@Mousemelk
Bin zwar nicht auf dem Lande aufgewachsen, dafür aber wahrscheinlich im gleichen Jahrzehnt wie du, wo es auch im städtischen Bereich Schweine, Schafe, Hühner und Kaninchen auf den Hinterhöfen gab. Wie diese Tiere dann in den essbaren Zustand versetzt wurden, ist mir noch sehr gut in Erinnerung.
Auch bin ich mit Hunden aufgewachsen. Es waren die Hunde des Hauswirtes.
Ansonsten war mein Interesse an Hunden nie außerordentlich groß.
Als junger Spund, Anfang zwanzig, frisch verheiratet, 2 Kinder (das erste Kind ging damals ja immer schnell. Das zweite dauerte dann in der Regel 9 Monate
)habe ich mir von einem Kollegen einen Welpen aufschwatzen lassen. Der entwickelte sich zum "Monster". Er hat alles zerstört, was ihm zwischen die Zähne kam. Unter anderem mein erstes Paar neuer Schuhe der gehobenen Preisklasse. Daraus hat er mir Clogs angefertigt. Ich war fertig mit den Nerven. Und das als junger Kerl.
Ende vom Lied: ich habe ihn ins Tierheim gebracht und denen erzählt, was Sache war. Die waren total erstaunt, dass ich ihnen nicht aufgetischt habe, dass ich den kleinen Kerl (er ging schon als "Halbstarker" durch) auf der Straße gefunden hätte.
Wie auch immer, ich habe hundert Mark gespendet und versprochen, den Hund regelmäßig zu besuchen. Das fanden die Tierpfleger gut. Schon nach 2 Tagen habe ich den Racker vermisst. Ich hatte Gewissensbisse und fühlte mich total scheiße. Hab mich ins Auto geschwungen und bin zum Tierheim. Ich wollte meinen "Blacky" wieder zurück haben. Doch "Blacky" war nicht mehr da. Man sagte mir, dass der Banause schon am nächsten Tag vermittelt wurde. Man würde mir aber nicht sagen, wohin.
Als ich das meiner Familie mitteilte, haben alle unisono Rotze und Wasser geheult. Einschließlich meiner Wenigkeit. Diese Begebenheit werde ich im Leben nicht vergessen.
Danach war das Thema "Hund haben wollen" für mich erledigt.
Rund 35 Jahre danach, ich war mit meiner Frau gerade hier in Thailand aufgeschlagen, wurde die Frage nach einem Hund von meiner lieben Frau thematisiert. Sie kennt es von Hause aus nicht anders. Die Eltern hatten immer Hunde.
Ich habe mich standhaft geweigert, meine Zustimmung dazu zu geben, was meine Frau auch letztendlich akzeptierte. Ich wollte die Verantwortung für so ein Geschöpf nicht übernehmen und mich auch nicht in meiner Bewegungsfreiheit einengen lassen.
Bis eines schönen Tages "Bong" meinen Weg kreuzte. Er war damals schätzungsweise 4 Monate alt und tauchte auf der Baustelle (wir waren mit den Häusern für die Kinder zugange) auf. Ausgehungert, aber ansonsten machte er einen properen Eindruck. Er gefiel mir auf Anhieb und ich dachte sofort im Geheimen: hoffentlich bleibt der!
Es war morgens 10:00 Uhr, also "Knoppers-Zeit". (blöde Werbung für 'ne Schoko-Waffel) Und da ich nix Essbares für den Ausreißer hatte, habe ich ihm Schoko-Waffeln gegeben. Die hat er sich alle restlos verputzt. Zur Mittagszeit habe ich für ihn eine Portion Khao Pad (gebratener Reis mit Fleisch und Gemüse) gekauft. Auch die hat er sich restlos einverleibt.
Ich will es kurz machen: ich hab mich in den kleinen Kerl regelrecht verknallt.
Und da (zu meinem Glück, vielleicht auch zu seinem?) sich niemand meldete um seine Ansprüche an dem Hund geltend zu machen und Bong selbst auch keine Anstalten machte, wieder "nachhause" zu gehen, war er Mitglied der Familie.
Ich selbst hätte nie gedacht, dass mir ein Hund so ans Herz wachsen könnte. Ich weiß, dass viele Leute nicht verstehen, wie man sich so an einen Hund "binden" kann. Wahrscheinlich hat das etwas mit der Begebenheit von vor 35 Jahen zu tun? Ist auch egal. Auf jeden Fall sind Bong und ich mehr als dicke Freunde. Und so behandele ich ihn auch. Wie meinen besten Freund. Ich habe ihn nicht "erzogen", was man so bei einem Hund bezüglich Erziehung versteht. Ich habe ihn ganz einfach an meinem Leben teilhaben lassen und und ihn merken lassen, wenn ich mich freue, aber auch, wenn ich sauer auf ihn war. Jetzt, wo er erwachsen ist, hört er aufs Wort. In leisem Ton. Manchmal auch nicht. Wenn Katzen oder andere Hunde ihn ablenken. Dann muss ich laut werden.
