Burmas Militärs konfiszieren Hilfslieferungen

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Burmas Militärs konfiszieren Hilfslieferungen

Ungelesener Beitragvon newsclip » Sa Mai 10, 2008 7:56 pm

Burmas Militärs konfiszieren Hilfslieferungen

Der erste Uno-Hilfslaster ist von Thailand nach Burma gerollt - doch dort wurden die Waren beschlagnahmt, die Lkw erstmal umgeleitet. Die Situation an der Grenze ist grotesk, beobachtete ein SPIEGEL-ONLINE-Reporter: Schwarzhändler machen Geschäfte mit der Not.

Mae Sot – Die Geschäfte laufen gut dieser Tage für Soi Win. Der 42-jährige Burmese lädt am Samstagmorgen die Fracht seines Lasters auf zwei kleinere Jeeps. Ein paar Meter weiter von ihm ist der Grenzposten des thailändischen Zolls, hinter dem die "Brücke der Freundschaft" beginnt. Über den schal-grünen Fluss Moei führt sie direkt nach Burma.

Dorthin soll auch Wins Ware. Schweißkabel hat er heute mitgebracht und leichte Stahlträger für Dächer. "Die da drüben", lacht er, "brauchen gerade alles, da ist viel wieder aufzubauen".

Bei dem Geschäft mit dem Wiederaufbau des vom Zyklon geschundenen Lands hilft Win gerne, denn für ihn lohnt es sich, sehr sogar. Etwa 1000 Euro hat er für seine Ladung in Thailand bezahlt. Nach der "beschwerlichen Reise" in die burmesische Großstadt Rangun, gute vier Tage von hier entfernt, will er 8000 Euro dafür bekommen.

Denn dort auf den Märkten sind die Preise längst explodiert, nicht nur für Lebensmittel. Alles ist jetzt absurd teuer. Als Wucherer will sich Win trotzdem nicht sehen. "Ich mache ein Geschäft", sagt er, "aber ich helfe doch auch".

Kaum Nahrungsmittel - die müssten ja abgegeben werden

Probleme mit den Behörden Burmas oder dem Militär gibt es für den Geschäftsmann Win nicht. "An der ein oder anderen Stelle muss man sicher ein wenig mit Geld oder mit Teilen der Ladung nachhelfen, um durchzukommen", sagt er, "doch das ist ja normal". Beim letzten Mal sei alles gut gegangen, das Militär habe "wohl anderes zu tun gerade".

Die Ware, so Win, ging in Rangun innerhalb von einer Stunde weg. "Ich habe das gleich vom Auto aus verkauft", berichtet er. Kurz darauf war er wieder auf dem Weg nach Thailand, neue Ware holen.

Im thailändischen Grenzörtchen Mae Sot hat sich die Geschäftsidee mit der desolaten Lage Burmas, das vor mehr als einer Woche verwüstet und bis heute ohne substantielle internationale Hilfe ist, mittlerweile rumgesprochen. Vor der Grenze stauen sich LKW und Kleintransporter, vollgepackt mit allem, was man in Burma gerade braucht: Nahrungsmittel, auf den ersten Blick erstaunlich, sind selten dabei.

Katastrophenprofiteur Win hat dafür eine einfache, gleichsam mehr als zynische Erklärung. "Essen müssen sie auf dem Weg immer wieder umsonst abgeben", sagt er trocken, "man will ja kein Unmensch sein".

So grotesk der florierende Schwarzmarkt von Mae Sot mit dreisten Händlern wie Win auch wirken mag, so normal ist er wohl für eine Krise dieses Ausmaßes. Wo Not ist, werden eben auch gute Geschäfte gemacht, das gibt es bei jeder Krise.

Tagelang musste die Uno dealen, um helfen zu dürfen

Gleichwohl aber symbolisiert der kleine Grenzort an Burmas eisernem Vorhang die absurde Lage, in die die Junta Burmas das eigene Volk mit ihrer Isolationspolitik gebracht hat. Denn anders als für Soi Win und seine Kollegen vom Schwarzmarkt ist die Grenze für internationale, kostenfreie Hilfe bisher verschlossen.

Erst heute, neun Tage nach der Katastrophe, ging das Tor auf - wenn auch nur für einen kurzen Moment um 12.45 Uhr. Beflaggt mit einem weiß-blauen Banner des Uno-Flüchtlingshilfswerks rollten zwei Laster mit 20 Tonnen Plastikplanen im Schritttempo über den Moei, passierte Burmas Militär und sollen nun schnellstmöglich nach Rangun weiterfahren.

