Mein Anfang

Tips, wie man als Neuankömmling in Thailand und im Isaan besser zurecht kommen kann; Erfahrungsberichte
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koratwerner (†2012)
Thailand-Autor
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Mein Anfang

Ungelesener Beitragvon koratwerner (†2012) » Mo Aug 04, 2008 11:23 am

Hier beginnt meine Geschichte


Nach 33jähriger Ehe stirbt im Spätsommer des Jahres 2004 meine Frau Gisela. Jetzt lebe ich mit meiner 90jährigen Mutter alleine. Sie ist pflegebedürftig und bedarf meiner Hilfe. Da ich bereits Rentner bin, geht das auch so einigermaßen, doch weil ich selber nicht mehr so ganz auf der Höhe bin, fällt es mir nicht leicht unser Häuschen und Mutter zu versorgen. Mit Mutters und meiner Rente kommen wir finanziell ganz gut über die Runden. Da fällt es auch nicht schwer monatlich die Hypothek für das Einfamilienhaus zu tilgen. Es geht uns finanziell so gut, dass wir sogar von der Zahlung der Pflegeversicherung einen Pflegedienst in Anspruch nehmen können.

Schon bevor sich mein Gesundheitszustand verschlechtert, schaue ich mich nach einer Lebensgefährtin um, auf die ich als 64jähriger nicht verzichten möchte. Alle Zeitungsanzeigen und die Suche im Internet bleiben erfolglos. Wer will denn auch schon einen nicht ganz gesunden Mann und dazu noch mit einem Pflegefall im Haus?

Eines Tages finde ich im Internet die Homepage des H.J.L., der in Thailand Frauen vermittelt, die einen deutschen Mann suchen. Nach einigen Telefongesprächen scheint mir der Mann korrekt zu sein. Ich sende ihm meine Daten, teile ihm meine Wünsche mit und harre der Dinge, die da kommen sollen.

Um es kurz zu machen, nach vier Wochen hat er eine Frau gefunden, die zu mir passt und die erst einmal unverbindlich nach Deutschland kommen will. Vorerst beginnt aber in Thailand und Deutschland der Papierkrieg. Drei Monate später ist die Dame da und vierzehn Tage später ist sie wieder weg.

Sie will nicht in Deutschland bleiben, weil sie ihre Familie nicht alleine lassen kann und weil ihr Vater hohe Bankschulden hat, soll ich ihr doch erst einmal 5.000 Euro geben. Außerdem kann sie auch die Kälte nicht vertragen. Scheinbar hat sie dem Vermittler dick was vorgelogen und ist nur zu mir gekommen, um mich abzuzocken.

Der fällt aus allen Wolken und beteuert glaubhaft, diese Dame habe auch ihn reingelegt und belogen. Das kann ja vorkommen. Zumal mir über viele Berichte im Internet solche Methoden von thailändischen Frauen bekannt sind, beauftrage ich H.J.L. weiter für mich nach einer geeigneten Frau Ausschau zu halten und er findet eine. Wieder beginnt der Papierkrieg und eines Tages hole ich Ket am Frankfurter Flughafen ab. Sie bleibt.

Als meine Mutter wenige Monate später stirbt, sind wir noch nicht verheiratet weil ihre Papiere nicht in Ordnung sind. Da ich jetzt über ein bedeutend geringeres Einkommen verfüge, Ket auch jeden Monat etwas Geld für ihre zwei Kinder und die Mutter in Thailand benötigt, wird es verdammt knapp. Kurz entschlossen spreche ich mit dem netten und zuvorkommenden H.J.L. in Thailand. Er besorgt uns in Korat eine Wohnung, ich verkaufe mein Häuschen und am Silvesterabend 2004 klettern wir in den Flieger nach Bangkok.

Nach unserer Ankunft wohnen wir die ersten drei Tage in einem Hotel. Gott sei Dank ist das Zimmer klimatisiert und vom achten Stockwerk haben wir einem guten Überblick über die quirlige Stadt. Städte ähneln sich auf der ganzen Welt, doch hier fallen mir die sehr unterschiedlichen Gebäudehöhen, der Baustil und besonders die Wellblechdächer von Hütten und kleinen Stelzenhäusern auf, die immer wieder inmitten von größeren Geschäfts- und Wohnhäusern stehen.

