Melioidose, eine unterschätzte Tropenkrankheit

Und hier soll alles rein, was mit Gesundheit, dem Fiterhalten und dem Zipperlein kurieren zu tun hat: Ratschläge, welcher Doktor und welches Krankenhaus für was gut ist, wie man hier in Korat und dem Isaan fit bleiben kann ohne arg zu "leiden" etc., oder in welcher Apotheke man was finden kann.
Benutzeravatar
KoratCat
Thailand-Forum-Administrator
Beiträge: 7869
Registriert: Sa Jul 22, 2006 11:00 am
Wohnort: Non Sung/Korat (Frankfurt/M)
Kontaktdaten:

Melioidose, eine unterschätzte Tropenkrankheit

Ungelesener Beitragvon KoratCat » Sa Aug 18, 2007 6:11 pm

Eine unterschätzte Tropenkrankheit, die tötet

Ein in Europa kaum bekanntes Bakterium kann innert Tagen töten. Zu seinen Opfern zählen Gärtner in Australien, Bauern in Thailand und Touristen. Eine Schweizerin erforscht es.

Von Barbara Vonarburg, Darwin

Mirjam Kästli kauert am Boden und schaufelt ein wenig Erde aus dem Loch, das ihre Kollegin soeben mit einer Bohrstange ausgehoben hat. Die Hände mit Latexhandschuhen geschützt, führt die Schweizer Forscherin die vermeintlich schmutzige Arbeit mit peinlich sauberen Geräten durch, damit die ausgehobene Erde auf keinen Fall verunreinigt wird.

Kästli ist Mikrobiologin und arbeitet im nordaustralischen Darwin an der Menzies School of Health Research (MSHR). In den Bodenproben, die sie in Darwin und in der Umgebung sammelt, sucht sie nach einem Bakterium, das Mensch und Tier töten kann: Burkholderia pseudomallei. «Dieses Bakterium kommt natürlicherweise im Boden der Tropen vor, vor allem in Südostasien und Nordaustralien», erklärt die Forscherin.

Der Erreger kann Melioidose auslösen – eine Krankheit, die unter anderem zu Abszessen, Lungenentzündung oder akuter Blutvergiftung führt. In Thailand sterben 50 Prozent der Patienten, die mit Melio-idose ins Spital eingeliefert werden, in Darwin endeten innerhalb des vergangenen Jahres 4 von 25 bekannten Fällen tödlich.

Wie viele Opfer es weltweit gibt, ist ungewiss. Denn Melioidose kann verschiedene Symptome erzeugen und wird deshalb von vielen Ärzten nicht, oder nicht rechtzeitig erkannt. Zudem sei die Behandlung schwierig und langwierig, erklärt Bart Currie, Leiter der Abteilung für Tropenkrankheiten am MSHR. Denn die Bakterien sind gegen viele Antibiotika resistent. Die Therapie mit teuren Medikamenten dauert bis zu 6 Monate. Besonders gefährdet sind Menschen mit einem geschwächten Immunsystem. Zu den Risikofaktoren zählen vor allem Diabetes, Lungen- und Nierenkrankheit, sowie Alkoholismus.

Ansteckung durch Wunde

«Gärtnerkrankheit» wird die Infektion in Darwin genannt. Denn anstecken kann man sich, wenn man durch eine Wunde mit kontaminierter Erde oder entsprechendem Wasser in Berührung gerät. «Also durch einen Kratzer an Händen oder Füssen», sagt Kästli. «In Thailand sind vor allem Reisbauern davon betroffen.» Aber auch Touristen aus Europa seien schon an Melioidose erkrankt. In letzter Zeit waren es vor allem Überlebende der Tsunami-Katastrophe.

Das Schweizerische Medizinische Forum berichtete aber schon 2001 von einem bis dahin gesunden 25-jährigen Schweizer, der mit 40 Grad Fieber und Husten aus Thailand heimkehrte. Der Patient hatte Glück, dass die Ärzte im Universitätsspital Zürich Material aus seinen Bronchien untersuchten und darin das Bakterium B. pseudomallei nachwiesen. Nach einer viermonatigen Antibiotika-Behandlung war der Mann wieder gesund.

Für einen 29-jährigen Österreicher gab es hingegen keine Rettung mehr, wie eine andere Fachzeitschrift berichtete. Der Diabetiker wurde nach seinen Thailand-Ferien mit mehrfachem Organversagen in ein Wiener Spital eingeliefert und starb auf der Intensivstation. In seinem Blut fand sich ebenfalls der Erreger B. pseudomallei. Bei jedem Reisenden, der mit Fieber aus Südostasien zurückkehre, sollte an die Möglichkeit einer Melioidose gedacht werden, raten deshalb die Zürcher Ärzte.

Besonders heimtückisch: Die Krankheit kann schon nach ein paar Tagen zum Tod führen oder erst Jahre nach dem Kontakt mit dem Erreger ausbrechen. So erkrankten amerikanische Vietnam-Veteranen erst 25 Jahre nach dem Krieg an Melioidose. Weil es sich vor allem um Mitglieder von Helikoptercrews handelte, vermuten die Forscher, dass auch das Einatmen des Bakteriums gefährlich sein kann. Dafür spreche auch die Tatsache, dass es in Darwin mehr Fälle gebe, wenn es während der Regenzeit besonders heftige Stürme gebe, sagt Kästli.

