Der Isaan, eine kleine Übersicht!
Die Provinzen des Isaan befinden sich im Nordosten Thailands auf einer etwa 140 bis zu 400 Meter ansteigenden Hochebene, der so genannten Korat-Hochebene, die auch Korat-Plateau genannt wird. Dieses Gebiet ist jedoch nicht tellerförmig, wie oft geschrieben wird, sondern zu etwa 20% bergig.
Gemeinhin liest man in Beschreibungen über den Isaan, dass hier die ländliche Bevölkerung vom Reisanbau lebt. Weil sich aber auf dem sandigen Boden der vielen abschüssigen Hänge kein Wasser hält, sind diese für den Reisanbau ungeeignet. Vorzugsweise im südlichen Teil des Isaan wird deshalb auf den wenig ertragreichen Böden mittels intensiver Düngung Maniok, Zuckerrohr, an manchen Stellen Obst und Gemüse angebaut und auch Viehzucht betrieben.
Die Bezeichnung Korat-Plateau hat dieses Gebiet nach der Stadt Korat erhalten, die sich westlich am Rand dieses Plateaus befindet und die man passieren muss, wenn man die nördlichen und östlicher liegenden Provinzen besuchen will. Auf Grund seiner Lage wird Korat als das Tor zum Isaan bezeichnet.
Im Isaan, befinden sich auf etwa 168.000 qkm 19 der insgesamt 76 Provinzen Thailands. Diese Provinzen stellen etwa ein viertel der gesamten Landfläche und etwa ein drittel der mehr als 64 Millionen Bewohner Thailands. Im Norden und Osten grenzt der Isaan im Verlauf des Mekongs an das benachbarte Laos, im Süden teilweise an Kambodscha und im Westen an die Provinzen Zentralthailands.
Zur Zeit der Dinosaurier war auch der heutige Isaan von diesen Urzeitriesen bewohnt und eine vor wenigen Jahren gefundene Versteinerung von Kieferresten, einer bis dahin unbekannten Orang Utan Art, lässt die Folgerung zu, dass hier vor 8 Millionen Jahren eine Wiege der Menschheit gewesen sein könnte.
Der Isaan war vor etwa 5.000 bis 7.000 Jahren die Heimat der ältesten bekannten Bronzezeit-Zivilisation der Welt. Die Höhlenmalereien und die bei dem Ort Ban Chiang gefundenen Gegenstände aus dieser Zeit, sind wahrscheinlich noch um einiges älter, als die vergleichbaren Funde in Mesopotamien.
Vor etwa 1.000 Jahren gehörten die jetzigen nördlichen Provinzen zum Gebiet des heutigen Laos, während die südlichen Provinzen Bestandteil des Khmer-Königreichs waren, dessen Zentrum Angkor heute auf kambodschanischem Gebiet liegt. Aus dieser Zeit stammen sehr viele kulturhistorische Baudenkmäler im Isaan, dessen Architektur von der einstigen Größe dieses Königreichs in Südostasien zeugen.
Nach dem Verfall des Khmer-Königreichs im 13. Jahrhundert wurde der heutige Isaan in großem Umfang von Lao besiedelt, die von Norden her dieses Gebiet kolonisierten. Erst im 17. Jahrhundert geriet der Isaan an das Königreich Siam, das bis ins 19. Jahrhundert weitere Lao, in dieses Gebiet holte. 1893 und 1904 schloss das damalige Siam Verträge mit Frankreich, in denen der Isaan bis zum Mekong als Grenze zu dem französischen Indochina bestimmt wurde. Im 20. Jahrhundert erfolgte dann die vollständige Eingliederung des Isaan in das siamesische Staatsgebiet, in dessen Folge die laotischen und kambodschanischen Einflüsse in den Hintergrund gerieten. Bis 1960 wurden die Bewohner des Isaan etwas geringschätzig noch als Lao bezeichnet. Ab dann führten die Schulen auf Anweisung der Zentralregierung das Thai-Alphabet ein und die laotische und kambodschanische Kultur, sowie die Schrift und Sprache gerieten bei den jungen Menschen in Vergessenheit.
