Regenzeit

In diesem Kapitel spielen die Menschen aus dem Isaan die Hauptrolle. Gehen Sie mit auf die Reise und erfahren Sie, wie das Leben im Isaan ist, welche alten Bräuche überliefert wurden und lesen Sie etwas darüber, was hier das Leben angenehm aber manchmal auch so beschwerlich macht. Vieles lesen Sie in den Artikeln zwischen den Zeilen und Sie werden auch einiges erfahren, worüber sonst nichts oder nur wenig berichtet wird.
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koratwerner (†2012)
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Regenzeit

Ungelesener Beitragvon koratwerner (†2012) » Di Aug 05, 2008 9:42 am

Regenzeit


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Nicht nur weil Mitte April das Thao Suranaree Festival in Korat stattfindet, freuen sich die Menschen, sie freuen sich auch, weil um den 15. April herum der kommende Südwestmonsun langsam an Kraft gewonnen hat und die ersten Regenwolken über die südlich gelegene Bergkette treibt. Nach fast 2 ½ Monaten glühender Hitze, eine wohltuende Abkühlung für die Menschen, Tiere und die nach Feuchtigkeit lechzende Vegetation.

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Die Freude über den Niederschlag hält jedoch nur kurz an, denn in den folgenden 2 bis 3 Wochen gewinnt die Sonne wieder an Kraft und die wenigen Wolken, die jetzt in größerer Höhe über das Land hinweg ziehen, haben sich beim Überqueren der südlich gelegenen Bergketten, die den Khao Yai und den Tap Lan Naturpark bilden, bereits ausgeregnet.

Wieder klettert die Temperatur an die 40 Grad. Nur in den Niederungen, in denen die kleinen Flüsschen, die aus den Bergen kommend ihren Weg durch die Korat-Hochebene suchend, zuerst nördlich, dann östlich in Richtung des Mekong fließend, werden einige wenige Felder der Uferregionen etwas bewässert, so dass hier der erste Reis angebaut werden kann.

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Anfang Mai kommen die ersten wirklich nennenswerten Regenschauer.

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Was heißt Regenschauer, es gießt wie aus Eimern geschüttet und die Abwasserkanäle in Korat sind nicht mehr in der Lage die Wassermassen aufzunehmen und abzuleiten.

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Die etwas abschüssigen Straßen werden für einige Stunden zu Flussläufen, die sich an den tiefer gelegen Stellen der Stadt manchmal zu einem kleinen See vereinigen. Glücklich, wer von den Anwohnern jetzt noch in einem der alten Stelzenhäuser seine Heimstatt hat, in denen die ebenerdigen Wohnräume nicht überschwemmt werden. Ansonsten helfen nur Sandsackbarrikaden, hinter denen eventuell eine elektrische Pumpe das doch in die Räume sickernde Wasser wieder zurück pumpt.

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Wer nun glaubt, die überschwemmten Straßen seien unpassierbar, der irrt. LKW, Busse und PKW suchen zwar langsamer, doch unbeirrt ihren Weg und werden links und rechts von einem spritzenden Wasserschwall begleitet. Selbst die vielen Motorradfahrer lassen sich nicht beirren. Wenn auch die Füße auf den Pedalen durch das Wasser pflügen, es wird weiter gefahren und viele auf dem Wasser schwimmende Gummilatschen zeugen davon, dass der Fahrer halt nicht gut aufgepasst hat.

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Foto Samlor


Über Nacht verläuft sich dann auch das letzte Wasser und nur das angeschwemmte Erdreich an den tiefer gelegen Stellen zeugt in der wieder glühenden Sonne von der kleinen Katastrophe des vergangenen Tages.

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Auf dem Land sind die Menschen nicht viel besser auf den Monsunregen vorbereitet. Weil es hier keine Kanalisation gibt, hat man alle wichtigen Verbindungsstraßen auf einen etwas höher liegenden Damm gebaut, so dass das Regenwasser nach beiden Seiten hin in die Felder abfließen kann. Hier sammelt es sich in den Reisfeldern, sowie den unkultivierten Niederungen und verändert die oft karge Landschaft so, dass man glaubt, mitten durch einen nicht enden wollenden See zu fahren.



Soweit die einzeln stehenden Gehöfte nicht auf einer künstlichen Erhebung gebaut wurden, stehen sie jetzt mitten im Wasser und nur die fehlenden Boote auf den überschwemmten Straßen lassen erahnen, dass dieser Spuk nur eine vorübergehende Erscheinung ist.



Regenzeit, das bedeutet auch, dass auf dem Land hetzt die großen Tongefässe wieder mit Wasser gefüllt werden können. Da in manchen Gebieten das Grundwasser versalzen ist, ist mit dem aufgefangenen Regenwasser die einzige Möglichkeit gegeben bis zum Ende der Trockenzeit über einigermaßen sauberes Trinkwasser zu verfügen, für das man nichts bezahlen muss.

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Einem Ausländer ist jedoch dringend davon abzuraten, dieses Wasser zu trinken. Nicht abgekocht, sind ihm ansonsten Magenbeschwerden und Durchfall sicher.

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Hier draußen steht das Wasser länger als in der Stadt und tagelang sieht man auf den wenigen etwas erhöhten Stellen, die meist nur aus Knochen, Sehnen und Fell bestehenden Rinder, lustlos herumstehen.

