Königin der Versprechen erbt Reich der Probleme

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KoratCat
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Königin der Versprechen erbt Reich der Probleme

Ungelesener Beitragvon KoratCat » Mo Aug 15, 2011 9:55 am

Thailands neue Ministerpräsidentin

Königin der Versprechen erbt Reich der Probleme

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Thailands Ministerpräsidentin: Yingluck Shinawatras Siegeszug


Ein Grenzkonflikt im Norden, Terror im Süden und eine gespaltene Gesellschaft: Thailands erste Ministerpräsidentin hat von ihrem Vorgänger große Probleme geerbt. Aber die erfolgreiche Geschäftsfrau bringt außer Charme auch die nötige Härte für den heiklen Job mit.

Somsak Kiatsuranont gilt als harter Mann. Seine Parteifreunde haben ihm wegen seiner direkten und unverblümten Art zu reden und zu handeln den Spitznamen "Hammer" gegeben.

Doch zu Beginn vergangener Woche zeigte sich der thailändische Parlamentspräsident ungewohnt unterwürfig: Im Empfangssaal des Siriraj-Hospitals in Bangkok warf er sich dem kranken König Bhumipol zu Füßen. Wie es das strenge thailändische Hofzeremoniell vorschreibt, nahm der Polit-Veteran auf einem Teppich liegend aus den Händen des greisen Herrschers das Dekret entgegen, das den politischen Wechsel im "Land des Lächelns" besiegelte: die Ernennung der 44-jährigen Yingluck Shinawatra zur ersten Regierungschefin Thailands.

In der blütenweißen Uniform der höheren thailändischen Beamtenschaft wartete die vom Parlament bereits mit überwältigender Mehrheit gewählte Ministerpräsidentin unterdessen in der Zentrale ihrer Pheu-Thai-Partei. Auch ihr Mann Anusorn Amornchat und ihr neunjähriger Sohn Supasek waren gekommen, um bei der Zeremonie dabei zu sein, die künftig in Thailands Geschichtsbüchern verzeichnet sein wird: Parlamentssekretär Pitoon überbrachte die Botschaft des Königs, verlas sie und legte sie dann vor einem übermannshohen Bildnis Bhumipols auf ein zierliches goldenes Tischchen.

Yingluck kniete vor dem Porträt nieder, dankte dem Monarchen und versicherte unter dem Jubel ihrer engsten Vertrauten: "Ich werde keiner einzelnen Gruppe dienen, sondern dem Land und dem gesamten thailändischen Volk." Erst in diesem Moment war die politische Senkrechtstarterin wirklich am Ziel: Sie ist die erste Frau, die das innerlich gespaltene südostasiatische Königreich regiert.

Erste Frau an der Spitze von Thailand

Dass mit ihr nun eine Frau an der Spitze der Regierung stehe, sei auf dem Weg zur inneren Versöhnung eher hilfreich als hinderlich, betonte sie in einer landesweit übertragenen Fernsehansprache. "Standhaftigkeit und Freundlichkeit sowie die Fähigkeit, unterschiedliche Meinungen aufzunehmen, können neue Möglichkeiten eröffnen, schwierige Probleme schnell zu lösen", betonte die frisch inthronisierte Regierungschefin.

Sie stammt aus einem weitverzweigten Familien-Clan, dessen Mitglieder seit Jahrzehnten Schlüsselpositionen in Wirtschaft, Politik und Militär besetzen. Zwei Familienmitglieder haben es bisher an die Regierungsspitze geschafft: Yinglucks Bruder Thaksin und dessen Schwager Somchai. Den Grundstein zur heutigen Macht des Clans hatte Urgroßvater Seng Sae Khu gelegt, der um 1860 aus China eingewandert war. Er war als Farmer und Seidenhändler erfolgreich. Später engagierte sich die Familie zusätzlich im Baugewerbe, im Transportwesen und im Immobiliengeschäft.

Thaksin schaffte dann in den neunziger Jahren den Durchbruch: In der IT-Branche machte er ein Milliardenvermögen, von 2001 bis 2006 war er Ministerpräsident. Nach seinem Sturz wurde er wegen Korruption zu einer Gefängnisstrafe verurteilt und floh aus Thailand. Doch selbst aus dem Exil zog er weiterhin die Fäden und setzte durch, dass die in den USA ausgebildete Yingluck, die in der Führungsetage des Familienkonzerns arbeitete, Spitzenkandidatin für die Wahl am 3. Juli für seine Pheu-Thai-Partei wurde.

Für die meisten Thais noch immer ein fast unbekanntes Wesen

Ihr Privatleben hat die erfolgreiche Geschäftsfrau vor ihrem Sprung in die Politik so sorgsam vor der Öffentlichkeit abgeschirmt, dass sie für die meisten Thais noch immer ein fast unbekanntes Wesen ist. Umso interessierter stürzen sich Medien und Öffentlichkeit jetzt auf jedes Detail, das sie über Vorlieben und Gewohnheiten der neuen Frau an der Spitze in Erfahrung bringen können.