Die Landwirtschaft des Isaan erwirtschaftet derzeit etwa 20% des regionalen Einkommens, wohingegen die anderen Provinzen Thailands nur etwa 7% ihres Bruttoinlandproduktes mit Agrarprodukten erwirtschaften. Da das Klima des Isaan oft von Dürreperioden und Überschwemmungen geprägt ist, leidet dieses Gebiet unter Missernten. Zudem sind die Böden wenig ertragreich und werden durch den Anbau von Monokulturen wesentlicher Nährstoffe beraubt.
In einigen Gebieten steigt durch Schichtversetzungen in der Tiefe, durch Rodung der Urwälder und das Abpumpen von Trinkwasser durch die Kapillarwirkung mineralstoffreiches Tiefenwasser nach oben und führt zur Versalzung, in dessen Folge der Boden unfruchtbar wird.
Im Gegensatz zu den tiefer liegenden und feuchteren Provinzen Thailands in denen zwei Ernten pro Jahr realisierbar sind, ist im Isaan meistens nur einmal jährlich eine Ernte möglich.
Die Landwirtschaft des Isaan ist nicht nur wenig ertragreich, weil die Böden sehr sandig sind und der kostbare Regen schnell versickert. Ein weiteres Problem während der Regenzeit sind auch Überschwemmungen, weil die wenigen Flüsse die Wassermassen kaum fassen können und der Reis verfault. Ist die Regenzeit vorbei, dann leidet das Land sehr schnell unter Trockenheit und Dürre. Pflanzen und Bäume welken in der glühenden Hitze.
Mittlerweile gibt es zur Wasserregulierung zwar einige Staudämme. Die dienen jedoch überwiegend der Elektrizitätsgewinnung, der Trinkwasserversorgung und der Fischzucht. Da man keine Bewässerungssysteme angelegt hat, sind selbst in Ufernähe der Seen und Flüsse die Felder oft staubtrocken. Auf Grund dieser klimatischen Gegebenheit haben die von der Landwirtschaft lebenden Menschen das geringste Prokopfeinkommen Thailands. Der Isaan wird deshalb das Armenhaus Thailands genannt.
Auf Grund des geringen Einkommens herrscht bei den jungen Leuten eine große Abwanderungstendenz in die industrialisierten, bzw. in die touristisch erschlossenen Gegenden Thailands. Oft zieht es die Menschen nach Bangkok, in jüngster Zeit aber auch nach Korat, am Rande des Isaan, wo sich immer mehr in- und ausländische Unternehmen ansiedeln. Da die Provinzen des Isaan erst am Anfang der Industrialisierung stehen und nicht von Touristenschwärmen besucht werden, erwirtschaftet der überwiegende Teil der Bevölkerung den Lebensunterhalt nach wie vor in der Landwirtschaft.
In den nördlichen Provinzen des Isaan wird überwiegend Reis angebaut. In den südlich gelegenen Provinzen des Isaan dagegen wird auf den abschüssigeren Böden, auf denen sich kein Wasser für den Reisanbau hält, zunehmend Maniok und verschiedentlich Eukalyptus angepflanzt. Der Anbau von Reis und Maniok schließt allerdings nicht aus, dass man auch in allen Provinzen Felder mit Zuckerrohr, Mais und Gemüse sowie auf kleine Obstplantagen trifft.
Die Bewohner des Nordostens sind einfache Menschen, die in weiten Teilen des Landes immer noch einen dem laotischen ähnelnden Dialekt sprechen, deren älteren Bewohner ihre eigene überlieferte Kultur pflegen und dafür bekannt sind, dass sie die schärfste Küche der Welt haben.
Fast alle Frauen Thailands, die von wirtschaftlicher Not getrieben ins Ausland heiraten, stammen aus dem Isaan von dem behauptet wird, dass aus dieser Gegend die schönsten Frauen Thailands kommen. Nach deutscher Vorstellung zwar arm und deshalb sehr an materiellen Errungenschaften orientiert, leben die Menschen hier aber doch weitgehend glücklich und zufrieden, denn bei allen Entbehrungen haben sie ihre Religion und ihre Familie, die in der Regel nach außen hin wie Pech und Schwefel zusammenhält und keinen der ihrigen fallen lässt.
