Die fortschreitene Bodenversalzung im Isaan
Es war ein deprimierender Ausflug, den Don und ich während der Songkrantage Mitte April 2008 unternommen haben. Da es schon seit Wochen wenig geregnet hatte, wollte ich in der ausgetrockneten Region nordwestlich von Korat die Spuren von Salzablagerungen finden. Die gibt es nicht, beteuerte mir Don, in Korat weiß niemand davon.
Das ist wieder einmal typisch für die Thailänder. Unangenehmes wird verdrängt und das sogar von den Behörden. Dabei sind hunderte von Quadratkilometer Ackerland nördlich von Korat von der Versalzung bedroht. An vielen Stellen kann deshalb heute nur noch eine minderwertige und salzresistente Reissorte angebaut werden, wohingegen hier noch vor wenigen Jahren hochwertiger Reis mit einer größeren Sortenvielfalt gedeihen konnte.
Gemütlich fahren wir also im strahlenden Sonnenschein durch einige kleine Dörfer und freuen uns über die entgegenkommenden Pik-Up, auf deren Ladeflächen manchmal so an die 15 junge Menschen fröhlich der Stadt Korat entgegenstreben, wo heute die große Wasserschlacht zum Songkranfest, dem thailändischen Neujahr beginnt. In den Dörfern stehen die Kleinen an der Straße, schöpfen mit einer Plastikschüssel Wasser aus einem Fass und versuchen eifrig die Menschen auf den vorbei fahrenden Autos zu begießen. Alles macht heute einen friedlichen und fröhlichen Eindruck und auch Don und ich werden von dieser Atmosphäre angesteckt.
Doch dann führt uns die Straße in eine kleine Senkung und schlagartig vergeht uns das Lachen. Statt durch Reisfelder, die auf den Regen und der Bestellung warten, fahren wir jetzt durch eine braune Einöde, in der nur stellenweise etwas mickriges Gras und einige karge Büsche ihr Leben fristen. Hier und später auf der noch folgenden Strecke erblicken wir Umweltschäden in einem Ausmaß, wie ich mir das nicht vorgestellt habe.
An dieser Stelle ist noch relativ wenig Salz zu sehen, doch das Wenige hat schon ausgereicht, den Boden weitgehend unfruchtbar zu machen. Ich steige aus und laufe über den etwas welligen ausgedörrten Boden. Um sicher zu sein, dass die an vielen Stellen braunweiß schimmernde Erde wirklich Salz enthält, streife ich mit meinem nassen Finger darüber und lecke daran. Es ist tatsächlich Salz. Über etliche qkm erstreckt sich diese Senke in der die Vegetation abstirbt oder schon verschwunden ist.
Nachdenklich fahren wir weiter. Don, die sonst immer fröhlich ist und gerne ein Scherz von sich gibt, ist jetzt auch sehr ruhig geworden. Ihre Familie baut ja auch im Isaan Reis an und lebt davon. Vielleicht denkt sie daran, wie die Menschen dann weiter leben sollen, wenn sie auch durch solch eine Katastrophe ihr fruchtbares Land verlieren. Ja, hier waren einmal Reisfelder. Man sieht es an einzelne kleine Wälle, die früher das Regenwasser zurück gehalten haben, damit es nicht zu schnell abläuft.
Nur wenige km weiter gelangen wir in eine Seenlandschaft. Auf den ersten Blick sieht es hier wunderschön aus. Doch das seichte Wasser liegt wie Blei in der Sonne und an den Ufern ist kaum eine Vegetation zu sehen. In dieser großen Bodensenke steht Salzwasser, in dem kein organisches Leben mehr möglich ist.
Inmitten dieser Seenlandschaft halten wir an einigen Gebäuden hinter denen sich große rechteckige Becken befinden. In einigen ist Wasser, wohingegen andere im Sonnenlicht strahlen, als ob sie mit Schnee gefüllt währen. Ja, früher haben wir hier Reis angebaut, erklärt ein freundlicher Mann und Don übersetzt. Jetzt machen wir Salz für die chemische Industrie, erklärt er weiter und blickt dann schweigend über die sich weithin erstreckende Salzwasserfläche, die alles Leben getötet hat.
Die Menschen die hier wohnen, haben Glück gehabt. Mit der Salzgewinnung haben sie einen neuen Erwerbszweig gefunden. Was passiert aber, wenn die Versalzung weiter fortschreitet? Wird dann der ganze Isaan zu einem Salzsee und wer soll dann all das Salz kaufen, was gewonnen werden könnte?
