Tiger-Waisen im Tempel
Verfasst: Do Jul 02, 2009 11:03 am
Thailand: Tiger-Waisen im Tempel
In ganz Thailand leben heute nur noch rund 200 Tiger in Freiheit. Und jeden Tag werden es weniger. Wilderer töten die Tiere im Auftrag der chinesischen Pharmaindustrie. In einem buddhistischen Tempel haben einige Tigerwaisen Zuflucht gefunden. Doch es gibt auch Kritiker dieses idealistischen Projekts
Ein buddhistischer Mönch sitzt in seinem safranfarbenden Gewand an eine Felswand gelehnt. Vor seinen Füßen liegt ein zweihundert Kilogramm schwerer Tiger. Wie eine Hauskatze schmiegt sich das große Tier an die Füße des Mönchs. Der Ort an dem Mensch und Tier noch friedlich zusammenleben heißt Kanchanaburi. Es liegt im Westen Thailands, unweit der Millionenmetropole Bangkok. Die Region ist geprägt durch zerklüftete Berge und Urwälder, die Heimat der letzten wild lebenden Indochinesischen Tiger Thailands. Das buddhistische Kloster Wat Pa Luangta Bua ist nicht nur das religiöse Zentrum dieser Gegend - sondern auch eine der wichtigsten Touristenattraktionen. Denn abgesehen von einigen Mönchen, die dauerhaft im Tempel wohnen, leben hier sechzehn Tiger, die sich in der Anlage frei bewegen. Den ersten von ihnen brachten Bauern im Jahr 1999 in den Tempel. Er war ein Waisenkind, dessen Mutter von einem Bauern erschossen wurde. Die Buddhisten haben eine besondere Beziehung zu den Tigern, da sie im Gegensatz zu den anderen Tieren ebenso erleuchtet werden können, wie der Mensch.
Bauern und Polizisten brachten nun immer mehr Tigerkinder, deren Mütter von Wilderern getötet wurden. Unversehens hatten die Mönche nun die Verantwortung für eine Handvoll Tiger - ohne auch nur über die geringsten zoologischen Kenntnisse zu verfügen. Doch die Mönche fühlten sich in der Pflicht. Vielleicht waren die Tiger in einem vergangenen Leben Menschen? Buddhisten glauben an Reinkarnation, also daran, dass die Seelen Verstorbener in einem anderen Körper auf die Welt zurückkehren, möglicherweise auch einem tierischen.
Um die immensen Futterkosten für die Tiere zu decken, öffnete der Abt vor einigen Jahren das Kloster für Touristen, die die Tiger aus nächster Nähe bewundern wollten. Mit den Eintrittsgeldern und Spenden deckt er nun weitgehend die Kosten. Doch trotz aller Bemühungen der Mönche ist der Tempel weit davon entfernt, ein modernes Tiergehege nach westlichen Maßstäben zu sein.
Die Tierschutzorganisation Care for the Wild International bemängelt, dass die Tiere nicht artgerecht gehalten werden, da sie aus religiösen Gründen nur gekochtes und kein rohes Fleisch bekommen. Zudem sei der enge Kontakt von Tiger und Mensch eine Sicherheitsgefahr. Auch die Behörden versuchen den Aktivitäten des Tigertempels ein Ende zu machen. Schon seit Jahren drohen sie damit, die Tiere zu konfiszieren, da das Kloster keine Erlaubnis besitzt, Tiger zu halten.
Der illegale Handel mit den exotischen Tieren
Tiger sind in Thailand akut vom Aussterben bedroht. Durch die Abholzung der Wälder zerstören die Menschen ihren Lebenraum - den Urwald. Ein weiteres Problem sind die Wilderer, für die die Tiere heiß begehrte Jagdbeute sind. Auf illegalen Märkten verdienen sich viele ein zusätzliches Einkommen mit Tigern und anderen bedrohten Tierarten. Der Hauptabnehmer für getötete Tiger ist die chinesische Pharmaindustrie. In der traditionellen chinesischen Medizin gelten Produkte aus wilden Tigern und Bären, als wahre Wundermittel. Die Mediziner versprechen die Heilungen von Rheuma und Arthritis. Eigens für diese Zwecke gibt es dort sogar Farmen, auf denen die Tiere für die Produktion von Medizin gezüchtet werden. In China boomt trotz eines internationalen Verbotes der Handel mit den bedrohten Tieren. Die Gesetze werden ständig gebrochen, denn innerhalb der Tigerfarmen, kann man noch immer die illegalen Güter kaufen.
Geo.de 2. Juli 2009