Geschichten aus Baan Nong Waeng

Tips, wie man als Neuankömmling in Thailand und im Isaan besser zurecht kommen kann; Erfahrungsberichte
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dogmai
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Geschichten aus Baan Nong Waeng

Ungelesener Beitragvon dogmai » So Jun 28, 2009 11:55 am

Ich gebe zu: die Geschichten habe ich nicht neu geschrieben. Aber wie das so ist mit der Erfindung des Rades - auch das geschah nur einmal. Ich habe sie auf meiner Website schon einmal veroeffentlicht, doch sie gehoeren zu mir, diese Geschichten. Ohne sie waere Thailand für mich nicht das, was es nun einmal ist. Diese hier soll eigentlich schon seit Jahren eine Fortsetzung haben, denn sie geht ja weiter bis zum heutigen Tag, aber ich habe mich noch nie überwinden koennen, weiter zu schreiben. Vielleicht gelingt es mir hier, falls ueberhaupt an meinen Geschichten Interesse besteht. Ja, ich habe vor, einige zu veroeffentlichen wie jeder, der Geschichten schreibt ja auch moechte, dass sie gelesen werden. Und da wir hier sozusagen unter uns sind, keine Stoerenfriede oder Besserwisser oder Nichtwisser oder einfach Ignoranten (oder??), wage ich es. Wers nicht lesen moechte druecke einfach den Ignore-Button (gibts nicht? Gottseidank).

Ich setze es haeppchenweise vor, nicht weil ich damit die Anzahl meiner Postings in die Hoehe treiben moechte, sondern damit es leichter zu lesen ist. In meinem Alter muß man auf so etwas achten, und ihr kommt ja auch noch dahin. Naja, dann mal los.
Frühes Aufstehen ist der erste Schritt in die falsche Richtung.
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dogmai
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Mein erster Tag im Nordosten, Teil I

Ungelesener Beitragvon dogmai » So Jun 28, 2009 12:05 pm

Weiss jemand nicht, wo Baan Nong Waeng liegt? Es ist ein kleines, verschlafenes Dorf, ca 10 km suedlich der Stadt Roi Et.
Roi Et? Eine Provinzhauptstadt im Nordosten Thailands, aufregend wie der siebte Stein der dritten Reihe in einem Seitenbau der chinesischen Mauer. Aber dieses Baan Nong Waeng spielt eine grosse Rolle in meinem Leben, wurde dort doch vor einigen Jahrzehnten ein Kind geboren, das heute der Mittelpunkt meines Hauses ist.

Baan Nong Waeng? Nein, eine Busfahrkarte nach dort gab es nicht, gibt es auch heute noch nicht. Aber meine mir ganz frisch angetraute Ehefrau war wild entschlossen, mir, dem Deutschen, dieses Nest nahe zubringen. Und so haben wir nach einigen Tagen in Bangkok einen Bus bestiegen. Heute gibt es VIP-Busse. Damals nicht. Damals, das war 1981. Es war ein enger Bus, ohne Komfort, wenn man den eingebauten Eisschrank als Komfort ansehen will. Meine Frau - sie heißt All, aber das ist eigentlich ihr Nickname – kannte sich natürlich bestens aus.Nachdem sie sich einige Minuten mit dem Taxifahrer gestritten hatte, da waren wir schon 10 Minuten unterwegs, steuerte dieser den von ihr genannten Haltepunkt an. Dort angekommen musste ich mich auf unseren Koffer setzen, und sie besorgte die Fahrkarten. Das gelang ihr aber erst, nachdem wir wieder ein Taxi bestiegen und nun zum richtigen Busbahnhof gefahren waren. Oh je, eine Thai in Thailand. Heute kennt sie sich in Koblenz mit Sicherheit besser aus als ich, aber eben nur in Koblenz.

In Thailand bin ich der Guide.

Doch zurueck.
Die sechstuendige Busfahrt war keineswegs das, was ich als Vergnuegungsfahrt haette betrachten können. Der Fahrpreis war spottbillig, und staunenswerter weise erhielten wir unterwegs in einer Raststaette noch ein opulentes landesuebliches Mahl. Ein breites Bett wäre mir sicher lieber gewesen, aber noch konnte man mit einem Bett nicht nach Baan Nong Waeng gelangen. Nicht einmal schlafen konnte ich, denn die Musik aus dem Radio droehnte so laut, dass sich sogar die Thais beschwerten, aber der Busfahrer bestand darauf, per Radio wachgehalten zu werden.