Drei Tage dauert es etwa, bis das etwa 3-4 cm hohe Wasser in den flachen Betonbecken verdunstet ist und das zurück gebliebene Salz in Säcke gefüllt werden kann.
Dann wird es zwischengelagert und an die chemische Industrie verkauft.
Wie ist es zu dieser Naturkatastrophe gekommen?
Thailand, ein Land das zu den niederschlagsreichsten Regionen der Erde gehört, hat fast überall gewaltige Wasserprobleme, die zur Versalzung der Böden führen. Nicht nur durch das Anlegen von Shrimps - Farmen in Küstennähe wird der Boden versalzen und unfruchtbar, auch weil im Landesinneren die Regenwälder abgeholzt wurden, findet eine zunehmende Versalzung statt. In den Gebieten wo früher weicher Waldboden das Regenwasser speicherte, ist der Boden heute so hart, dass das Regenwasser während der Monsunzeit schlecht einsickern kann. Deshalb kommt es zu großen Überschwemmungen, das meiste Wasser fließt über die Flüsse in die Meere und ist verloren.
Die von der thailändischen Regierung gebauten Wasserspeicher im Isaan sollen diesem Übel abhelfen, doch die Verteilung des Wassers ist uneffektiv. Deshalb legen sich viele Bauern Brunnen an, damit die Saat auf ihren Feldern nicht verdurstet. Weil deshalb das Grundwasser abgepumpt wird, steigt das salzhaltige und schwerere Tiefenwasser durch die Kapillarwirkung nach oben und die Böden werden unfruchtbar.
So ist beispielsweise auch die Region nördlich von Korat in der Provinz Nakhon Ratchasima nachhaltig von dieser Veränderung des ökologischen Zustands betroffen. Von den Touristen kaum bemerkt sind heute große Teile der nördlich von Korat gelegenen Ackerflächen versalzen und daher für den Reisanbau und andere landwirtschaftlichen Nutzungen unbrauchbar geworden.
Die Ursachen für diese Versalzung sind hier auch Bruchzonen in der oberen Mantelzone der Erdkruste, die bis in die vermutlich in etwa 60 m Tiefe lagernden Steinsalzvorkommen reichen. Dem zufolge sind die Salzvorkommen in diesem Gebiet nicht mehr durch wasserundurchlässige Erdschichten von den darüber liegenden Erdschichten abgeschottet. Besonders betroffen sind die tief liegenden flachen Becken, in denen sich das aufgestiegene salzhaltige Tiefenwasser das ganze Jahr über hält und zur Versalzung der Ackerkrume geführt hat.
Bei den jährlichen Überschwemmungen mischt sich das aus der Tiefe stammende Salzwasser mit dem abfließenden Regenwasser und beeinträchtigt auch die etwas höher liegenden Felder, so dass auch diese langsam versalzen.
Beschleunigt wurde hier dieser unheilvolle Vorgang in der Vergangenheit durch das unkontrollierte Abpumpen des Grundwassers für die Trinkwasserversorgung der schnell wachsenden Stadt Korat. Um die Versorgung dieser Stadt weiterhin sicher zu stellen, wird derzeit eine meterdicke Rohrleitung über etwa hundert Kilometer bis zu den Wasserspeichern am nördlichen Rand des Thap Lan Naturparks verlegt. In absehbarer Zeit wird deshalb das entnommene Wasser der dortigen Landwirtschaft fehlen und neue Probleme schaffen.
Die Provinz Nakhon Ratchasima im Nordosten Thailands ist bereits weltweit ins Licht der Geologen gerückt und ein Lehrbeispiel dafür, wie der Mensch seine Umwelt zerstören kann. Vor wenigen Jahren ist die Bodenversalzung bei Korat sogar in das Interesse der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Hannover gerückt, die dieses Umweltproblem analysiert und Planungsansätze für den Schutz der Naturressourcen des Grund und Bodenwassers in Thailand erarbeitet hat.
Schwerpunkt dieses Programms ist neben dem Abpumpen weiteren Grundwassers für die Stadt Korat die Wiederaufforstung kultivierter Flächen, damit sich das Oberflächenwasser in diesen, während der Regenzeit überschwemmten Gebiete, länger hält und ein Aufsteigen des salzhaltigen Tiefenwassers verhindert.
Für die hier lebende Landbevölkerung bedeutet die weiter Versalzung und eine Aufforstung, dass sie ihre Existenzgrundlage, des Reisanbaus, nicht mehr ausüben können.