Bleibt Thailand verschont?
Verfasst: Sa Mär 12, 2011 9:58 am
Wie das Erdbeben den Tsunami auslöst
VON LUDWIG JOVANOVIC - zuletzt aktualisiert: 12.03.2011 - 02:30
Düsseldorf (RP). Die Gefahr eines Bebens vor der Küste liegt nicht nur in der Erschütterung des Landes. Auch der Meeresboden hebt und senkt sich – und mit ihm das Meerwasser. Auf dem offenen Meer ist der Tsunami nur schwer zu erkennen. Wenn sich die Welle aber einer Küste nähert, kann sich das Wasser mehrere Meter hoch auftürmen – mit katastrophalen Folgen.
Das Beben in Japan zählt zu den zehn stärksten, die jemals gemessen wurden. Und es ist kein Zufall, dass gerade dieses Land immer wieder von Erschütterungen heimgesucht wird: Japan liegt fast direkt auf dem sogenannten Pazifischen Feuerring – einem Gürtel rund um den Pazifischen Ozean, in dem Vulkanausbrüche und Erdbeben keine Seltenheit sind. Im Jahresdurchschnitt werden dort etwa 20 Erdbeben mit einer Stärke von mehr als 7,0 auf der Richter-Skala gemessen. Die Gründe dafür liegen in der Plattentektonik der Erde.
Der Boden unter unseren Füßen wirkt nur stabil, fest und unverrückbar. Tatsächlich bewegen wir uns wie bei einem Floß auf einer großen Platte, die auf zähflüssigem Magma in 80 bis 200 Kilometern Tiefe treibt – mit zwei bis 20 Zentimetern pro Jahr. Denn die Oberfläche der Erde ist nicht aus einem Guss. Vielmehr gleicht sie einer Glaskugel, die einmal hingefallen, zersplittert und wieder zusammengesetzt worden ist. Diese "Stücke" können auseinander treiben, so wie die Nordamerikanische und die Europäische Platte. Ihre Abgrenzung ist der sogenannte Mittelozeanische Rücken im Atlantik, wo Magma nach oben quillt und die Platten quasi auseinanderdrückt. Sie können aber auch zusammenstoßen. Und dort, wo die Pazifische Platte mit anderen Platten kollidiert, entsteht der Feuerring.
Das gestrige Beben wurde etwa 130 Kilometer von der Küstenstadt Sendai und 370 Kilometer nordöstlich von Tokio entfernt in 24 Kilometer Tiefe ausgelöst. Dort taucht die Pazifische unter die Ochotski-Platte, die nördlich von Japan liegt und sich mit einem Zentimeter pro Jahr nach West-Nord-West schiebt – während sich die Pazifische Platte mit etwa zehn Zentimeter pro Jahr in Richtung Nordwesten bewegt. Durch diese gegenläufige Platten-Bewegung bauen sich starke Spannungen im Gestein auf. Das ist in etwa so, als ob zwei Platten sich verhakt hätten und nun mit aller Kraft auseinandergezogen werden – bis sie plötzlich voneinander loskommen.
Die aufgestaute Spannung wird als Energie freigesetzt – in Form von Wellen, die sich nach allen Seiten ausbreiten. Es kommt zu einem Erdbeben. Seine Stärke hängt davon ab, wie groß die Verschiebung ist und über welcher Fläche sie stattfindet. In Japan erreichte es gestern einen Wert von 8,9 auf der Richterskala.
Ungewöhnlich daran ist, dass es erst zwei Tage zuvor, am 9. März, bereits zu einem Erdbeben vor der japanischen Küste gekommen war. Und das nur etwa 40 Kilometer nordöstlich vom Epizentrum des "großen" Bebens von gestern. Mit einer Stärke von 7,2 war es indes 300 Mal schwächer. Und normalerweise steht das stärkste Beben am Anfang einer solchen Serie und folgt nicht erst später.
Solche Beben vor der Küste lösen Tsunamis aus. Der Grund liegt darin, dass das Beben selbst in einer Tiefe von 24 Kilometern entstand. Aus geologischer Sicht ist das zwar nicht besonders tief. Aber dadurch hebt und senkt sich der Meeresboden – und mit ihm steigt die gesamte "Wassersäule" auf, die über dem Meeresboden liegt. Von der Schwerkraft wird das Wasser dann wieder heruntergezogen. Der Tsunami entsteht. Im Gegensatz zu normalen Wellen, bei denen sich nur die Meeresoberfläche bewegt, wird so sehr viel mehr Masse verschoben, und darum steckt auch sehr viel mehr Energie in dem Tsunami.
