Nur eine Episode

Tips, wie man als Neuankömmling in Thailand und im Isaan besser zurecht kommen kann; Erfahrungsberichte
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koratwerner (†2012)
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Nur eine Episode

Ungelesener Beitragvon koratwerner (†2012) » Sa Aug 09, 2008 9:42 am

Kurz nach meiner Ankunft in Thailand habe ich mir von einem thailändischen Privatmann einen gebrauchten Pick-Up gekauft. Die Kaufverhandlung führte damals Herr L. und seine Ehefrau. Alles ist in völliger Ordnung, übersetzte er mir. Die Wagenpapiere erhältst du aber erst in einer Woche. Das ist in Thailand nicht anders zu machen. Voller Vertrauen in seine Worte unterschrieb ich den Kaufvertrag und bezahlte das Auto.

Eine Woche verging und die Wagenpapiere kamen nicht rüber. Noch eine Woche und noch eine weitere Woche ließ ich mich vertrösten. Dann kam ich langsam in Panik. Was ist hier los? Herr L setzte sich ab und war nicht mehr bereit mir bei der Beschaffung der notwendigen Papiere behilflich zu sein.

Du mußt zur Polizei gehen, sagten mir mehrere Gäste in meinem Stammlokal. Du mußt aber gleich zu einem höheren Polizisten, meinte der Wirt und bot sich an, dass seine Frau mir dabei behilflich sein könnte. Das kostet aber etwas, meinte er, denn ansonsten rührt niemand einen Finger für dich.

Eine Anzeige kostet Geld, damit sie bearbeitet wird? Ich geriet erst ins Staunen, dann in schweigsame Zurückhaltung. Gibt es denn keine andere Möglichkeit, fragte ich in die Runde der Gäste? Vielleicht, meine jemand und benutzte sein Handy. Eine halbe Stunde später tauchte dann Herr Knopf auf. Er sprach sogar thai und konnte mir helfen.

Die Sache kommt ins Rollen. Herr Knopf, der Geschäftsführer der kleinen Firma seiner thailändischen Exfrau ist, regelt jetzt alles. Die Anzeige wird aufgenommen und anhand des Kaufvertrages die Daten des Verkäufers in der vorhandenen Kartei abgeglichen. Der Halter des Fahrzeugs ist bekannt. Zumindest hat mir also der Verkäufer keine falschen Daten untergejubelt. Du brauchst dich jetzt um nichts mehr zu kümmern, übersetzt mir Herr Knopf, das macht jetzt alles die Polizei. Den Umständen entsprechend ziehe ich mehr oder weniger glücklich von dannen.

Nach etwa einer Woche unruhigem Abwarten ruft mich Herr Knopf an. Wir müssen zur Polizei, sagt er, um zwei Uhr haben wir Termin. Um zwei Uhr erscheint auch der Verkäufer. Es wird hin und her palavert und es stellt sich heraus, dass das Auto über eine Finanzierungsgesellschaft gekauft wurde und da noch 165.000 Bath abzulösen sind. Der Verkäufer hat mein Geld allerdings dazu verwendet, andere Schulden zu begleichen und ist so zusagen pleite. Nein nein, betrügen will er mich aber nicht, beteuert er, nur, ich müsste ihm Zeit geben. Er würde den Ratenvertrag mit der Feinend, so wird in Thailand eine Finanzierungsgesellschaft genannt, korrekt erfüllen. Nur, das dauert etwas.

Der den Fall bearbeitende Polizist rät mir auf diesen Vorschlag einzugehen, denn immerhin bestände auch die Möglichkeit, dass der Mann nicht zahlen würde und dann müsste die Sache ans Gericht. Das aber könnte dauern und es würden hohe Anwaltskosten anfallen. Wenn es aber nicht so laufen sollte, dann würde die Polizei wieder tätig. Wie sich später herausstellte, wurde die erste Rate bezahlt, danach rollte kein Bath mehr. Herr Knopf, der über erstaunlich gute Verbindungen verfügte, hatte angeblich sogar über seine Steuerberaterin einen Informanten bei der Finanzierungsgesellschaft. Von der erfuhr Herr Knopf angeblich, dass mein schönes Auto von eben dieser Gesellschaft jetzt gepfändet werden sollte.

Wieder ging es zur Polizei und auf deren Intervention hin, wurden die überfälligen Raten vom Verkäufer bezahlt. Dann war wieder zwei Monate lang Funkstille. Du hast jetzt ein Problem am Hals, erklärte mir Herr Knopf eines schönen Tages. Der Verkäufer hat wieder nicht gezahlt und der Wagen soll jetzt umgehend eingezogen werden. Um deinen Kaufpreis nicht zu verlieren und den Wagen zu halten, musst du jetzt den Restbetrag ablösen. Mit der Polizei hab ich schon gesprochen, doch für die ist das jetzt ein Zivilfall, den du natürlich vor Gericht austragen kannst. Die strafrechtliche Sache läuft allerdings weiter.

In Abwägung aller Fakten, insbesondere der, dass ein Zivilverfahren nicht nur teuer werden konnte, sondern auch erst nach Abschluss des anhängigen Strafverfahrens erfolgen konnte, hab ich die mir ins Nest gesetzte Kröte geschluckt.

