Ein Besuch bei den Padong Karen

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dogmai
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Ein Besuch bei den Padong Karen

Ungelesener Beitragvon dogmai » Mo Jul 13, 2009 10:29 pm

Ich war einmal der Meinung, daß es sich nicht geziemt, Menschen vorzuzeigen, ja auszustellen. Ich hatte mir aus diesem Grunde auferlegt, niemals ein Dorf der so genannten Long Neck, also der Padong Karen, zu besuchen. Ich stellte mir immer eine Kasse für den Eintritt vor, ausgestreckte Hände, welche nach Geld haschen, verkümmerte Charaktere und vereinsamte Menschen. Ich habe an Diskussionen im Internet teilgenommen, welche diese meine Vorurteile noch verstärkten, z.B. durch solche Postings:.

Irgendwer hat geschrieben:Diese Körperverstümmlung hat heute nur noch wenig mit Tradition zu tun, sie dient dem Gelderwerb, sich für die Touristen in Pose setzten. Es ist sehr traurig, aber wahr. Die dadurch entstehenden Körperschäden sind groß und nicht mehr reparabel.


Aber ich war nun auch der Meinung, daß diese Meinungsbildung nicht für mich reichen kann, der sich einbildet, in Thailand doch fast alle Geheimnisse irgendwie einmal kennen gelernt zu haben. Und so nutze ich meine diesjährige Reise nach Thailand, das war also im Juni 2009, mir endlich selbst ein Bild zu machen.

Der erste Eindruck scheint schon zu stimmen. Mein Führer parkt das Fahrzeug vor einem Tor. Dann legt er mir die Rechnung vor und verlangt das Geld für die Tour. Nun, das stand ihm ja zu, aber warum gerade jetzt? Er geht dann mit Geld und Rechnung zu einem kassenartigen Haus und scheint es dort abzuliefern.


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Dann wandern wir einige hundert Meter zum Dorf. Unterwegs holen uns zwei junge Mädels auf einem Moped ein.

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Wir kommen an für solche Dörfer üblichen Marktständen vorbei, wobei mir auffällt, daß viele garnicht besetzt waren. Und hier sehe ich erstmals in Natura einen Halsschmuck, der bis zu fünf Kilo wiegen kann, und natürlich die Verkäuferin dazu. Der Halsschmuck besteht nicht aus einzelnen Ringen, sondern ist eine einzige Spirale.

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Mein Guide kommt sehr oft hier in dieses Dorf, und er kennt wohl alle Bewohner wohl recht gut. Diese Frau spricht außerdem Thai, und so kann auch ich mich mit ihr unterhalten. Sie erklärt mir, daß es eben ihr Ausdruck von Schönheit sei, diesen Schmuck zu tragen. Daß deswegen Touristen hierhin kommen, schreckt sie nicht, denn diese machen gerne Fotos und kaufen dabei auch das ein oder andere Geschenk. Und das sei schließlich ihr Lebenserwerb. Einmal im Jahr nehmen sie den Schmuck ab, das dauert etwa eine Stunde. Entweder um ihn gründlich zu reinigen oder um eine verlängerte Spirale anzulegen. Ich schaue ganz genau hin und bemerke, daß diese Spirale nicht ganz eng am Hals anliegt, somit also nicht den Kopf stützt. Sie zeigt mir dann ihre Schwägerin. diese fühlt sich im Moment nicht wohl und hat deswegen den Schmuck ausgezogen, um sich besser erholen zu können. Und damit wird die Mär zerstört, und das lasse ich mir auch noch einmal ausdrücklich bestätigen: es ist den Frauen jederzeit ohne Gefahr möglich, den Halsschmuck auszuziehen und ohne ihn zu leben. Die Schwägerin läßt sich kaum dazu bewegen, sich ohne ihren Schmuck, also nicht in voller Schönheit, fotografieren zu lassen. Es gelingt mir aber doch, ist mir diese Aufnahme doch ungeheuer wichtig. Ich will sie aber nicht belästigen und mache auch nur dieses eine Foto von ihr.

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Wir erfahren von den beiden Frauen auch, dass im Moment eine Party gefeiert wird. Eine frühere Dorfbewohnerin, welche nach ihrer Heirat in Finnland lebt, ist für einen Besuch zurückgekehrt und richtet für das Dorf eine Feier aus. Sie habe übrigens abenfalls den Halschmuck getragen. Nun wird es interessant. Wir gehen weiter ins Dorf und treffen dort wirklich - natürlich - auf diese Party. Und als ich einige Worte mit den Frauen wechseln kann werden wir eingeladen, uns zu setzen, zu Essen und zu Trinken.