Auffallend sind auch die Telefon- und Stromleitungen. Die hängen selbst im Stadtzentrum scheinbar chaotisch links und rechts der Straßen wild herum. Von Farbe halten die Thai auch nicht besonders viel, die meisten Gebäude sind zwar verputzt und vielleicht einmal getüncht worden, doch eine haltbare Schutzfarbe ist hier offensichtlich unbekannt, oder zu teuer. Nur einige Straßenzüge weiter leuchtet es weiß aus einem Palmenhain und einige bunte Türmchen ragen über das Grün der Bäume hinaus. Das ist ein Wat, sagt Ket und sucht weiter in ihrem deutschen Wortschatz nach passenden Formulierungen. Da wohnt Buddha, sagt sie dann noch.

Wenn wundert es? Nach der schlaflosen Anreise und dem doch mehr oder weniger aufregenden Tag, der von so vielen Eindrücken geprägt ist, gehen wir bei Eintritt der Dämmerung schlafen. Nach dem amerikanischen Frühstück holt uns Herr H.J.L. ab und los geht’s zum Shopping. In Erwartung eines Möbelhauses, bin ich etwas erstaunt, als Herr H. J.L. an der uns schon bekannten Ausfallstraße an einem Geschäft hält, wo vor dem Gebäude eine Menge einfacher Plastikstühle aufgebaut sind. Von Schaufenstern mit Ausstellungstücken ist nichts zu sehen, die gesamte Front ist offen und man geht von der Straße aus, direkt in die Verkaufsräume.

Sofort sind wir von mehreren jungen Verkäuferinnen und Verkäufern umringt, die munter plappernd auf uns einreden. Ich verstehe kein Wort. Doch wofür habe ich denn Ket? Sowohl Ket, als auch Herr H.J.L. spielen Übersetzer und das macht offensichtlich allen Leutchen Spaß. Spaß, das heißt Sanuk und das ist eins der wenigen thailändischen Worte, die ich verstehe.

Unaufgefordert bietet uns eine Verkäuferin Eiswasser an und wir greifen erfreut zu. Dann geht es ans Aussuchen. Da sich das bessere Mobiliar in Thailand nur unwesentlich von den deutschen Möbeln unterscheidet, außer der Qualität, will ich auf dieses Thema nicht näher eingehen. Eins fällt mir auf, so an die 80% des Angebotes entspricht in etwa dem der Billiganbieter, wie wir sie in Deutschland haben. Der Rest ist etwas besser, doch Sitz- und Schlafmöbel mit Federkernmatratzen gibt es hier nicht. Das ist das beste Geschäft hier, sagt Herr H.J.L. auf meine diesbezügliche Frage. Also, wir nehmen das was da ist.

Weil der Verkaufsraum straßenseitig auf einer Front von etwa 60 m völlig offen ist, weht der Wind unaufhörlich jede Menge Staub auf die schönen Möbel. Das sorgt für Arbeitsplätze. Vier Leute sehe ich, die nur damit beschäftigt sind Staub zu wischen. Wenn sie hinten fertig sind, sorgt an der anderen Seite der neue Staub für eine permanente Beschäftigung. Die Möbel vor Staub schützen? Das ist nur bei den Polstern der Sitzmöbel und den Matratzen der Fall, die sind sämtlich in durchaus stabilem Plastik gehüllt.

Was brauchen wir nun am nötigsten? Ein Schlafzimmer, eine Sitzgarnitur mit Tisch, ein Esstisch mit vier Stühlen, eine Spüle und weil die Küche relativ klein ist, einen Hängeschrank. Den Gasofen kaufen wir woanders, der ist hier zu teuer, sagt Herr H. J.L. Bevor sich Ket für das eine oder andere Teil entscheidet, trinke ich noch so drei bis vier Gläser Eiswasser und Herr H. J.L. erzählt mir, dass die Möbel in anderen Geschäften, nicht wie hier, mit Preisen ausgezeichnet sind und dort die Verkäufer von den Europäern einen weitaus höheren Preis fordern, als das bei den Thais der Fall ist.

Irgendwann muss ich ein Machtwort sprechen, denn Ket kann sich, wie wahrscheinlich alle Frauen, nicht entscheiden. Dann geht’s ans Bezahlen und wieder werden wir mit wirklich köstlichem Wasser versorgt. Mitten im Verkaufsraum ist ein Büro aufgebaut und hinter einem Schreibtisch sitzt mit ernstem Gesicht eine gestandene Dame. Wann sollen wir liefern, sagt sie und wir einigen uns auf fünf Uhr nachmittags. Dafür gibt es keinen Aufpreis und die Kosten für das montieren der Möbel werden auch nicht berechnet. Anhand der Preise, die hier noch nicht einmal 40 % dessen betragen, was das Zeugs in Deutschland gekostet hätte, bin ich einigermaßen zufrieden.

