Autofahren in Thailand

Tips, wie man als Neuankömmling in Thailand und im Isaan besser zurecht kommen kann; Erfahrungsberichte
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koratwerner (†2012)
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Autofahren in Thailand

Ungelesener Beitragvon koratwerner (†2012) » So Aug 17, 2008 1:45 pm

Wer in Thailand ein KFZ, also auch eines der kleinen Motorräder, lenken will, benötigt einen internationalen oder den entsprechenden thailändischen Führerschein. Dabei ist zu beachten, dass man in Thailand für beinahe jeden Fahrzeugtyp jeweils eine Fahrerlaubnis kennt. Wer also einen PKW, aber auch ein Motorrad mit thailändischer Fahrerlaubnis fahren will, benötigt zwei Führerscheine, die beide die Größe einer Visa-Kart haben.

Die Grundvoraussetzung um als Europäer am thailändischen Straßenverkehr teilnehmen zu können, sind starke und strapazierfähige Nerven.

Zwar bedarf es einer gewissen Umstellung, sich an den Linksverkehr zu gewöhnen, doch bedeutend gewohnheitsbedürftiger ist es, das unorthodoxe Fahrverhalten der Thailänder auch nur annähernd richtig einschätzen zu können. Verkehrsregeln sind nämlich Theorie, die die Freiheitsliebe der Thailänder einschränkt und oft sogar unbekannt. In der Praxis dagegen herrscht weitgehend das Recht des Stärkeren, des Mutigeren und des Unwissenden.

Der Erwerb des thailändischen Führerscheins ist auch heute noch mehr eine bürokratische Formalität, als eine Führerscheinprüfung nach europäischen Maßstäben. Der Besuch einer Fahrschule ist nicht zwingend vorgeschrieben. In der Regel erfolgt bei der entsprechenden Behörde eine etwa einstündige theoretische Belehrung mit anschließender Prüfung. Die Voraussetzung zur Zulassung an dieser Prüfung ist ein bestandener Sehtest. Oft wird dazu von der Prüfungsstelle ein bestimmtes Krankenhaus vorgeschrieben. Eventuell wird dann noch bei der Prüfung ein Reaktionstest vorgenommen und das räumliche Sehvermögen getestet.

Ist die theoretische Prüfung bestanden, erfolgt die praktische Prüfung. Die erfolgt nicht im fließenden Verkehr, sondern meistens auf dem behördeneigenen Parkplatz. Der Prüfer steht dabei am Rand dieses Platzes und der Prüfling fährt langsam eine Runde, wobei er einmal anhält und rückwärts in eine Parklücke einfährt.

Hat alles geklappt, ist die Prüfung bestanden. Für den Neuling hat jetzt der Führerschein eine Gültigkeit von einem Jahr. Hat er zurück liegendem Jahr keinen nennenswerten und registrierten Unfall verursacht, erhält er jetzt (ohne Prüfung) eine neue Fahrerlaubnis, die alle 5 Jahre erneuert werden muss.

Jeder Europäer, der sich auf Thailands Straßen bewegt, kann sich unschwer vorstellen, mit was für Verkehrsteilnehmern er zu tun hat. Haar sträubende Situationen sind also vorprogrammiert. Doch keine Angst. Außer in Bangkok, wo der Straßenverkehr seine eigene Gesetzte hat, wird in den Städten relativ vernünftig gefahren. Das liegt weniger an den einzelnen Fahren, als an dem steigenden Verkehrsaufkommen, dass ein schnelles Fahren nicht zulässt.

Trotzdem, da die Thailänder freiheitsliebende Menschen sind, gibt es ungeheuer viel Individualisten, die ohne Beachtung von Gebots- und Verbotsschildern, ohne Beachtung von Straßenmarkierungen und oft sogar von Ampeln, ihrem eigenen Fahrstil frönen.