Die Menschen im Isaan leben viel mehr als die Europäer im Familienverband, der ihnen einen gewissen Grad an Sicherheit gibt. Dies umso mehr, als Thailand kein Sozialversicherungssystem hat, wie wir es kennen. Da die Familien auf dem Land seit Jahrhunderten kaum aus ihrer Umgebung herausgekommen sind, ist hier fast jeder mit jedem verschwägert. Es ist für den Ausländer in der Regel unmöglich, die vielen Cousinen und Neffen seiner Frau oder Freundin im Isaan richtig einzuordnen oder gar ihre Namen zu behalten. Für die Thai ist das einfacher. Hier wird jeder, wenn er jünger ist mit Nong, das heißt jüngerer Bruder oder Schwester, und wenn er älter ist mit Pie, das heißt älterer Bruder oder Schwester angeredet.
Die Männer heiraten meist in den Haushalt der Eltern der Frau und bleiben dort einige Jahre, bevor sie sich, meist auf einem Grundstück der Familie, eine eigene Hütte bauen können. Die jüngste Tochter erbt in der Regel Haus und Grundstück der Eltern und hat dafür die Verpflichtung die Eltern im Alter zu ernähren. Während früher ein reichlicher Kindersegen erstrebenswert war, um billige Arbeitskräfte zu erhalten und die Versorgung der Eltern im Alter zu sichern, unternimmt die Zentralregierung heute alle Anstrengungen, um einen zu schnellen Bevölkerungszuwachs zu verhindern und bietet den Frauen nach dem zweiten Kind eine kostenlose Abtreibung und Sterilisation an.
Niemand soll meinen, die Frauen im Isaan seien arme, unterwürfige und ihren Männern in allen Dingen gehorsame Dienstboten, was auch manchen Ausländer zur Heirat veranlasst. Genau das Gegenteil ist der Fall. Es ist in der Regel die Frau, die nicht nur härter arbeitet als der Familienvater, sondern auch in allen häuslichen Dingen das Sagen hat. Es ist auch in den meisten Fällen die Frau, die im Familienleben dominiert und die finanziellen Entscheidungen fällt, obwohl die Männer das kaum zugeben werden. Dem Ausspruch: “Die Männer sind ihr ganzes Leben lang wie Kinder. Wenn sie klein sind, müssen sie von ihren Müttern, und wenn sie groß sind, von ihren Frauen versorgt werden” wird jede Frau im Isaan zustimmen.
Wenn die Frauen im Isaan auch in der Regel religiös aktiver sind als die Männer – sie stehen schon früh am Morgen auf, um die Mönche abzufüttern, und im Kloster wird man auch immer mehr Frauen als Männer antreffen – so ist ihnen doch die Teilnahme an den höheren Ebenen der buddhistischen Riten verwehrt. Vor allem können sie keine Mönchsgelübde ablegen und dadurch Verdienste für das nächste Leben erwerben. Das macht dann der Sohn, der nicht nur für sein eigenes Seelenheil ins Kloster geht, sondern auch, um für die Mutter Tam Buun zu machen, also Gutes für sie zu tun, das ihr im nächsten Leben zu Gute kommt. Dagegen waren die Frauen im Isaan seit jeher den Männern nicht nur an Fleiß und religiöser Aktivität, sondern auch an persönlicher Tapferkeit ebenbürtig. In Korat steht das Denkmal von Khun Ying Mo, der Frau eines Stadtgouverneurs, die in Abwesenheit ihres Mannes und seiner Krieger durch ihren Einsatz die Stadt und das Land vor der Sklaverei rettete, worüber in einem anderen Abschnitt ausführlich berichtet wird.
Der Isaan mag manchem Besucher im Vergleich zu anderen Provinzen Thailands karg vorkommen, doch verfügt dieses Gebiet über viele Sehenswürdigkeiten. Beispielsweise ist hier der größte und älteste Nationalpark des Landes, der Khao Yai, in dessen Urwäldern Wasserfälle rauschen und heute noch wilde Affen, Elefanten und Tiger leben.
