Terrorfurcht im Urlaubsparadies

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KoratCat
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Terrorfurcht im Urlaubsparadies

Ungelesener Beitragvon KoratCat » Mo Apr 09, 2012 9:47 pm

Thailands Süden

Terrorfurcht im Urlaubsparadies

Im Süden Thailands tobt ein blutiger Krieg. Das Militär kämpft seit Jahren erfolglos gegen Extremisten, Schmuggler und Drogenbanden, Tausende Todesopfer sind bereits zu beklagen. Die Regierung ist hilflos, die Tourismusbranche fürchtet um den Ruf des Landes.

Es herrscht Krieg im Süden Thailands - und das schon seit 2004. Die Regierung geht dort gegen muslimische Extremisten vor, gegen Drogenbarone und Schmuggler. In den fünf Südprovinzen sind den Auseinandersetzungen bisher mehr als 5000 Menschen zum Opfer gefallen, unzählige weitere wurden verletzt. Fast täglich müsse mit Anschlägen gerechnet werden, warnt sogar das sonst eher zurückhaltende Auswärtige Amt in Berlin zur Vorsicht bei Reisen in die Region.

Erst am vorigen Wochenende schlugen Attentäter wieder zu. Diesmal traf es die Hotelanlage von Wanchai Leelasithorn. Der 74-jährige Selfmade-Mann begann eine Karriere als Fabrikarbeiter. Zäh und ehrgeizig arbeitete er sich nach oben. Vor 24 Jahren stieg er dann ins Hotelgewerbe ein und baute mit seinem Ersparten und Krediten das "Lee Garden Plaza Hotel" in Hat Yai, der Hauptstadt der thailändischen Südprovinz Songkhla.

Die Herberge war stets Wanchais ganzer Stolz: 405 Zimmer, 33 Stockwerke. Immer wieder hatte es Rückschläge gegeben: 2000 wurde das Hotel durch ein heftiges Hochwasser in Mitleidenschaft gezogen. 2004 wurde es bei Unruhen in Thailands tiefem Süden beschädigt. Den rührigen Hotelbesitzer konnte das nicht erschüttern. Er machte weiter.

Wanchai Leelasithorn gibt auch nach dem jüngsten Schlag nicht auf: Am vergangenen Samstag explodierte in der Tiefgarage des Hotelkomplexes eine Autobombe und verwüstete weite Teile der Anlage. Vier Tote und mehr als 300 Verletzte forderte die Explosion. Aber der Hotelier erklärte selbstbewusst: "Die Attentäter sollen wissen, dass sie uns durch ihre Aktionen nicht verschrecken können. Wir werden in Hat Yai trotzdem ein normales Leben führen. Aber wir werden nun wachsamer sein." Der Rauch über den Trümmern hatte sich noch nicht verzogen, als Wanchai mit den Aufräumarbeiten begann.

80 leere Patronenhülsen am Tatort

Für Thailands Süden war es ein Schreckenstag. Nicht nur in Hat Yai ging eine Bombe hoch. In Yala, der Hauptstadt der gleichnamigen Provinz, forderten mehrere Explosionen insgesamt neun Menschenleben und zahlreiche Verletzte. "Dieser Samstag war der schrecklichste Tag in Thailands langem Kampf gegen den Terrorismus," klagt die englischsprachige "Bangkok Post". In der Provinz Pattani verletzte zudem ein Sprengkörper einen hohen Verwaltungsmitarbeiter und drei weitere Beamte. "Ihr spielt mit Spielgeld. Ich spiele mit euren Leben", lautete die etwas wirre Botschaft, die der Attentäter hinterließ.

In der Nachbarprovinz Narathiwat eröffneten vier Terrorschützen auf offener Straße das Feuer auf einen Beamten der Bezirksverwaltung. Das Opfer konnte sich retten, indem es unter einen Lastwagen kroch und zurückschoss. 80 leere Patronenhülsen fand die Polizei später am Tatort. Insgesamt wurden in nur zwölf Stunden fast ein Dutzend Anschläge verübt.

