Germän Sausäge unterm Hakenkreuz
Stahlhelm mit Hakenkreuz: Bei den Mopedfahrern in Pattaya offenbar sehr beliebt
Die meisten Exildeutschen beklagen einen Mangel an heimatlichen Genüssen - in Thailand ist sogar die Versorgung mit Leberkäse und Senf gesichert. Und mit Hakenkreuzen, musste SPIEGEL-Korrespondent Thilo Thielke feststellen.
Eines gleich vorweg: Man spricht sehr oft Deutsch in Thailand, und selbst ein heimwehkranker Korrespondent darf sich hier eigentlich nicht beklagen. In Ottos Schwarzwaldstube gleich um die Ecke bekommen wir bestes Brot und selbst Riesling, Äppelwoi oder Weißbier, falls es einen danach gelüsten sollte. Es gibt Gummibärchen, importierten Scheibenkäse und auch sonst so ziemlich alles, was des Teutonen Herz begehrt. Deutsche Bücher lassen sich in diversen Buchhandlungen auftreiben; Backpacker sind dort ihre zerlesenen Schwarten losgeworden.
Im Restaurant servieren Thailänderinnen im Dirndl Currywurst und Leberkäs. Es gibt sogar meinen geliebten Löwensenf; den habe ich in Nairobi, wo wir vorher waren, immer schrecklich vermisst. Besucher aus Deutschland mussten ihn tubenweise nach Kenia mitschleppen. Es gibt eben Dinge, für die findet man nur schwer Ersatz. Senf gehört für mich dazu.
Einwandfrei läuft in Thailand auch die Versorgung mit deutschem Fernsehen und Filmen aus der Heimat: Save.tv heißt der Zauber. Aus dem Internet laden wir uns nachts die "Tatort"-Folgen herunter, die wir am nächsten Abend gucken. Oder auch Bundesliga. Wobei das nicht mehr allzu viel Spaß macht, wenn man das Ergebnis schon kennt.
Um das kulturelle Angebot abzurunden, schreiben sich ein paar hängengebliebene deutsche Auswanderer in einer Postille namens "Tip" jede Woche den Frust von der Seele. Etwas betulicher berichtet das deutschsprachige "Pattaya-Blatt", und ein gewitzter junger Mann betreibt sogar einen deutschsprachigen Radiosender, in dem Heino und die Spatzelruter Fichten (oder so) gespielt werden. Oktoberfest wird hier an jeder Ecke gefeiert, im Frühjahr gibt es im deutschen Biergarten Grünkohlessen, und am Tag der Deutschen Einheit macht die Botschaft irgendwas.
Ansonsten sind die Thailänder gastfreundlich. Sie produzieren Kartoffelchips mit Bratwurstgeschmack ("Germän Sausäge") und haben ein Bier kreiert, das Federbräu heißt. Nur manchmal treiben sie es für meinen Geschmack etwas zu weit. Neulich begegnete mir auf der vielbefahrenen Sukhumvit ein gutgelaunter Herr im Hakenkreuz-T-Shirt. Und auch sonst findet man Nazi-Symbole an fast jeder Ecke: Zigarettenetuis mit Hakenkreuzen, Plastikstahlhelme mit SS-Runen, die bei den Mopedfahrern in Pattaya so beliebt sind, oder Sticker, Aufnäher, Schweißbänder oder Piratentücher mit dem Hakenkreuz.
Auf dem Chatuchak-Wochenendmarkt verkaufen sie Nazi-Fahnen. Neulich wurde mir am Rande einer Demonstration der sogenannten Rothemden Hitlers "Mein Kampf" angeboten. Gelegentlich kreuzt eine schwarze Limousine mit Hakenkreuz-Standarte und einem Riesen-Hakenkreuz auf der Kühlerhaube meinen Weg. Motto: Deutschland, Deutschland übel alles.
In Thailand gibt's zwar keine deutsche Wurst, dafür aber Kartoffelchips mit Bratwurstgeschmack ("Germän Sausäge").
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