Für mich ist der Isaan eine lebendige Landschaft in der nicht nur die quirligen Städte, sondern auch die kleinen Dörfer mit ihrer ursprünglichen Bauweise der Stelzenhäuser und den vielen bunten Märkten immer interessante Eindrücke auslösen. Selbst die von manchem Besucher etwas abfällig als eintönig kritisierte Landschaft vermag ich nicht zu sehen. Uralte Bäume, kleine Wälder, Palmen und Bananenstauden lockern die Landschaft auf und wenn man glaubt, durch ein menschenleeres Gebiet zu fahren, zeugen in der Ferne Rauchfahnen von einer Besiedlung und immer wieder sieht man Hirten am Straßenrand, die ihre Kühe oder Büffel hüten. Sogar noch in der Trockenzeit stößt man auf kleine Flussläufe und viele Teiche, die der Fischzucht dienen. Man muss nur die Augen öffnen, dann ist eine Reise durch den Isaan und die Begegnung mit den hier lebenden Menschen ein unvergessenes Erlebnis.
Wie in den klassischen Urlaubsgebieten, findet man auch im Isaan in jeder Siedlung die typischen Garküchen am Straßenrand, in denen man sich oft schon für weniger als umgerechnet 50 Euro-Cent an schmackhaften Gerichten satt essen kann und wenn es jemanden nach frischem Obst gelüstet, braucht er nicht lange zu suchen, um sich an einem der überall an der Straße stehenden Stände einzudecken. Hotels zum Übernachten sind allerdings nur in den wenigen Städten des Isaan zu finden. Wohl deshalb erklärt das Korat-Resort Hotel, eine wirklich schöne und gepflegte Anlage, östlich von Korat gelegen, in seinem Hausprospekt, dass man sich hier am Ende der Zivilisation befindet.
Korat, die bekannteste Stadt des Isaan, ist mit seinen 150 bis 250 Tausend Einwohnen die wahrscheinlich zweitgrößte Stadt Thailands. Die Angabe der Einwohnerzahl schwankt, weil es in Thailand keine Meldepflicht gibt und die Schätzungen weit voneinander abweichen. Das Warenangebot ist hier relativ umfangreich und preiswerter, als in Bangkok oder den Touristenorten. Die Menschen sind hier im Isaan freundlich und hilfsbereit und Nepp gegenüber einem Ausländer findet man fast nicht.
Ich schreibe über meine Eindrücke vom Isaan, weil es mich in diese Gegend verschlagen hat, wo ich mich in der Stadt Korat angesiedelt habe und vor allen Dingen schreibe ich über den Isaan, weil ich es absolut nicht verstehe, wenn diese urtümliche Landschaft mit seinen Menschen von jemanden leichtfertig kritisiert wird. In den Urlaubsorten am Meer oder in Bangkok, da ist es sicher lebhafter und abwechselungsreicher. Da kann man Ferien machen, sagen meine europäischen Bekannten, doch dort wohnen und ruhig leben, dass kann man da nicht, das kann man nur weitab von jedem Touristenrummel, so wie hier in Korat. Man lebt hier nicht wie im Paradies, doch man lebt gut, vorausgesetzt, man weiß über einige Dinge Bescheid und meistert als Gast in diesem Land auch die unangenehmen Situationen.
Die moderne Entwicklung des Isaan begann zur Zeit des Vietnamkrieges. Da kam von den Amerikanern ein Dollarsegen nach Thailand von dem auch Flugplätze und Straßen im Isaan angelegt wurden. Für die von hier aus nach Vietnam und den anderen am Krieg beteiligten Länder startenden amerikanischen Bomber und Kampfflugzeuge musste der Nachschub von den Seehäfen Thailands aus auf Straße und Schiene herangeschafft werden. So kam es, dass zum Beispiel die verschlafenen Provinzstädte Ubon Ratchathani im Osten und Udon Thani im Norden einen blühenden Aufschwung nahmen.