Das Geschenk von Mao Zedong

B. pseudomallei kann nicht nur Menschen krank machen, sondern auch Tiere. Gefährdet sind vor allem eingeführte Tiere wie Schafe, Schweine, Kamele und Pferde. Besonders anfällig scheinen Ziegen zu sein. Das sei möglicherweise ein Grund dafür, warum es in Nordaustralien keine wilden Ziegenherden gebe, vermutet Kästli. Hingegen sind Wasserbüffel und Krokodile relativ resistent gegen die Krankheit. Diese Tiere leben seit Jahrtausenden mit dem Bakterium, das oft in feuchter, schlammiger Erde vorkommt. Man vermutet deshalb, dass sie eine Art Immunität erworben haben.

In den 1970er-Jahren sprang ein Melio-idose-Ausbruch in einem Pariser Zoo auf andere Zoos und Reitklubs über. Eine Reihe von Tieren und mindestens zwei Menschen starben. Man vermutete, dass ein infizierter Panda Ursprung der Seuche war - ein Geschenk von Mao Zedong.

Noch weiss man wenig über den tödlichen Keim, denn jahrzehntelang gab es kaum Geld für Forschungsprojekte. Das habe sich jetzt geändert, sagt die Schweizer Forscherin. Vor allem die USA engagieren sich heute bei der Erforschung von B. pseudomallei, weil das Bakterium als Biowaffe eingesetzt werden könnte. Tatsächlich wurde ein eng verwandter Erreger, Burkholderia mallei, bereits als Waffe verwendet: Im Ersten Weltkrieg verbreiteten deutsche Truppen das Bakterium und steckten damit Pferde und Maultiere der russischen Armee an.

Die Japaner sollen im Zweiten Weltkrieg Experimente mit B. mallei an Kriegsgefangenen und Tieren durchgeführt haben. Und möglicherweise wurde der Erreger auch im Afghanistan-Konflikt zwischen 1982 und 1984 eingesetzt. Man nimmt zudem an, dass die ehemalige Sowjetunion in ihrer Biowaffen-Forschung bereits mit B. pseudomallei gearbeitet hat.

Über 1500 Bodenproben

In Darwin erforschen Bart Currie und seine Mitarbeiter die natürliche Ausbreitung des gefährlichen Erregers. «Wir wollen herausfinden, wo B. pseudomallei vorkommt und welche Umweltfaktoren dabei eine Rolle spielen», erklärt Kästli. Im Labor stehen fünf grosse Kisten, gefüllt mit Bodenproben, verpackt in kleine Plastikbehälter. «Wir haben seit Juni 2006 insgesamt 783 Löcher gegraben und 1566 Bodenproben gesammelt», erzählt Kästli. Während diese Bakterien früher in einem langwierigen Prozess von den Bodenproben kultiviert werden mussten, wird nun die DNA der Bakterien direkt aus der Erde detektiert – ein viel schnelleres und empfindlicheres Verfahren. Zurzeit laufen die Analysen auf Hochtouren. Die Mikrobiologin arbeitet dabei mit Geologen und Experten für geografische Informationssysteme (GIS) zusammen.

Mehr Keime wegen Bewässerung

In welchen Proben steckt das gesuchte Bakterium? Wo fehlt es? Welche Faktoren wie Bodenbeschaffenheit, Vegetation oder externe Umweltbedingungen beeinflussen sein Vorkommen? Diese Fragen wollen die Forscher beantworten. Nach der Analyse von 400 Proben gibt es erste Hinweise: Das Bakterium tritt vor allem in feuchter Erde entlang bestimmten Flussläufen und Abflüssen und in Regionen mit einem tonhaltigen Boden auf. Externe Umwelteinflüsse wirken sich auf das Vorkommen der Bakterien in der obersten Bodenschicht aus; so fanden die Forscher den Erreger oft auch dort, wo die Erde umgegraben wurde, beispielsweise bei Bauarbeiten. Zudem führt offenbar künstliche Bewässerung von Gärten oder Sportplätzen zu einem erhöhten Auftreten der Keime.

Bereits gibt es auch unerwartete Resultate: Obwohl die Forscher vermuteten, dass das Bakterium nur in feuchter Erde überleben kann, fanden sie es vereinzelt auch an völlig trockenen Orten. Und wieso tritt der Erreger vermehrt an Plätzen auf, an denen sich einheimische Tiere aufgehalten haben? Weil sie hier die Erde aufgescharrt haben oder weil bei der Umwandlung von Urin Stoffe freigesetzt wurden, die den Keimen als Nährstoffe dienen?

Ziel dieser Arbeiten ist es auch, Risikokarten aufzuzeichnen, die zeigen, wer dieser Gefahr besonders ausgesetzt ist. «B. pseudomallei aus dem Boden zu eliminieren, ist allerdings schwierig, da es in Nordaustralien ein normales Bodenbakterium ist», sagt Kästli. So fanden die Forscher auf einem in der Regenzeit teilweise überschwemmten Fussballfeld eine hohe Konzentration dieser Bakterien. Und tatsächlich hatte sich dort ein Fussballspieler infiziert. Der Experte Bart Currie riet deshalb, das Feld trocken zu legen. Nun sollen Folgemessungen zeigen, ob damit die Konzentration der Erreger erfolgreich reduziert werden konnte.

Tagesanzeiger 18. August 2007
Es gibt nichts Gutes, ausser man tut es! Erich Kästner, 1899 - 1974

Zurück zu „Gesund u. Fit Bleiben in Thailand“



Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 161 Gäste