Das Suranaree-Festival
Sonntag der 23 März 2008. In der christlichen Welt wird Ostern gefeiert, in Nakhon Ratchasima/Korat beginnt an diesem Tag das jährliche Suranaree-Festival, welches 12 Tage später, am 3. April endet. Heute ist es nicht ganz so heiß, wie in den letzten Tagen, an denen das Thermometer bis an die 40 Grad geklettert ist. Die Vorbereitungen für die Feierlichkeiten laufen schon einige Tage. Die Stadttore sind mit bunten Lämpchen geschmückt, vor dem Rathaus haben bereits unzählige fahrende Händler ihre Stände aufgebaut und verkaufen alles was man sofort essen kann, was man im Haushalt, in der Küche, auf und am Körper, für die lieben Kinder und was weiß ich noch, alles gebrauchen könnte.
Zwar ist unter dem Angebot viel Ramschware, doch alles ist etwas billiger, als in den Kaufhäusern und vor allen Dingen, es ist alles so schön bunt durcheinander. Diese Symbiose aus kunterbuntem Angebot, wo direkt neben dem Stand mit Toilettenartikeln auf Holzkohlefeuer Würstchen gegrillt werden, deren abtropfendes Fett direkt auf die Glut trifft und beißender Qualm in die Nasen steigt, wo neben dem Stand mit dem getrockneten Fisch ein Bäcker vergeblich versucht mit dem Frischegeruch seiner Backwaren, den herüber wehenden Duft der doch so ganz anders duftenden Fischlein zu übertreffen, da macht das Einkaufen Spaß und das Sehen, gesehen zu werden, sich umschauen und ein Schwätzchen zu halten, macht noch mehr Vergnügen.
Die Attraktion dieses Tages ist jedoch die am frühen Abend beginnende Parade vor dem Monument de Ya Mo, wie die Nationalheldin Thao Suranaree des Isaan von der Bevölkerung genannt wird.
Gegen 16 Uhr schaffe ich es noch soeben im Parkhaus des nahe gelegenen Kaufhaus Klang Bazar ein Abstellplatz zu erwischen. Die links und rechts neben der Statue der berühmten Frau aufgestellten Polsterstühle lassen bereits erahnen, dass hier zu einem späteren Zeitpunkt illustre Gäste erwartet werden. Zu diesem Zeitpunkt sind die Plastikstühle für die Bevölkerung direkt an der Thanon Ratchadamnoen, wie die Straße benannt ist, auf die der Blick der Statue gerichtet ist, bereits besetzt. Nicht übersehbar sogar ein Farang, der sich ob seines bunten T-Shirts und kurzer Hose einer allgemeinen kritischen Betrachtung unterziehen muss.
Polizisten stolzieren mit wichtigen Gesichtern am Ort des Geschehens auf und ab, kontrollieren die Absperrungen, bedeuten den langsam vorbei fahrenden Autos den Verkehr nicht aufzuhalten und beziehen laufend wichtige Informationen über ihr Sprechgerät.
Langsam sammeln sich jetzt auch an der anderen Straßenseite die Zuschauer. Als eine Motorradeskorte mit Blaulicht und Sirene anhält, geht ein Ruck durch die wartende Menge. Die Nahe stehenden Polizisten salutieren, Prominenz steigt aus und eilt in die, neben der Statue neu erbaute offene Halle, wo weitgehend unbemerkt, bereits 11 Mönche Platz genommen haben. Weitere honorige Herren treffen ein, die sämtlich traditionell, der alten Landestracht nachempfunden, in seidenen Jacketts gekleidet sind.
Gegen 17 Uhr beginnen die Mönche zu rezitieren. Die ihnen gegenüber sitzende Honoration der Stadt erhebt die Hände und lauscht mit feierlicher Mine dem auch ins Freie übertragenen Sprechgesang. Einige der wartenden Menschen lauschen ebenfalls gebannt und ich armer Tropf verstehe nicht ein einziges Wort.
Gegen 18 Uhr sperren die Polizisten jeglichen Verkehr. Fernsehkameras werden in Stellung gebracht, Beleuchter besetzen ihre Position und Fotografen halten eifrig nach fotografierens werten Objekten Ausschau. Die werden jetzt laufen in Begleitung von Polizeieskorten vorgefahren. Die festlich in Seige gekleideten und mit edlem Schmuck behängten Frauen der Prominenz treffen ein und während sich die Mönche entfernen, entern die Herren und Damen die Polsterstühle neben der heute zu gedenkenden und ehrenden Staue der Thao Suranaree.
Langsam bricht die Dämmerung herein. Ohne Unterlass ertönt schon seit geraumer Zeit abwechselnd die Stimme von drei Sprechern, die fortwährend aus dem Leben von Ya Mo und deren Heldentat vor etwa 170 Jahren berichten. Denke ich wenigstens, den immer wieder höre ich deren Namen in Verbindung mit der Stadt Nakhon Ratchasima.