Während dieser Zeit begann auch in anderen Provinzen z. B. der Aufstieg des kleinen Fischerdörfchens Pattaya. Hier, weitab vom Kriegsgeschehen, verbrachten die amerikanischen Soldaten ihren Fronturlaub und mit deren Geld konnte der Grundstein für das heute weltweit bekannte Seebad am Meer gelegt werden.
Da die medizinische Versorgung der amerikanischen Armee sichergestellt werden musste, wurden auch im Isaan einige moderne Krankenhäuser gebaut, die heute der einheimischen Bevölkerung zur Verfügung stehen. Nach der Beendigung der Kampfhandlungen zogen die Amerikaner ab und der Geldstrom versiegte. Da die Grenzländer Laos und Kambodscha kommunistisch wurden, befürchtete die thailändische Regierung, dass der Kommunismus in dem noch überwiegend unterentwickelten Isaan auch Fuß fassen würde.
Tatsächlich fanden kommunistische Agitatoren bei der armen Landbevölkerung mehr Resonanz, als das der Regierung in Bangkok lieb war. Im Isaan bildeten sich PartIsanengruppen, deren Tätigkeit nur mit Hilfe des Militärs blutig niedergeschlagen werden konnte. Nach vielen Jahren der Vernachlässigung begann nun die Regierung die Infrastruktur im Isaan weiter zu verbessern, um damit die Voraussetzung für eine bessere wirtschaftliche Situation zu schaffen.
Ein Schwerpunkt war die Fortführung des von den Amerikanern begonnenen Straßenbaus, denn viele Ortschaften konnten zu dieser Zeit nur über unbefestigte Straßen und Wege angefahren werden. Deshalb ist heute fast jedes Dorf im Isaan auf asphaltierten Straßen zu erreichen. Diese Investition brachte es auch mit sich, dass der Warenaustausch mit den Nachbarländern stetig steigt und zukunftsträchtige Perspektiven aufweist.
Die neuen Fernstraßen werden in gutem Zustand gehalten und ermöglichen zwischen den Städten im Isaan und zur Hauptstadt Bangkok den Unterhalt guter Busverbindungen. Fast stündlich fahren aus dem Nordosten klimatisierte Fernreisebusse über den Knotenpunkt Korat nach Bangkok oder verkehren zwischen den größeren Städten der Provinzen, von denen aus man mit kleineren Bussen fast jeden Ort im Isaan erreichen kann. Auch eine Eisenbahn fährt mehrmals täglich von Bangkok nach Korat und von dort aus in den Osten nach Ubon Ratchathani oder nach Norden über Nong Kai über den Mekong bis nach Laos.
Inzwischen gibt es im Isaan fast überall Elektrizität, so dass selbst in der bescheidensten Hütte ein Fernsehapparat steht und dort, wo es noch keine kommunale Wasserversorgung gibt, Hausbrunnen mit elektrisch betrieben Saugpumpen installiert werden können, bzw. Reservoire angelegt werden, die die abseits gelegenen Ortschaften versorgen. Trotz diesem Fortschritt verfügt auf dem Land fast jedes Haus immer noch über mehrere überdimensionale Tonkrüge, in denen das Regenwasser gesammelt wird, welches zum einen nichts kostet und zum anderen nach Ansicht der traditionell geprägten Bevölkerung des Isaan von besserer Qualität sein soll.
Trotz vieler Krankenhäuser hinkt die medizinische Versorgung und eine schlechte Bildung und Armut sind Symptome für viele abseits gelegene Landstriche. Die sich langsam verbessernde Infrastruktur ist Voraussetzung für eine zunehmende Industrie, deren Arbeitsplätze den Menschen eine sichere Versorgung bieten. Doch die Industrialisierung steht noch am Anfang und da sich die Neuansiedlungen immer in der Nähe der Städte befindet, herrscht weiterhin unter den jungen Menschen eine Landflucht und bei den manchmal versickerten Fördergeldern werden noch viele Jahre vergehen, bis man von einer nennenswerten Änderung der tristen Situation sprechen kann.