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Ärgerlich, daß ich vergessen habe, diese bescheuerte Klappbrille abzusetzen

Nun, Essen lehne ich mit Hinweis auf eine Magenverstimmung ab, denn mit dem Speiseplan der Padong bin ich ja nicht vertraut :iii: , aber ein Getränk lehne ich nicht auch noch ab. Und so trinke ich etwas warmes, was mir als Reisschnaps angeboten wurde. Ich lerne auch die junge Finnin kennen, welche auch schon Deutschland besucht hatte. Sie versichert mir, daß sie als Mädchen den Halsschmuck getragen hat mit 12 Biegungen. Ich möchte mir am liebsten darüber eine notariell beglaubigte Aussage geben lassen, aber das ist selbverständlich unmöglich. Somit laufe ich Gefahr, daß mir das niemand glauben wird, zumal offensichtlich manifestierte und angeblich wissenschaftlich belegte Meinungen das Gegenteil davon aussagen, daß sich Hals und Schulteren wieder ganz normal zurück bilden können.

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Ich habe nicht nur über das mit den thai sprechenden Frauen unter ihnen besprochen. Auch als ich ganz vorsichtig das Wort Suan Sat für Zoo einfließen lasse, erhalte ich ganz energisch formulierte Antworten. Nein, sie kommen sich nicht vor wie in einem Zoo. Sähen sie denn wie Affen aus? Allgemeines Gelächter. Nein, sie leben in ihrem Dorf in der Tradition der Eltern und Vorfahren. Der Halsschmuck ist ihre Schönheit, den sie sich freiwillig ausgesucht haben. Richtig, nicht alle Mädchen und Frauen tragen ihn ja. Ich frage eine Elfjährige, und sie antwortet mir, daß es ihr gefällt und daß sie sich damit gefällt. Ja, es könne sein, daß sie irgendwann mal keinen Schmuck mehr tragen möchte, aber das sei ja immer möglich.

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Elfjähriges Mädchen mit Schmuck[/center]

Und daß sie nur für Touristen hier leben und sich zur Schau stellen? Fast aggressiv kommen abwehrende Worte. Ob es denn in meiner Heimat keine Frauen gäbe, welche Schmuck tragen? Wie denn unsere Frauen Geld verdienen könnten? Sie, die Padong Frauen, würden arbeiten, haben ihr Geschäft und verkaufen ihre Ware an alle, welche zu ihrem Dorf kommen. Und wenn das Touristen sind ist das umso besser, denn diese haben ja mehr Geld als die Padong. Ich für meinen Teil beschließe sofort, alle noch ausstehenden Mitbringsel hier in diesem Dorf zu kaufen, wo die Frauen nicht nur schön, sondern auch klug sind und mir, dem Ausländer ihre Meinung offen sagen. Was kann ich besser tun, als hier das Geld zu lassen, was ich sowieso bereit bin für meine Lieben daheim auszugeben. Hier wird auch nie der Ausdruck Farang gebraucht.

Wir besuchen dann auch noch die Dorfschule und kommen an einer katholischen Kirche vorbei. Hier wäre ein weites Betätigungsfeld für solche, die sich mit guten Taten beschäftigen möchten.
Ich habe natürlich dese Gespräche nur in einem, in dem von mir besuchten Dorf, geführt. Alles, was ich hier angetroffen und gehört habe, gilt also nur für dieses Dorf. Ich weiß, daß es mehrer solcher Dörfer in Thailand gibt, und es mag sein, daß das Dorfleben dort vielleicht nicht so ist wie hier. Meine Fragen habe ich so vorsichtig wie möglich gestellt, so weit es meine thailändischen Sprachkenntnisse zugelassen haben.

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Übrigens hat sich auch die Maßnahme mit Geld und Rechnung anders herausgestellt, als ich vermutet habe, hörte ich doch vorher, daß die thailändische Regierung Einnahmen aus dem Touristenbesuch in den Dörfern habe. Nein, der Guide mußte Rechnung und einen Geldbetrag dort am Eingang als Pfand hinterlegen und hat beides, das Geld in voller Höhe, wieder zurückerhalten.

Den Sinn dessen habe ich zwar nicht verstanden, aber ich bin froh, mir durch diesen Besuch mein eigenes authentisches Urteil bilden zu können.
Frühes Aufstehen ist der erste Schritt in die falsche Richtung.
Nostalgie: https://www.thailand-seite.de/Thailandnostalgie/

werner.f (?2012)
Korat-Isaan-Forum-Gast

Re: Ein Besuch bei den Padong Karen

Ungelesener Beitragvon werner.f (?2012) » Mo Jul 13, 2009 11:10 pm

Hallo dogmai,

schöner Bericht ! Obwohl wir schon oft im Norden waren , haben wir es noch nicht zu den "Langhälsen" geschafft. Wir waren aber schon 2mal bei den Karen in der Nähe ( ca. 30km , Nationalpark) von ChiangDao. Die haben normale Hälse. Im März haben sie eine Art Neujahr gefeiert. Wir waren da mit einer Freundin , die von dort stammt. Die Leute sind extrem freundlich , nicht nur zu uns. Überall mußten wir essen und trinken ( Selbstgebrannten). Es war für meinen Magen ok . Das Trinken habe ich in Grenzen gehalten, gab keinen schweren Kopf. Ich werde bald mehr Zeit haben , um da etwas tiefer in die Gebräuche einzudringen.

Gruss

Werner


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