Fast unbemerkt hat sich inzwischen der Festzug aufgestellt und wartet und wartet. Die vielen Zuschauer warten ebenfalls geduldig. Scheinbar bin nur ich der einzige Ungeduldige, denn mir fehlt jede Information, warum gewartet wird. Nach etwa einer halben Stunde löst sich das Rätsel. Jetzt trifft der Bürgermeister der Stadt mit seiner Frau ein, der vielleicht beruflich aufgehalten wurde, oder weil das funkelnde Kleid seiner Frau nicht rechtzeitig fertig war. Er wird mit lautem Beifall begrüßt, Blitzlichter zucken durch die jetzt herrschende Dunkelheit, ein offizieller Vertreter der Stadt hält eine kurze Ansprache und die Parade beginnt.
Zwei festlich gekleidete junge Frauen tragen stolz und immerwährend lächelnd ein Transparent hoch über sich, eine hinter ihnen marschierende Kapelle spielt auf und dann erscheint der erste Festwagen. Er ist der kürzlich im Alter von 84 Jahren verstorbenen Prinzessin Galyani, der im ganzen Land beliebten Schwester von König Bhumibol, gewidmet.
Langsam, ganz langsam fährt er bis vor das Standbild von Ya Mo und hält dort an. Schweigend schaut die Menge zu, wie einige junge Frauen von diesem Wagen steigen und beim Einsetzen einer traurig klingenden Melodie zu Ehren der zwei großen Frauen dieses Landes zu tanzen beginnen. Dabei sehen sich beide Bildnisse an, als ob sie in diesen Minuten Zwiesprache miteinander halten würden. Ergriffen hören die Menschen zu, sehen, welche Huldigung hier dargebracht wird und mancher der Anwesenden wischt sich verschämt ein Tränchen von den Wangen. Selbst ich, ein Fremder in diesem Land, bin ergriffen und habe in diesen wenigen Minuten einen tiefen Blick in die Seele der thailändischen Menschen tun dürfen.
Der Festzug geht weiter. Fast alle Bezirke, die der Provinz Nakhon Ratchasima angehören, haben zu Ehren der großen alten Dame einen festlich geschmückten Motivwagen oder eine Fußgruppe entsandt, die Besonderheiten ihrer Region mit sich führen. So Zeigt der Wagen aus Phimai ein Abbild des dortigen Khmer-Tempels und der Wagen aus Pak Thong Chai bunte Erzeugnisse aus der dortigen Seidenproduktion.
Alle Wagen und Gruppen halten vor dem im hellen Scheinwerferlicht angestrahlten Standbild an und fast immer erweist eine festlich gekleidete Tanzgruppe der großen Frau seine Referenz.
Zum Schluss des Festzuges erfolgt die Huldigung der hier geborenen Volksheldin durch die Stadt Korat. Sie hat in diesem Jahr auf einen prächtigen Festwagen verzichtet und statt dessen 500 ihrer Frauen aufgeboten, die jetzt in mattgelber Seide gekleidet, barfuss in langen Reihen vor ihrer verehrten Schutzheiligen Aufstellung nehmen. Wer die Frauen jetzt genau betrachtet, bemerkt, dass nicht nur der Schnitt ihrer Kleider, sondern auch die hoch gebundenen Haare, ja sogar die Blume, die darin als Zierde steckt, genau dem der verehrten Frau nachempfunden ist.
Von einer Abordnung aus ihren Reihen begleitet, hält alsdann eine der Frauen eine kleine Ansprache, der alle Menschen gebannt zuhören. Dann ertönt Musik und alle 500 Frauen, die auch im Alter etwa dem der Ya Mo auf ihrem Sockel entsprechen, huldigen Ihrer Schutzpatronin mit einem langen Tanz, den sie mit gesenktem Kopf auf den Boden liegend, unter tosenden Beifall beenden.
Die Huldigung endet mit einer kleinen Dankesrede. Dann endet die heutige Veranstaltung mit einem, bei solchen und ähnlichen Gelegenheiten in Korat üblich, sprühenden Feuerwerk.
Der Wachsfigurenumzug 2008 in Korat
In Korat rollen am Khao Pansa, dem Tag, an dem die dreimonatige Fastenzeit der Mönche beginnt, gegen 9 Uhr vormittags so an die 50 große und viele kleine Prunkwagen durch die Stadt.
Bereits am vorherigen Feiertag, dem Asalha Bucha, nehmen die Motivwagen mit ihren Wachsfiguren vor und hinter dem Denkmal von Ya Mo Aufstellung.
Wachsfiguren? Nein, riesige Monumente aus Kerzenwachs stehen dicht gedrängt auf den Fahrzeugen. Man muss manchmal lange suchen, bis man den Kopf des Fahrers irgendwo inmitten der gelben Figuren aus der religiösen Mythologie entdeckt.
Bis an die vier Meter ragen die Drachenköpfe, Kerzen und Statuen in Höhe. Deshalb laufen bei jedem Fahrzeug immer hilfreiche Männer, die mit langen Bambusstangen, die zu tief verlegten Strom- und Telefonleitungen anheben, damit die Figuren und die Leitungen nicht miteinander in Konflikt kommen.