Abgesehen von größeren Orten und Städten, in denen Steinhäuser das Ortsbild prägen, lebt man in einem Mu Ban, so werden im Isaan die Dörfer bezeichnet, die meist aus 50 bis 100 Gebäuden bestehen, nach wie vor in traditionell gebauten Holzhäusern. Jedes Dorf wir von einem Dorfoberhaupt ähnlich unserem Ortsvorsteher verwaltet, der meist der reichste oder ein sehr angesehener Mann im Dorf ist. Dieses Dorfoberhaupt, Phujai baan genannt, wird alle fünf Jahre von der Dorfgemeinschaft gewählt. Er ist ehrenamtlich tätig und geniest ein hohes Ansehen. Er vertritt sein Dorf in der Regionalverwaltung und ist gehalten deren Anordnung in seinem Dorf bekannt zu machen und durchzusetzen. Zu seinen Aufgaben gehört es auch kleinere Streitigkeiten unter den Dorfbewohnern zu schlichten, wobei er auf die Hilfe eines Altenrates zurückgreifen kann. Mehrere Dörfer sind zu einem Tambon, einer Großgemeinde zusammengeschlossen, dessen, auch von den Bewohnern gewähltes, Oberhaupt, dem Khamnan, bzw. der Oobuthan, dem die die Verwaltung obliegt. Der Khamnan übt seine Tätigkeit hauptamtlich aus und wird von der Regierung bezahlt.
Die nächste übergeordnete Verwaltung ist ein Amphoe und ist in etwa mit einer Kreisverwaltung vergleichbar. Auch der beamtete Leiter des Amphoer wird von der Bevölkerung gewählt. Alle bürokratischen Verwaltungsakte, wie ein Auszug aus einem Hausregister erstellen, Steuerbescheide, Grundbucheintragungen, standesamtliche Eintragungen, KFZ-, Führerscheinerwerb usw. müssen beim Amphoe erfolgen.
Die weitere höhere Verwaltungsstufe ist die Provinzbehörde, Changwat genannt, mit einem vom König bestellten Provinzgouverneur an der Spitze. Die 19 Provinzen des Isaan werden von einem Regionalparlament verwaltet. Über diese Verwaltungsstufe steht die Regierung in Bangkok.
Die traditionellen Holzhäuser stehen auf Beton- oder Holzpfählen, deren rückwärtiger Bereich oft mit rohen Brettern verkleidet einen ebenerdigen Raum bilden, dessen Boden vielleicht betoniert, manchmal sogar gefliest wurde, doch in der Regel aus festgestampfter Erde besteht. Hier oder hinter dem Haus befindet sich in einem Verschlag die Toilette, die aus einem Stehkloset und einem Wasserbecken mit Schöpfkelle besteht. Das Wasser dient zum Nachspülen und Säubern. Toilettenpapier kennt man ebenso wenig wie Handtücher, um sich nach dem Reinigen abzutrocknen.
Der vordere ebenerdige Bereich eines traditionellen Hauses verfügt zumeist über einen Windschutz aus rohen Brettern oder Bambusgeflecht und dient den Bewohnern tagsüber als Koch- Aufenthalts- und Vorratsraum, aber auch als Abstellplatz für Geräte, Fahrräder, Motorräder und kleinere landwirtschaftlich genutzte Maschinen. Hier halten sich auch die Hunde und Katzen des Hauses auf und streiten sich mit den frei laufenden Hühnern um einen schattigen Platz. Nicht selten sieht man hier auch eine Hängematte, die meistens dem ranghöchsten männlichen Familienmitglied vorbehalten ist. Da die Männer im Isaan nur für die Feldarbeit bei der Bestellung und der Ernte zuständig sind, wird die Hängematte oft benutzt, während dessen die Hausfrau alle anfallenden Arbeiten ohne Hilfe des Mannes erledigt.
Über der gesamten Fläche des Erdgeschosses befindet sich meistens das eigentliche Haus, welches allerdings in der Regel nur aus einem einzigen Schlafraum besteht. Hier werden nachts die Schlafmatten ausgebreitet und in dem ein unentbehrlicher Fernsehapparat und der noch unentbehrlichere Hausaltar stehen.