Drei Tage später war mein Konto in Deutschland erleichtert und mit dem Geld in der Tasche ging es mit Herrn Knopf zur Finanzierungsgesellschaft. Herr Knopf war guter Dinge. Da der Fall jetzt ja klar ging, sollte ich ihm für seine Hilfe den Wagen übers Jahresende auf seinen Namen ummelden lassen und ihm eine ansehnliche Rechnung schreiben. Nur die Rechnung brauchte er und die Wagenpapiere, nicht das Fahrzeug. Das würde ihm sehr helfen, denn er hätte mit seinem kleinen Betrieb in diesem Jahr einen großen Gewinn eingefahren und wenn er meine Rechnung vorlegen würde, könnte er diesen Gewinn und somit seine Steuerzahlung mindern. Im Januar könnten wir dann ja alles rückgängig machen.

Bei der Finanzierungsgesellschaft angekommen, erscheint auch der Verkäufer und wird von Herren Knopf wie ein alter Freund begrüßt. Meine damalige Frau Ket, die mit anwesend ist, spricht dann mit dem wenig guten Mann, der ihr klar legt, dass er keinesfalls mit der Überschreibung auf meinen Namen einverstanden sei, weil ich ihn angezeigt und einiges an Schwierigkeiten bereitet hätte. Er würde deshalb nur mit einer Überschreibung auf Herrn Knopf einverstanden sein.

Da scheint doch etwas oberfaul zu sein, schießt es mir durch den Kopf und da dem Verkäufer irgendein Dokument fehlt, wird die Abwicklung um zwei Tage verschoben. Am Abend hab ich dann Herrn Knopf angerufen, ihm gesagt, dass ich den Deal nicht machen würde und habe nie wieder etwas vom ihm gehört.

Jetzt springt meine damalige Frau Ket in die Bresche. Ihre Freundin hat eine Freundin und die ist die Mia neu, die Nebenfrau des Polizeipräsidenten. 36.000 Bath fordert angeblich die Freundin der Freundin, dann würde sich der Polizeipräsident meiner Sache annehmen. Das tut er auch. Der bisher meinen Fall bearbeitende Polizist wird zum Rapport bestellt und beteuert glaubhaft, dass Herr Knopf ihm doch mitgeteilt hätte, mein Fall wäre privat erledigt und er brauchte nicht weiter tätig zu sein.

Es geht weiter. Der Verkäufer muss wieder bei der Polizei antanzen und beteuerte wiederum, dass er die Raten bezahlen wird und bezahlte wiederum erst schleppend und dann nichts mehr.

Dann durften wir wieder bei der Polizei anmarschieren und das Spielchen ging wie gehabt weiter. Zu meinem Erschrecken verfiel der vormals scheinbar vor Gesundheit strotzende Verkäufer von Mal zu Mal. Als seine Arme, Füße und der Hals jetzt sogar vor offenen Melaminen strotzten, war es mit großer Wahrscheinlichkeit sicher. Der Mann hatte Aids im vorgeschrittenen Stadium und dementsprechend eine nur noch geringe Lebenserwartung.

Noch einmal bezahlte er bei der Feinend eine Rate und dann war er bereit, mir seinen Vertrag zu übertragen, so dass ich nach Ablösung der noch nicht zurück gezahlten Finanzierung das Auto auf den Namen meiner Frau übernehmen konnte und dann berichtete er, dass er ja auch seinerzeit 10.000 Bath Vermittlungsprovision an die nette Familie L. bezahlt hat.

Bei der wenige Tage später erfolgten Umschreibung war er schon nicht mehr dabei. Wir mussten einen (bezahlten) Zeugen beibringen, dass er bei der Feinend die Überschreibung veranlasst hat und da wir jetzt im im Besitz der kompletten Warenpapiere waren, lief alles glatt. Der Verkäufer jedoch war zu diesem Zeitpunkt schon in einer anderen Welt.

Und die 36.000 Bath? Davon hat der Herr Polizeipräsent sicher nichts gewusst, geschweige denn erhalten. Dieses Geld hat sich das clevere Damentrio zwar nicht redlich verdient, doch untereinander redlich geteilt.

Ich hätte diese böse Episode nicht geschrieben, wenn sie mir irgendjemand erzählt hätte. Ich hätte es einfach nicht geglaubt, zu welchen Gemeinheiten Menschen, auch meiner Nationalität, fähig sind.

Verwundert bin ich auch über das damalige Verhalten der Stammgäste in dem deutschen Restaurant, in dem ich Herrn Knopf, der natürlich anders heißt, kennen gelernt habe. Sie alle kannten diesen Mann, kannten seine Vergangenheit und wussten, dass er hoch verschuldet war und dementsprechend jede Gelegenheit war nahm um irgendwie an Geld zu kommen. Sie alle wussten davon, dass er sich von einem Privatmann Geld geliehen hatte und es nicht zurückzahlen konnte. Niemand hat mir jedoch damals einen kleinen Tipp gegeben und mir geraten vorsichtig zu sein. Herr Knopf, im Besitz meiner Wagenpapiere, hätte umgehend mein Auto verkaufen können, rechtsmäßig!

Kennen Sie das Bildchen von den drei Affen, die nichts hören, nichts sehen und nichts sagen? Genau so kommen mir heute noch die Landsleute aus dem Restaurant vor.
Es ist nicht schwer zu wissen wie man etwas macht,
aber es ist schwer es auch zu tun!

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