Don und ich haben uns verspätet. Als wir ins Zentrum kommen, kommt uns in der Ferne schon der Umzug mit den ersten Fußgruppen entgegen. Polizisten leiten uns um und wir sind froh bei dem großen Andrang der heranströmenden Fahrzeuge noch einen Parkplatz zu finden.
Ja, die Einheimischen aus Nah und Fern sind heure Frühaufsteher. Sie kommen schon beim Sonnenaufgang und entern die besten Plätze. Sie kommen sogar aus den umliegenden Städten und Ortschaften, denn sie wollen auch ihren Wagen sehen, der im Wat ihres Ortes gebaut wurde und sich hier präsentieren darf. Man merkt es, sobald ihr Wagen an ihnen vorbei rollt, erfasst sie eine riesige Begeisterung und der Beifall verklingt erst wieder, wenn der nächste Prunkwagen an anrollt.
Manchmal stoppt der Zug. Dann stellen Väter und Mütter ihre Kinder vor so einem Wagen und es wird fotografiert, was durch die Linse geht. Noch bei keinem der vielen Festzüge in Korat habe ich so viele Knipser gesehen, wie an diesem Tag. Die Bildeinfanggeräte reichen von der Videokamera über Profi- und Digitalkameras, bis zum Fotohandy. Letzteres hat fast ein jeder und alles wird fleißig benutzt.
Fast alle Wagen die an uns vorbei rollen sind rundherum mit Mosaikreliefs verkleidet. Natürlich sind die auch aus gelbem Wachs. Aus Kerzentalg. Wahrscheinlich wird das Material in den Klöstern gesammelt, um daraus die hübschen Figuren herzustellen.
Ein etwas sarkastischer Gedanke geht mir durch den Kopf. Kleine Klöster, kleine Figuren und kleine Wagen. Große Klöster können größere Wagen mit größeren Figuren nach Korat schicken und die schönsten Wagen der größten Klöster dürfen dann noch einige Tage auf dem Parkplatz des großen Supermarktes The Mall besichtigt werden.
Es ist heiß heute. Vor lauter Eifer beim Fotografieren merke ich solange nichts davon, bis Don mich auf mein durchnässtes Hemd weist und mich anhält nicht mehr durch die Sonne zu laufen.
Ja, es ist ganz schön warm und dann vermeine ich an den Wachsfiguren zu sehen, dass sie auch schwitzen. Spinne ich nun, oder was? Nein, ich bin noch ganz normal. Was ich da auf den Figuren sehe, ist tatsächlich herab laufendes Wasser und das bringen dienstbare Geister eifrig mit Sprühgeräten auf die Wachsfiguren, damit sie sich bei der Hitze nicht auflösen.
Mit dem Umzug alleine ist es nicht getan. Schon einige Tage vorher haben dienstbare Geister rund um das Denkmal von Ya Mo an die hundert Pavillons aufgebaut. In einigen stehen Stühle zum Ausruhen, in anderen werden die nicht weg zu denkenden Leckereien und Getränke angeboten und in anderen versuchen Händler ihre bunten Waren zu verkaufen.
Eine Kapelle mit traditionellen Musikinstrumenten spielt auf, deren musikalische Darbietung, von Lautsprechern übertragen, die musikalische Untermalung liefert.
Etwa zwei Stunden lang bewegt sich der Umzug durch die Straßen der Stadt. Dieser Wagen, auf dem der amtierende Ministerpräsident und einige seiner Minister rudernd dargestellt sind, erregt besondere Aufmerksamkeit.
Aus einer Nebenstraße gesellen sich unterwegs kleinere Wagen mit lustigen Elementen hinzu und sogar bunt gekleidete Tanzgruppen mit fahrbaren Musikmaschinen dürfen sich in den Zug einreihen.
Gaudi hoch drei herrscht auf den mit Menschen voll gepfropften Bürgersteigen und noch lange nachdem der Umzug vorbei ist, schlendern die Menschen in der Parkanlage bei Ya Mo umher, essen etwas, trinken etwas und kaufen etwas.
Dann verläuft sich die Menge. Doch viele Menschen kommen am Nachmittag zurück, einschließlich der Langschläfer, die den Zug am Vormittag verpasst haben.
Die großen Prunkwagen haben wieder vor und hinter Ya Mo Aufstellung genommen, damit sie gebührend bewundert werden können.
Jetzt stehen vor jedem Wagen kleine mobile Tempelchen jeweils mit einer Spendenbüchse, damit die Besucher ihre Begeisterung in Form von Scheinen und Münzen kundtun können.
Ich komme in aller Ruhe dazu, noch einige schöne Details festzuhalten. Alles was sehenswert ist zu fotografieren, dazu reicht die Zeit nicht aus. Und das, was ich aufgenommen habe, dazu reicht auch in diesem Beitrag der Platz nicht, um das alles zu zeigen.
Bis gegen 20 Uhr können die schönen Wagen besichtigt werden. Dann verläuft sich die Menge und die Wagen räumen die Straßen.