Komfortable Häuser haben einen zum Teil umlaufenden Balkon, auf dem die Wäsche getrocknet werden kann, die dann über mehrere Leinen gehängt, im Schlafraum aufbewahrt wird. Die Wände des Schlafraums sind meist mit Postern dekoriert, in deren zentraler Mitte in jedem Haus ein Bild des Königs dominiert und auch der hoch angesehene König Rama V. wohlwollend auf die Bewohner des Hauses schaut.
Der Regen, der in den ländlichen Gegenden laut vernehmlich auf das meist vorhandene Wellblechdach trommelt, wird in außerhalb des Hauses stehenden Tonfässer geleitet und dient während der langen Trockenzeit als Trink- und Brauchwasser. Einem Europäer ist es anzuraten, dieses Wasser nicht zu trinken, bestenfalls im abgekochten Zustand zu genießen. Die Bretter der Außenwände und des Fußbodens sind ohne Nut und Feder aneinandergefügt. Deshalb besteht zwischen den sich durch Alterung des Holzes gebildeten Ritzen eine immerwährende Luftzirkulation und der sich bildende Staub wird mit einem Reisstrohbesen ohne großen Aufwand einfach durch die Ritzen im Fußboden entsorgt. Ein Haus nach europäischer Vorstellung mit Kälte- und Wärmeschutz ist hier bei dem subtropischen Klima nicht bekannt. Die Hauptsache ist halt nur ein wasserdichtes Dach über den Kopf zu haben.
Neuerdings sieht man aber auch zwischen den alten Holzhäusern ein neues Steinhaus. Spötter meinen, dass das Geld dafür von einer Tochter der Familie stammt, die sich außerhalb der Zeit in der die Felder bestellt und die Ernte eingebracht wird, in den Touristenorten aufhält und dort einen oder mehrere Sponsoren gefunden hat, Das ist allerdings nicht immer zutreffend. Oft werden diese zumeist einfachen und kleinen Häuschen auch von der Familie bezahlt, die die erforderlichen Kosten über eine Bank finanziert.
Manchmal wird auch nur dann an einem Haus weiter gebaut, wenn die Ernte verkauft ist. Deshalb kann sich die Fertigstellung solch eines Hauses auch über mehrere Jahre hinziehen. Dann sieht man zuerst Betonpfähle in die Luft ragen, die beim nächsten Bauabschnitt mit einem Dach versehen werden. Erst wenn der entstehende Bau vor den Regenströmen während der Monsunzeit gesichert ist, erfolgt Zug um Zug der weitere Ausbau, bis dann eines schönen Tages auch die obligatorischen Geisterhäuschen aufgestellt werden können und ein Mönch das neue Anwesen segnet.
Touristisch gesehen ist der Isaan noch ein kleines Paradies, denn hierher verlaufen sich nur Menschen- und Naturliebhaber. Hier gibt es weder Strände mit Doppelreihen überdachter Liegestühle, weder Shoppingmeilen mit überteuertem Nippes, auch keine Kneipen, in denen die Touristen schon am frühen Vormittag ihren Nachdurst mit neuen Alkoholmengen bekämpfen, denn es gibt hier kein ein ausgeprägtes Nachtleben und auch keine ausgesprochenen Luxushotels.
Der Isaan ist sehenswert, doch weil viele der interessantesten Sehenswürdigkeiten über das ganze Land verstreut sind, benötigt man Zeit, viel Zeit. Neulich habe ich einen Bericht von einem Touristen gelesen, der in 6 Tagen durch den Isaan gefahren ist und dabei 4.000 km zurückgelegt hat. Das ist eine verdammt gute Leistung. Mehr als 600 km im Schnitt, Tag für Tag, alle Achtung. Und worüber konnte der Mann berichten? Über den Mekong, den endlosen Reisfeldern, den abgeholzten Wäldern, den savannenähnlichen Landstrichen, den Hotels, wo er übernachtete, über das Essen, welches für ihn nur im Hotel einigermaßen genießbar war und über die endlosen Straßen. Na ja, jedem das seine. Vielleicht erfährt er einmal, was andere Touristen hier gesehen und erlebt haben und erfährt dann, was ihm so alles entgangen ist.