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Manchmal dauert es einige Tage, bis das Regenwasser sich seinen Weg in einen der vielen kleinen Flussläufe gesucht hat. Dann haben clevere Bauern Netze in die Strömung gesetzt und fangen damit die aus den überschwemmten Fischteichen entkommenden Zuchtfische, die zum Leidwesen ihrer Besitzer in fremde Töpfe oder auf den nächsten Markt wandern.

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Überschwemmungen, die in unseren zivilisierten Ländern eine kleine Katastrophe währen, sind in den ländlichen Gebieten Thailands, für das Land und seine Bewohner ein Segen. Nur wenn all zuviel von dem ersehnten Nass aus den dunklen Gewitterwolken fällt und auf den überschwemmten Feldern der Reis verfault oder nicht gepflanzt werden kann, bricht eine mit viel Geduld ertragenen Lethargie unter den Bauern aus.

Beim Einsetzen der Regenzeit ist auf dem Land noch eine gar nicht seltene Erscheinung zu beobachten. Dann suchen die vielen, sonst im Schutz der kleinen Erdwälle auf den Reisfeldern lebenden Frösche und Schlangen eine trockene Heimstatt. Die finden sie inmitten der jetzt teichähnlichen Felder nur innerhalb der Siedlungen der Menschen und so kommt es, dass zuerst die Schutz suchenden Frösche zwischen den Häusern auftauchen und dann die etwas scheueren Schlangen ihren Beutetieren folgen und ebenfalls ein trockenes Plätzchen suchen.

Manchmal kommt es sogar vor, dass die an und für sich menschenscheuen Schlangen sich dann an einer unzugänglichen Stelle einnisten.

So ist es bei einem guten Bekannten passiert, der sein etwas erhöhtes Haus am Rande eines großen Reisfeldes gebaut hat. Das steht wegen der hier immer drohenden Überschwemmungen etwa 1 Meter über Bodenniveau auf Betonstelzen und weil er die rundherum zugemauert hat, haben sich unter seinem Haus zwei armdicke Kobras häuslich niedergelassen. Da diese Tiere Nachtjäger sind, hat er wahrscheinlich lange nicht gemerkt, dass sie unter seinem Haus wohnen.

Jetzt denkt er jeden Tag darüber nach, wie er die ungebetenen Gäste wieder loswerden kann, ohne seine mühsam errichtete Verkleidung des Hauses wieder einreißen zu müssen. Da er sich auf seinem Grundstück auch einen schönen Fischteich angelegt hat, in dem allerdings mehr Wasserfrösche und anderes Getier als Fische ihre Heimstatt haben, die sich nächtens auch mal am Teichrand aufhalten, ist hier für die Kobras der Tisch reichlich gedeckt. Die werden sich bestimmt nicht freiwillig davon machen und da die Kobra ein heiliges Tier ist, weil sie nach der Mythologie seinerzeit den ersten Buddha geschützt hat, darf er sie auch nicht töten oder gewaltsam verjagen, denn das wird nach dem Verständnis seiner gläubigen Thaifrau unweigerlich ein großes Unglück nach sich ziehen. Da bin ich sehr gespannt, wie der Manfred aus diesem Dilemma heraus kommt.

Regenzeit im Isaan bedeutet allerdings auch eine Bereicherung des Speiseplans. Sobald die ersten starken Regenschauer niedergehen, sieht man kurze Zeit später meistens junge Männer mit einem Eimer und einem langen Kescher die Straßen zwischen den Feldern entlang gehen. Sie suchen nach Fröschen, die dem Wasser auf den Feldern entrinnen wollen und sich jetzt auf den etwas höher gelegten Straßen aufhalten. In der Dunkelheit sind die Froschfänger am erfolgreichsten, denn dann tragen sie einen Helm, an dem eine Taschenlampe befestigt ist. Gerät ein Frosch in den Lichtkegel, bleibt er gebannt hocken und lässt sich dann leicht einfangen.

Regenzeit im Isaan bedeutet allerdings nicht, dass hier jetzt keine Reisezeit ist. Zwar kann es hier schon einmal an mehreren Tagen hintereinander für ein bis zwei Stunden, meistens am späten Nachmittag, wie aus einer geöffneten Schleuse schütten, doch dann verziehen sich die Wolken recht schnell wieder und spätestens am nächsten Morgen scheint wieder die Sonne. Auch regnet es meistens nur Strichweise und zwei oder drei km weiter ist es trocken und nur eine kühlende Brise zeugt davon, dass es irgendwo in der Gegend regnet.

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Die Stadt Korat liegt scheinbar sogar in einem regenarmen Landstrich, denn meistens ziehen hier die dunklen Wolken am Stadtrand vorbei und regnen sich in der Weite des Umlandes aus. Gerät man da in solch einem Schauer, ist auch das sogar ein beeindruckendes Erlebnis. In Europa kennt man so ein imposantes Naturereignis nicht und wenn man wenige Tage später sieht, wie es in der vorher ausgetrockneten Vegetation allerorts grünt und blüht, dann erkennt sogar der Städter, der der Natur entfremdet ist, was für ein Segen der Regen hier für die Menschen und die Natur ist.
Es ist nicht schwer zu wissen wie man etwas macht,
aber es ist schwer es auch zu tun!

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