder Thailand (15). Zudem streichen im kommunistischen Einparteistaat tätige Vermögensverwalter hervor, mit einem für 2010 erwarteten Anstieg des Gewinns pro Aktie von 27% stellten Vietnams Unternehmen ihre regionalen Wettbewerber in den Schatten. Zahlreiche internationale Investoren haben dem Land im Zuge der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise den Rücken zugekehrt und tasten sich nun gemäss lokalen Brokern wieder langsam an Vietnam heran.

Ungeachtet der günstigen Aktienbewertung und einer dynamischen Wirtschaftsentwicklung (BIP-Wachstum 2010: 6,7%) muss im südostasiatischen Schwellenland mit Turbulenzen gerechnet werden: Vietnams wenig produktive Staatsunternehmen verschlingen Unmengen von Krediten und belasten dadurch das Bankensystem. Der Internationale Währungsfonds (IMF) stellte im September trocken fest, die «unklaren Absichten» der Regierung untergrüben das Vertrauen in den Markt. Der Ökonom Nguyen Quang A, der sein unabhängiges Institut of Development Studies wegen der Druckversuche der Behörden wieder schliessen musste, spricht von einer auf Wirtschaftswachstum fixierten Politik, die nicht nachhaltig sei.

Neue Zürcher Zeitung

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