Ergänzung
Tausend Tage im Isan
Der Isan, das sind die den gesamten Nordosten Thailands umfassenden Provinzen, die von wohlmeinenden Autoren als das urtümliche Thailand oder von kritischen Berichterstattern als das unterentwickelte Armenhaus Thailands geschildert werden. Wenn man hier lebt, dann erkennt man sehr schnell, dass die tatsächlichen Verhältnisse irgendwo in der Mitte zwischen den schwärmerischen und den kritischen Schilderungen liegen. Wo genau ist schwer zu sagen, doch jeder meint, seine Darstellungen seien objektiv. Es kommt halt auf den Blickwinkel an und dabei ist es ist ein großer Unterschied, ob man als Tourist von einer Sehenswürdigkeit zu anderen eilt oder ob man hier dauerhaft lebt.
Ich betrachte dieses Land mit meinen Augen, sehe es durch meine Brille und schildere es so, wie ich es aus meinem persönlichen Blickwinkel wahrnehme. Der Leser möge mir auch meine Subjektivität verzeihen, ich liebe dieses Land.
Ganz besonders gut gefällt mir die Stadt Korat und die Umgebung in der Provinz Nakhon Ratchasima. Vielleicht ist es in anderen Provinzen Thailands nicht viel anders, doch hier lebe ich und deshalb möchte ich dem Leser meine zweite Heimat etwas nahe bringen. Etwas nahe bringen? Damit meine ich nicht, dass ich den Leser animieren will, dieses in vielem doch so ganz andere Land wie ein großes Museumsdorf zu betrachten. Vergleiche mit dem Heimatland des Lesers sind auch nicht angebracht, denn hier befinden wir uns in einem asiatischen Schwellenland, in dem nicht nur ein anderes Klima herrscht, sondern auch die religiösen, geschichtlichen und Mentalität bedingten Überlieferungen, Einflüsse und die wirtschaftlichen Gegebenheiten ganz anders sind, als das in europäischen Ländern der Fall ist.
Der Isan befindet sich erfreulicherweise seit einigen Jahren in einem wirtschaftlichen Aufbruch. In Folge dieser Entwicklung finden zunehmend westliche Errungenschaften in der Bevölkerung Einzug. Deshalb finden hier auch romantische Aussteiger oder Urlauber kaum kein Plätzchen, wo sie in einer Strohhütte wohnend unter Palmen ihren selbst gefangenen Fisch grillen können. Auch hier fordert der Kommerz seinen Tribut. Es gibt reiche und arme Menschen und weil das Streben nach Wohlstand die Bevölkerung immer mehr beherrscht, ist Thailand schon lange nicht mehr das Land des aus dem Herzen kommenden Lächelns.
Es ist mir nicht leicht gefallen meine Heimat in Deutschland zu verlassen. Es ist mir auch nicht leicht gefallen mich in diesem Land in etwa anzupassen und einzuleben, denn ich werde die Menschen in diesem anderen Erdteil wohl nie richtig verstehen. Meine Mentalität und der große kulturelle Unterschied zwischen Europäern und den hiesigen Menschen lassen das nicht zu. Trotzdem mag ich dieses Land, es hat mir viel zu bieten. Wenn ich mich hier als Gast betrachte und nicht als besser wissender Reformer, dann werde ich hier, selbst von den Menschen die mir nahe stehen, zwar nie voll integriert, doch immerhin akzeptiert. Trotzdem ich immer ein Fremder bleibe, lebe ich gerne hier. Meine positiven Empfindungen überwiegen. Etwas von meinen guten aber auch schattigen Eindrücken versuche ich hier dem Leser nahe zu bringen.
Weil Sie als Tourist kaum die Möglichkeit haben, so wie ich, mit der Landbevölkerung des Isaan auf Tuchfühlung zu kommen, schreibe ich in diesem Kapitel über meine Erlebnisse auf dem Land. So bekommen Sie auch einen kleinen Eindruck davon, wie die Menschen hier leben, ihr tägliches Brot verdienen und mit welchen Problemen sie zu kämpfen haben.
Erfahren Sie jetzt auf den folgenden Seiten einige Details und wer sich berufen fühlt diese zu ergänzen........., bemühe seine Tastatur.