So wahnwitzig wie es sich anhört - diese 20 Tonnen, weniger als der sprichwörtliche Tropfen auf den heißen Stein, sind die erste internationale Hilfslieferung per Lkw. Die Planen für provisorische Unterkünfte werden mindestens eine Woche bis zu ihrem Ziel brauchen.

Der Transport, vor allem aber die Formalitäten, illustrieren die Starrköpfigkeit einer immer erratischeren Junta. Tagelang dealte das Uno-Flüchlingswerk (UNHCR) mit Burma, bis die Zusage kam. Vorher aber mussten die Organisatoren viele Bedingungen erfüllen. Nach Burma, so die strikte Bedingung des Militärs, dürfe kein einziger internationaler UNHCR-Mitarbeiter einreisen.

Weiter verhandeln - auch wenn es frustriert

Bis zum letzten Moment stand die Aktion Mae Sot auf der Kippe. Am Freitagabend hatte das World Food Program (WFP), ebenfalls ein Uno-Ableger, bereits kurzzeitig völlig entnervt alle weiteren Uno-Versuche der Hilfe für Burma abgesagt, da das burmesische Militär die Ladung von zwei Hilfsflugzeugen konfisziert hatte.

Stunden später aber entschied die Zentrale in Genf doch noch einmal anders. Die Uno, so die schlichte Erkenntnis, hat einfach keine andere Wahl, als weiter mit dem burmesischen Regime zu verhandeln - auch wenn es frustrierend ist.

Die Organisatoren des UNHCR-Transports waren am Samstag glücklich, auch wenn es noch einige Fragezeichen gibt. "Natürlich können wir durch die Auflagen nicht garantieren, dass der Transport nicht doch am Ende vom Militär übernommen wird", gibt die UNHCR-Frau Vivian Tan offen zu.

Sei weiß aber auch, wie wenige andere Chancen die Uno als Helfer hat. Wenn sie jegliche Hilfe verweigert, das ist mittlerweile allen klar, würde dies von Burma als Bestätigung interpretiert, der Westen wolle das Land ausbluten lassen.

Uno-Laster wurden beschlagnahmt

Ein Kamerateam des ZDF, das sich mit einem Tagesvisum als Touristen in die burmesische Grenzstadt geschmuggelt hatte, brachte kurz nach der Abfahrt der Laster aus Thailand jedoch beunruhigende Nachrichten aus Burma mit: Demnach wurde der Transport auf der burmesischen Seite vom Militär mehr oder minder beschlagnahmt. "Die beiden Laster", sagte ein ZDF-Reporter SPIEGEL ONLINE, "wurden vom Militär zu einem Kloster etwa einen Kilometer außerhalb gebracht und sollen dort eine Nacht bleiben."

Die Beobachtungen des ZDF-Manns deuten daraufhin, dass Burmas Militärs und nicht, wie zugesagt, das UNHCR die Hilfsgüter verteilen wollen. "Er beschrieb uns, das Militär werde die Verteilung selber übernehmen", sagte der ZDF-Reporter nach seiner Rückkehr aus Burma.

Für das UNHCR ist das schnelle Ende der ersten Hilfsmission in Burma ein herber Rückschlag. Damit scheint sich die Konfrontationspolitik der burmesischen Behörden fortzusetzen, die in den letzten Tagen immer wieder internationale Hilfsgüter beschlagnahmten.

Ob sich an der dramatischen Lage in Burma etwas ändern wird, ist damit mehr als ungewiss. Für Montag immerhin haben die Junta-Militärs einer US-Frachtmaschine grünes Licht für einen Hilfsflug nach Rangun erteilt.

In Mae Sot laufen bereits Vorbereitungen für weitere Flüge. Mehrere US-Hubschrauber, dringend benötigt für den Transport von Material in die am schlimmsten betroffenen Regionen, landeten dort am Samstag. Ob sie jedoch von hier aus jemals für humanitäre Missionen über Burma abheben können, wollten auch die US-Soldaten nicht prophezeien.

Für die Schwarzhändler wie Win ist der Samstag ein guter Tag. Mittlerweile dürfte er schon auf dem Weg in Richtung Rangun sein, um seine Wucher-Waren loszuwerden. Halten die burmesischen Militärs an ihrer Politik der Starrhalsigkeit fest, wird er noch viele Touren in die ehemalige Hauptstadt machen können.

Spiegel online 10. Mai 2008

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