Die Wirtschaftszeitung "The Nation" tut sich dabei besonders hervor. Sie rechnete anhand eines Fotos minutiös vor, was Yinglucks Outfit gekostet haben könnte: eine Perlenkette für rund 100.000 Baht (circa 2500 Euro), ein Armreif von Cartier, etwa 200.000 Baht, eine Hermes-Handtasche, die zwischen 100.000 und 200.000 Baht wert sei, ein Schal, ebenfalls von Hermes, für etwa 20.000 Baht und Schuhe, für die sie wahrscheinlich zwischen 70.000 und 100.000 Baht hätte hinlegen müssen.

In einem Land, in dem ein Lehrer rund 10.000 Baht im Monat verdient, sind das geradezu unvorstellbare Summen.

Das Blatt verrät außerdem, dass Parfum-Liebhaberin Yingluck für einen guten Duft mehr ausgibt, als mancher Arbeiter im Monat verdient: 4500 Baht. Zum Friseur gehe sie allerdings nur bei besonderen Gelegenheiten, kritisiert die Zeitung und rät ihr, sich künftig einen Haar-Stylisten zu suchen. Sie liebe Starbucks-Kaffee und fürchte sich vor Geckos, begleite ihren Sohn zu seinen Klavierstunden und zum Fußballtraining, gehe gerne in der Crystal-Park-Mall in Bangkok zum Shoppen und könne nach Berichten aus ihrer Umgebung bei der Arbeit im Gegensatz zu ihrem sanften Image herrisch und fordernd sein und Härte zeigen.

Yingluck muss aus dem Schatten des großen Bruders treten

Yingluck muss nun beweisen, dass sie diese Härte wirklich hat, dass mehr in ihr steckt als das vermeintliche Glamour-Girl, dass sie mehr ist als die Statthalterin Thaksins, dass sie mehr sein will als die Verwalterin einer Regierung des "Big Brother".

Die Probleme des Landes, die sie von Vorgänger Abhisit geerbt hat, sind groß: Der Grenzkonflikt mit Kambodscha schwelt noch immer. Thailands Süden wird von immer neuen Terroranschlägen erschüttert. Das Militär gilt als großer Unsicherheitsfaktor für die weitere demokratische Entwicklung des Landes. Die blutigen Unruhen vom vergangenen Jahr sind bei weitem nicht aufgearbeitet. Vor allem die soziale Situation birgt Sprengstoff: In kaum einem anderen Land klafft die Schere zwischen Arm und Reich so weit auseinander wie in Thailand.

Yingluck, die ihren Wahlkampf vorwiegend mit der Ankündigung sozialer Wohltaten bestritten hat, muss nun liefern: Jeder Schüler soll einen PC bekommen, jeder Universitätsabsolvent mit Bachelor-Abschluss ein garantiertes Anfangsgehalt von 15.000 Baht, jedes Dorf eine Millionen-Finanzspritze. Am heftigsten entzünden sich die Geister allerdings an ihrer Zusage, den Mindestlohn von derzeit 176 auf 300 Baht am Tag anzuheben. Die Wirtschaft läuft Sturm gegen dieses Vorhaben.

Symbolischer Akt: das Kabinett zu Füßen des Monarchen

Handelskammerpräsident Dusit malt ein schwarzes Bild für die Zukunft des wirtschaftlich florierenden Landes, wenn Yingluck ihr Versprechen einlöst: Die ausländischen Direktinvestitionen würden zurückgehen, die Produktionskosten steigen, die Wettbewerbsfähigkeit werde sinken und die Inflation wachsen. Kurzum: Thailand würde seine Marktposition in Asien und in der Welt dramatisch verschlechtern.

Die neue Ministerpräsidentin zeigt sich allerdings zuversichtlich: Sie werde alle ihre Kräfte einsetzen, um das Land zu einen, seinen Wohlstand zu mehren und Thailands Ansehen im Ausland zu steigern, versprach sie optimistisch, stellte ihr Kabinett - 22 Männer und nur zwei Frauen - vor und zog mit der gesamten neuen Regierungsmannschaft ins Siriraj-Hospital.

Auf dem blauen Teppich, auf dem Parlamentspräsident Somsak zu Beginn dieser für Thailand historischen Woche dem König seine Reverenz erwiesen hatte, legten nun Yingluck und ihr Kabinett ihren Amtseid ab. "Machen Sie Thailand in dieser durcheinander geratenen Welt zu einem Land, in dem es sich gut leben lässt", gab der alte Mann auf Thailands Thron der jungen Regierungschefin mit auf ihren Weg.

Die junge Frau, die Thailand in den kommenden vier Jahren regieren soll, bat allerdings erst einmal um sechs Monate Schonzeit. So lange brauchten sie und ihre Mannschaft, um sich einzuarbeiten. Nach dieser Frist werde allerdings jeder Minister auf den Prüfstand gestellt, ob er gute Arbeit geleistet habe, kündigte sie an. Für einige mag das wie eine Drohung geklungen haben.

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Es gibt nichts Gutes, ausser man tut es! Erich Kästner, 1899 - 1974

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