Nun, auch diese Fahrt nahm ein Ende und wir erreichten so gegen 5 Uhr frueh Roi Et Hauptbusbahnhof. In Ermangelung einer Lautsprecheranlage brachten sich die Taxifahrer und Sam Lors lautstark in Erinnerung und priesen ihre Dienste an. Nun aber war meine Frau in ihrem Element. Sie handelte mit einem der Dreiradfahrer denn auch den Lohn aus und verfrachtete mich und unseren Koffer auf die schmale Sitzbank. Sie haette noch Platz gehabt, entweder auf meinem Schoss, dann haette ich aber nichts mehr sehen koennen in der beginnenden Dämmerung, oder auf dem Schoss des Sam Lors, was aber sicherlich ich nicht zugelassen haette. Und so sass sie ploetzlich auf einem LKW, mit viel Platz neben, vor und hinter sich,und dieser LKW fuhr dann hinter mir und dem Dreirad her. Bis heute habe ich den Sinn noch nicht verstanden. Nach ca. 2-4 Minuten erreichten wir den Umsteigepunkt, und ich zahlte den Fahrer aus. Irgendwas musste ich missverstanden haben, denn nicht nur am Horizont, sondern auch in seinem Gesicht ging die Sonne auf. Ich hatte ihm einen 10-Baht-Schein in die Hand gedrueckt wie von Bangkok her gewohnt. Aber hier war Roi Et, es war also fuenf mal mehr, als meine Frau ausgehandelt hatte. Und ich bekam auch gleich zu hoeren: "I loose my face". Damals spielte sich unsere Unterhaltung noch mehrheitlich in Englisch ab, ich Schulenglisch, sie Pidgin- Englisch. Ich hatte aber doch Mitleid mit dem schmaechtigen Maennchen, das bei meinem Gewicht (zwar damals immerhin noch 25 kg weniger als heute, aber für Thais ganz schoen gewaltig) doch schon ganz schoen hat strampeln müssen.

Der Umsteigepunkt war der Marktplatz, und gewaltige Duefte nach Gebratenem, Gesottenem und auch Undefinierbarem, sprich weithin Stinkendem, tat sich mir auf. Ach, tausend Nasen haette ich haben muessen ! Irgendwie kam ein Gefuehl auf der Romantik, der Selbstvergessenheit, des Gluecklichseins: ich erlebe Thailand, wie es sonst kein Tourist erlebt. Dass dies hier keine Romantik, sondern das harte Leben war, sollte ich erst viel spaeter merken. Ich bin sicher, daß ich nicht der Einzige bin, bei dem dieser Gedanken aufkommt, wenn er einmal in der Provinz auftaucht und glaubt, nur jetzt koenne er und nur er das wirkliche Thailand erleben. Nun gut, so ganz wusste ich nicht, was ich auf dem Markt soll, zumal mich All auf eben jenen LKW verludt, der schon sie transportiert hatte und jetzt am Rande des Marktes geparkt wurde. Ohne jede Erklaerung waren unser Koffer und ich alleinige Insassen des Fahrzeuges. Dieses verfuegte auf der Ladeflaeche über zwei Sitzbaenke. Heute weiss ich, dass das ein Song Thaew ist.

Inzwischen war die Sonne aufgegangen und es wurde recht warm. Und so zwei Stunden liess sich meine Frau schon nicht sehen. Ich stand zwischendurch auf, stieg auf die Strasse hinab. Nur die Angst, nicht zurueck zu finden oder dass der LKW irgendwie losfuhr und unseren Koffer mitnahm hielt mich ab, über den Markt zu schlendern. Nach und nach tauchten einzelne Frauen auf mit Koerben auf der Schulter, gelegentlich ein Huhn oder ein Kueken im Korb. Sie nahmen weitab von mir Platz und schnatterten aufeinander ein. Die verstohlenen Blicke wurden dabei immer haeufiger, aber die thailaendischen Worte für dick und weiss und Auslaender fielen nicht, zumindest konnte ich sie bei meinem damals spaerlichen Wortschatz nicht ausmachen. Zu diesem Zeitpunkt war ich ja noch des Glaubens, diese Menschen sprächen Thai!
Frühes Aufstehen ist der erste Schritt in die falsche Richtung.
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