Begonnen haben die Auseinandersetzungen schon vor Jahrzehnten: Seit den fünfziger Jahren versuchen die Sicherheitskräfte, die Provinzen zu befrieden, in denen der Anteil der Muslime zwischen 70 und über 90 Prozent liegt. Abgesehen von einer kurzen Atempause Ende der achtziger Jahre waren alle Bemühungen vergeblich. Thailands früherer Premierminister Thaksin versuchte es mit Härte, verhängte den bis heute geltenden Ausnahmezustand, ließ erbarmungslos durchgreifen und nahm keine Rücksicht auf Menschenleben. Im Oktober 2004 erstickten 78 Verdächtige in einem Lkw, als sie nach einer Demonstration bei einer brutalen Polizeiaktion festgenommen worden waren. Thaksins Nachfolger Abhisit hingegen suchte den Kompromiss mit den Aufständischen. Aber er war ebenso erfolglos wie Thaksin. Gewalt wurde zum Alltag in Thailands tiefem Süden.

Touristen-Hochburgen fürchten negative Auswirkungen

Auch die jetzige Regierung hat kein Konzept, wie sie den Terror in den Griff kriegen soll. Zwar tönte Vize-Premier Yutthasak Sasiprapha, die "Politik der Regierung im Süden ist erfolgreich". Das thailändische Isra-Institut beklagt dagegen die "klägliche Koordination zwischen den Regierungsbehörden". Armeechef Prayuth Chan-ocha erklärte, in den drei Grenzprovinzen zu Malaysia operierten verschiedene, zum Teil zersplitterte extremistische Gruppen, die die Grenzregion zu Malaysia in die Unabhängigkeit von der Zentralregierung im tausend Kilometer entfernten Bangkok bomben wollten. Sie seien den Behörden bekannt. Es handele sich um extremistische muslimische Thais, die sich von der Rebellentruppe der "Barisan Revolusi Nasional" abgesplittert hätten. "Wir schätzen, dass sie etwa 300 Anführer haben und bis zu 10.000 Anhänger. Vielleicht sind es nach einigen Festnahmen in der jüngsten Zeit auch nur noch 4000 bis 5000", rechnet der General vor.

Gegen die Guerillataktik dieser muslimischen Extremisten gebe es bisher kein erfolgversprechendes Rezept, sagt er und empfiehlt der Regierung als Konsequenz der jüngsten Attentatsserie Verhandlungen mit allen extremistischen Gruppen im Süden. "Wenn man nicht mit allen spricht, wird das nur zu neuer Gewalt führen", warnt der Armeechef. "Jede Fraktion kämpft dort derzeit darum, durch Gewalttaten ihren Anspruch auf die Führungsrolle innerhalb der zersplitterten Gruppierungen zu bekommen und dadurch auch andere Gruppen zu bewegen, sich ihr anzuschließen."

Doch während einige Verletzte der Anschläge vom Wochenende noch mit dem Tode ringen, streitet die Regierung darüber, ob Verhandlungen mit den Extremisten der richtige Weg zu einer friedlichen Lösung sind - und sorgt sich wieder einmal mehr um den Tourismus als um die Opfer. Kongkrit Hiranyakit vom "Tourism Council of Thailand" jammert, während des bevorstehenden thailändischen Neujahrsfestes Songkran würden dem Tourismusgewerbe im Süden mindestens 200 Millionen Baht (umgerechnet rund fünf Millionen Euro) entgehen. Die Regierung müsse nun schleunigst ein "Riesen-Event" organisieren, um das Image Thailands wieder aufzupolieren.

Und Tanit Sorat, Vize-Chef der "Federation of Thai Industries" sorgt sich, dass auch der Tourismus in Hochburgen wie Phuket, Krabi und Phangnga leiden könne. Die Tageszeitung "The Nation" kommentiert das Stimmengewirr der Behörden bitter, die Regierung müsse das Problem mit dem unruhigen Süden nun endlich realistisch und energisch angehen. Sonst werde die Attentatsserie der vergangenen Tage nicht die letzte ihrer Art gewesen sein.

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