Die größten Meister dieses Individualismus sind die Motorradfahrer. Bei langsam fließenden Verkehr drängeln sie sich ungeachtet der Vorfahrt in den Verkehrsstrom ein, wechseln unaufhörlich die Spur, biegen ab oder biegen ein, ohne den Blinker zu setzen, fahren entgegen der Fahrtrichtung und drängeln sich an den haltenden Fahrzeugen vorbei, bis sie vor den ersten Fahrzeugen vor der roten Ampel stehen und in sekundenschnelle einen Pulk bilden.

Noch während die Ampel rot leuchtet, brausen sie auf einmal wie ein Hornissenschwarm los, während dessen die letzten Fahrzeuge noch über die Kreuzung huschen. Sie kennen nur eins, fahren, fahren und fahren.

Im Stadtzentrum hat man sich schell an das Verhalten der Motorradfahrer gewöhnt. Doch in den Randbezirken und auf dem Land sind sie oft ein wirkliches Ärgernis. Will man rechts abbiegen und ein Motorrad kommt entgegen, hält man an, um ihm die Vorfahrt nicht zu nehmen. Was macht der Fahrer? Er biegt in die gleiche Nebenstraße ein, ohne den Blinker zu setzten. Oder an einer Kreuzung mit Stoppschild und gelber Warnlampe in einer Richtung, aber auf der vorfahrtsberechtigten Straße Schweller, die ein zügiges Überfahren der Kreuzung verhindern, legt der Motorradfahrer noch Tempo zu, anstatt zu halten. Gestern hätte ich beinahe solch einen Kamikazefahrer voll erwischt. Nur weil ich sofort voll in die Eisen ging, sauste er 20 cm vor meiner Kühlerhaube vorbei. Nerven muss man haben.

Ähnliches kann man auch auf einer Überlandstraße passieren. Plötzlich taucht eine Schar Kinder auf oder eine Rinderherde, ein Hund oder ein anderes Fahrzeug welche ohne auf den Verkehr zu achten, die Straße überqueren. Auch kommen einem immer wieder Geisterfahrer entgegen. Das ist in der Dunkelheit besonders unangenehm und manchmal bin ich im Zweifel, ob ich mich auf der richtigen Fahrspur bewege.

In der Dunkelheit über Land zu fahren, das ist besonders kurz nach Einbruch der Dunkelheit gefährlich. Nicht selten haben dann die heimkehrenden Fahrzeuge, die von den Feldern kommen, keine Beleuchtung. Man sieht sie erst im letzten Augenblick und wenn man sie wegen dem Gegenverkehr nicht überholen kann, gibt es kritische Situationen.

Kommt es zu einem Unfall, dann hat meistens derjenige Schuld, der das meiste Geld oder die beste Versicherung hat. Ein Ausländer hat prinzipiell immer Schuld, denn er hat das meiste Geld. Versicherungen gehen dazu über bei einem Unfall einen Vertreter an den Ort des Geschehens zu senden. Deshalb, bei einem Unfall immer sofort die eigene Versicherung benachrichtigen, denn die örtliche Polizei versteht auf einmal kein Englisch und nimmt deshalb das zu Protokoll, was der Einheimische so alles zu seinem Gunsten erfindet.

Beim Fahren auf Thailands Straßen muss man auch mit dem schlechten technischen Zustand der Fahrzeuge rechnen. Ältere Fahrzeuge haben oft abgefahrene Reifen und schlechte Bremsen. Das macht sie besonders bei Regenwetter auf den nassen Straßen zu kleinen Geschossen.

Will man sich bei dichtem Verkehr in den fließenden Strom einfädeln, darf man nicht damit rechnen, dass jemand so freundlich ist und etwa langsam fährt oder gar anhält. Es bleibt dann nichts anderes über, als sich ganz langsam vorzuschieben, bis entweder eine Lücke kommt oder die Fahrzeuge nicht mehr vorbeikommen. Thailänder kennen das und nehmen diese Frechheit nicht übel.

Wenn auch für unsere Begriffe oft rücksichtslos, so sind die thailändischen Verkehrsteilnehmer nicht ungehalten darüber, wenn ein anderer noch rücksichtsloser ist. Das Hupen oder die Lichthupe kennt man deshalb nicht, das ist unhöflich, doch darf man andererseits kaum erwarten, dass sich ein Thailänder bedankt, wenn man ihm rücksichtsvoll einen kleinen Vorteil verschafft.