Diensteifrig tippt dann die, ach so ernsthafte Perle, die Preise, die ihr die jeweils zuständigen Verkäuferinnen nennen, in einen PC. Sechs Mädels stehen um sie herum und nicken zustimmend, sobald sie sehr sorgfältig den nächsten Posten in die Tasten getippt hat. Dann schnurrt der Drucker und ich erhalte von der ernsthaften Dame die Rechnung. Mein Blick geht auf dem Papier nach unten und da sehe ich, dass die Buchhalterin oder was sie sonst auch immer sein mag, 10 % Rabatt abgezogen hat.
Herr L. grinst beifällig und die bis dahin sehr ernsthafte Dame lächelt mich so freundlich und strahlend an, wie es nur eine Thai kann. Als ich zurück lächele, was ja eigentlich selbstverständlich ist, verschwindet sie schnell in der Tiefe des Ladens und kommt mit zwei Sofakissen zurück, die sie mir freudestrahlend schenkt.

Pünktlich zur vereinbarten Zeit stehen drei voll beladene Pik Up vor dem Haus. Die Möbel werden abgeladen, an Ort und Stelle gebracht und montiert. Weil beim Wohnzimmerschrank Komplikationen mit den Türhalterungen auftreten, kann die letzte Schraube erst so gegen 21 Uhr festgezogen werden. Die haben wirklich einen guten Service, meint Herr L., normalerweise lassen die Thai nämlich spätestens um 17 Uhr den Hammer fallen und verschwinden.

Jetzt fehlt uns noch ein Fernseher, eine Waschmaschine, ein Toaster, ein Kühlschrank, ein Ventilator und Ket möchte für die Küche einen elektrischen Wasserkocher und einen Reiskocher haben. Auch für diese Dinge kennt Herr L. in Korat ein Fachgeschäft und ich muss gestehen, ich fühle mich wieder nicht übervorteilt. Die Siemens Waschmaschine für umgerechnet 400 Euro, gibt es für diesen Preis in Deutschland auch nicht.

Im Preis ist natürlich die Anlieferung und Montage enthalten. Dann kaufen wir einen Fernseher, bei dem das Fernsehtischchen selbstverständlich kostenlos mitgeliefert wird. In Thailand gibt es so etwas. Jetzt wird noch eine Kühl- Gefrierkombination und ein großer Ventilator ausgesucht und wir sind fertig.

Auch für diese Sachen ist die Anlieferung und Aufstellung kostenlos und es gibt auf die Großgeräte fünf Jahre Garantie. Die Verpackung, die man in Deutschland selber entsorgen muss, wird anstandslos wieder auf den Pik Up geladen und man hat nichts mehr damit zu tun. H. J.L. ist darüber sehr verärgert, denn es gibt genügend private Entsorger, denen man außer Papier und Pappe auch Glas und Plastik verkaufen kann. Das gibt dann ein par Baht von denen sich die Kinder Süßigkeiten oder eine Limo kaufen können.

Beim Kauf dieser Dinge geht es ähnlich zu, wie beim Kauf der Möbel. Wir werden nach allen Regeln der Kunst beraten, mit Getränken versorgt und ich habe den Eindruck, dass all die adretten Verkäuferinnen stolz darauf sind uns ihr überaus großes Sortiment zeigen zu können. Ein Service, den es in Deutschland in den ersten Nachkriegsjahren auch einmal gab.

Nach einigen Wochen brauchten wir noch ein Tischen und die Möblierung für das Gästezimmer. Weil der Weg relativ weit bis zu unserem bekannten Möbelladen ist, fahren wir einfach zu einem nahe liegenden Möbelhaus, welches von Herrn L. als Schrotthandel bezeichnet wurde. Hier sehen wir erstaunlicherweise das gleiche Sortiment, wie in dem uns bereits bekanntem Möbelhaus, nur mit dem Unterschied, dass hier alles 20 bis 30% weniger kostet. Bei diesem Händler war wohl sicherlich keine Provision für die Familie L. drin.

Das Ehepaar L. ist sehr geschäftstüchtig. Später, als ich bei meinem Umzug den Lieferanten der Klimageräte beauftrage den Abbau zu übernehmen und die Kältemaschinen im neuen Haus wieder zu installieren, komme ich hinter die Schliche. Hat doch Frau L. den guten Mann genötigt, statt 10.500 Baht eine fingierte Rechnung über 20.000 Baht pro Gerät auszustellen, die mir dann bei der Abrechnung vorgelegt wurde.

Man soll eben in Thailand keinem Landsmann vertrauen und niemanden die Möglichkeit geben in irgendeiner Form Geschäfte mit seinem Geld zu machen.
Es ist nicht schwer zu wissen wie man etwas macht,
aber es ist schwer es auch zu tun!

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