Da ich mir in meiner naiven Vorstellungswelt dachte, Bong muss auch eine Frau haben, habe ich das auch im engeren Kreise ab und zu artikuliert. Mit dem Ergebnis, dass meine Fliesenlegerin eines Tages mit einem Welpen ankam. "Frau für Bong", meinte sie. Das war mir gar nicht recht, denn ich wollte ein Pendant zu Bong haben. Denn Bong ist ein schöner Hund. Und er sollte eine "schöne Frau" haben.
Nicht ganz uneigennützig von mir, weil bereits damals die Absicht bestand, aus einer möglichen Liaison Kinder entstehen zu lassen. Ich könnte die süße Kleine aber nicht zurückweisen. Sie war zwar ganz genau der Typ Hund, den ich mir
nicht vorgestellt hatte. Aber da meine Mitarbeiterin den armen Wurm quasi von der Straße aufgelesen hatte, habe ich Mitleid gehabt. Es war mir unmöglich, die kleine Maus ihrem Schicksal zu überlassen. Also habe ich sie mit nachhause genommen. Und da Bong sich auf Anhieb mit "Daisy" gut verstand, haben wir es dabei belassen. Es dauerte dann ein paar Monate bis die beiden "es getan" haben. Daisy war Schwanger. Ich hatte Daisy mittlerweile genau so lieb gewonnen wie Bong. Sie ist zwar ganz anders als Bong, aber für mich gleich liebenswert.
Sie hat auch ne Menge von Bong gelernt. Vor allen Dingen einen Riesenaufstand zu machen, wenn ich mal ohne die beiden das Haus verlasse, und noch einen größeren Freudentanz aufzuführen, wenn ich wieder heimkomme.
Als Daisy soweit war und ihre Kinder das Licht der Welt erblickten, waren meine Frau und ich bei ihr. Das war für mich emotional sehr bewegend. Eine weitere Begebenheit mit Hunden, die ich im Leben nie vergessen werde. 12 Stunden haben wir bei jeder Ankunft dieser kleinen Würmchen gebangt, dass alles gut geht. Das war neun mal der Fall. Bei Nr. 8 dachten wir, Daisy wäre fertig mit Werfen. Doch dann kam noch eine Nachzüglerin. Danach haben wir ein paar Nächte nicht richtig schlafen können. Immer wieder haben wir nach der Mutter und den Kleinen geschaut.
Nach einigen Tagen bemerkte ich auf einmal eine bemerkenswerte Wandlung bei meiner lieben Frau. Ihre Einstellung zu Hunden war stark an die der hiesigen Landbevölkerung angelehnt. Es sind halt "nur" Hunde. Aber nun stellte sie sich als besorgte "Mutter-Oma" dar. Sie fing an, mit den Kleinen zu sprechen und zu spielen. Und wenn Daisy mal ein bisschen tollpatschig war, hat sie sie gescholten. Ich denke, sie reflektiert die Mutterschaft von Daisy.
Ich bin auch ganz vernarrt in die kleinen Banausen. Mittlerweile sind sie soweit, dass sie auch jede Menge Schabernack verzapfen. Leider ist mit der Schwangerschaft bei Daisy die Hautkrankheit durchgebrochen. Wegen der Medikamente dürfen die Kleinen nicht mehr bei ihr trinken. Das bedeutet für uns, dass wir nunmehr für die Ernährung der Kleinen voll verantwortlich sind. Das machen wir gerne, weil der nun intensivere Kontakt mit den kleinen Rangen uns auch eine Menge Freude bereitet. Nur Daisy tut uns leid. Sie wurde gestern sterilisiert. Auch das war Bestandteil unserer Planung. Jetzt ist sie ein bisschen daneben. Hinzu kommt, dass sie, auch wegen der Hautkrankheit, nun einen Kopftrichter verpasst bekommen hat.
Tja, das war ja mal wieder der reinste Seelen-Streptease. Warum? Na, @Mousemelk hat ja so ein bisschen durchblicken lassen, dass ich mich bezüglich der Hunde ein wenig versnobt darstelle. Zumindest könnte man das so verstehen. Was ich ihm aber keinesfalls übel nehme. Ich möchte hiermit um ein bisschen Verständnis buhlen, warum ich im Umgang mit unseren Hunden so bin, wie ich bin. Ein bisserl verrückt vielleicht, aber das aus vollem Herzen.
Und wenn eine etwas teurere Mahlzeit meinen lieben Kleinen gut tut, dann sollen sie sie auch bekommen. Das können wir uns leisten, da ich weder Bier noch andere Alkoholika zu mir nehme.
Auch werden wir weder Kosten noch Mühen scheuen, um den liebenswerten Geschöpfen eine ihnen gerecht werdende Umgebung zu schaffen. Da sehe ich mich in der Verantwortung.
P.S.
Ich habe im Zusammenhang mit einem Rechtsstreit gegen die Berufsgenossenschaft einmal ein psychiatrisches Gutachten erstellen lassen. Darin wurde partiell unkonventionelles Verhalten bescheinigt. Ob es daran liegt? Oder, wo wir gerade bei der Tiefenpsychologie sind, will ich mir nur die Dankbarkeit der unwissenden Hunde erschleichen?