Nur LKW-Fahrer sind manchmal etwas behilflich. An unübersichtlichen Stellen geben einige von ihnen Lichtzeichen mit dem Blinker, wenn man überholen will. Die Thailänder brausen dann vorbei und meine Frau ist immer erstaunt, wenn ich mich beim Vorbeifahren mit einem kurzen Hupton bedanke.

Ich fahre jetzt bald vier Jahre auf Thailands Straßen und fahre beinahe so, wie die Thailänder. Zu Anfang habe ich oft auf meine Vorfahrt bestanden, habe mich über die Motorradfahrer, die immer drängelnden Tuk Tuk und die Geisterfahrer geärgert. Was hat es mir gebracht? Nichts!

Jetzt schwimme ich auf den Straßen im Strom. Überhole im Überholverbot, wenn es möglich ist, überhole links oder rechts, wie es gerade möglich ist, lasse einen Drängelnden vorbei, fahre nicht nach der vorgeschriebenen Geschwindigkeit, sondern passe mich der Situation an, schaue beinahe mehr in den Rückspiegel, als nach vorn und achte bei all meinen Vergehen darauf, dass kein Polizist oder ein Polizeiauto in der Nähe ist.

Inzwischen habe ich mich auch daran gewähnt, dass auf Thailands Autobahnen Ampeln stehen und dass man, von der Überholspur aus, bei einem U - Turn die Fahrtrichtung wechseln kann. Zwar ist es bei letzterem relativ leicht in den U – Turn hinein zu fahren, doch muss man schon recht gut aufpassen und etwas mutig sein, um sich in den oft schnell fließenden Gegenverkehr einzuordnen.
Was das Licht anbetrifft, sind die Thailänder Stromsparer. Nicht nur der Blinker wird geschont, auch am Licht wird gespart. Bei Einbruch der Dämmerung wird höchstens das Standlicht eingeschaltet, keinesfalls das Abblendlicht. Fährt man jetzt so wie in Deutschland mit Abblendlicht, dann wird man unweigerlich und freundlich von den entgegenkommenden Autos angeblinkt und zum Stromsparen aufgefordert. Erst bei völliger Dunkelheit wird das Licht eingeschaltet, wobei man in den Städten mit Straßenbeleuchtung auch jetzt noch Fahrzeuge mit Standlicht fahren sieht.

Tankstellen gibt es in Thailand mehr als genug. Hier gibt es auch noch den Service, nicht selber das Benzin einfüllen zu müssen. Freundliche Hände winken einem an die richtige Zapfsäule und wenn man kein Thai spricht, so wie ich, hält man einfach einen Geldschein ans Fenster und der entsprechende Gegenwert wird in den Tankstutzen gefüllt.

An den größeren Tankstellen an den Autobahnen und Überlandstraßen findet man immer ein Restaurant, einen Shop und oft sehr saubere Toiletten. Die großen Mineralstoffgesellschaften haben meistens sogar eine Behindertentoilette mit europäischem Sitzklo. Da ist es ganz besonders sauber, denn bekanntlich hocken die Thailänder ja lieber, als sich bei der Verrichtung ihrer Notdurft zu setzen. Wer diese Toilette benutzen möchte, sollte allerdings mühsam dorthin humpeln, denn dann ist er behindert und dazu berechtigt. Ansonsten verliert er sein Gesicht.

Die Beschilderung auf den Fernstraßen ist durchweg übersichtlich, informativ und in englischer Sprache. Auf den Nebenstraßen und in kleinen Ortschaften ist dagegen alles in Thaischrift. Wenn man sich dort verfährt, hilft nur das Fragen. Man erhält auf jeden Fall eine Antwort, doch ob die Auskunft richtig ist, das merkt man erst, wenn man ankommt oder am Ende der Reisfelder landet.
Es ist nicht schwer zu wissen wie man etwas macht,
aber es ist schwer es auch zu tun!

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