Diese gewaltige Wasserbewegung pflanzt sich kreisförmig fort und ist im offenen Meer kaum zu erkennen. Oftmals bewegt sich das Wasser dort nur um wenige Zentimeter bis Dezimeter. Dafür bewegt sich die Tsunami-Welle mit bis zu 950 Kilometern pro Stunde sehr schnell fort. An einer Küste wird die Welle allerdings abgebremst. Sie wird dadurch quasi gestaucht und türmt sich auf – bis zu zehn Meter wie gestern in Japan. Allerdings hängt das von der geologischen Beschaffenheit der Küste ab. Und in Japan ist sie besonders steil.
Die Folgen einer solchen Welle sind katastrophal. Denn auch wenn Wasser meist wenig gefährlich, geradezu "weich" erscheint – ein Würfel mit einem Meter Kantenlänge, das entspricht etwa einem Elektro-Herd, wiegt eine Tonne. In einer zehn Meter hohen Wasserwand stehen aber zehn solcher eine Tonne schweren "Würfel" übereinander und stürzen über das Land herein.
Um diese Wellen rechtzeitig zu erkennen, wurde nach der Tsunami-Katastrophe Ende 2004 im Pazifik ein elektronisches Frühwarn-Netz aufgebaut: Dazu gehören Erdbeben-Sensoren, mit denen innerhalb von zwei Minuten der Ort und die Stärke eines Erdbebens festgestellt werden kann. Doch die alleine reichen nicht aus, um den Tsunami zu erfassen. Darum messen Drucksensoren am Meeresboden bis in den Millimeter-Bereich Schwankungen der Wassersäule, die auf ihnen lastet. Diese Daten senden sie drahtlos an Bojen, die Daten zur Bewegung der Meeresoberfläche aufnehmen. Damit sichern sie die Messwerte der Unterwasser-Sensoren ab und rechnen zudem die normale Wellenbewegung des Meeres heraus. Die Bojen wiederum senden die Daten per Satellit an das bereits 1949 gegründete "Pacific Tsunami Warning Center" auf Hawaii, das heute als internationales Warnzentrum für den gesamten Pazifikraum, den Indischen Ozean und die Karibik arbeitet.
Quelle: RP
VON LUDWIG JOVANOVIC - zuletzt aktualisiert: 12.03.2011 - 02:30
Düsseldorf (RP). Die Gefahr eines Bebens vor der Küste liegt nicht nur in der Erschütterung des Landes. Auch der Meeresboden hebt und senkt sich – und mit ihm das Meerwasser. Auf dem offenen Meer ist der Tsunami nur schwer zu erkennen. Wenn sich die Welle aber einer Küste nähert, kann sich das Wasser mehrere Meter hoch auftürmen – mit katastrophalen Folgen.
Das Beben in Japan zählt zu den zehn stärksten, die jemals gemessen wurden. Und es ist kein Zufall, dass gerade dieses Land immer wieder von Erschütterungen heimgesucht wird: Japan liegt fast direkt auf dem sogenannten Pazifischen Feuerring – einem Gürtel rund um den Pazifischen Ozean, in dem Vulkanausbrüche und Erdbeben keine Seltenheit sind. Im Jahresdurchschnitt werden dort etwa 20 Erdbeben mit einer Stärke von mehr als 7,0 auf der Richter-Skala gemessen. Die Gründe dafür liegen in der Plattentektonik der Erde.
Der Boden unter unseren Füßen wirkt nur stabil, fest und unverrückbar. Tatsächlich bewegen wir uns wie bei einem Floß auf einer großen Platte, die auf zähflüssigem Magma in 80 bis 200 Kilometern Tiefe treibt – mit zwei bis 20 Zentimetern pro Jahr. Denn die Oberfläche der Erde ist nicht aus einem Guss. Vielmehr gleicht sie einer Glaskugel, die einmal hingefallen, zersplittert und wieder zusammengesetzt worden ist. Diese "Stücke" können auseinander treiben, so wie die Nordamerikanische und die Europäische Platte. Ihre Abgrenzung ist der sogenannte Mittelozeanische Rücken im Atlantik, wo Magma nach oben quillt und die Platten quasi auseinanderdrückt. Sie können aber auch zusammenstoßen. Und dort, wo die Pazifische Platte mit anderen Platten kollidiert, entsteht der Feuerring.
Das gestrige Beben wurde etwa 130 Kilometer von der Küstenstadt Sendai und 370 Kilometer nordöstlich von Tokio entfernt in 24 Kilometer Tiefe ausgelöst. Dort taucht die Pazifische unter die Ochotski-Platte, die nördlich von Japan liegt und sich mit einem Zentimeter pro Jahr nach West-Nord-West schiebt – während sich die Pazifische Platte mit etwa zehn Zentimeter pro Jahr in Richtung Nordwesten bewegt. Durch diese gegenläufige Platten-Bewegung bauen sich starke Spannungen im Gestein auf. Das ist in etwa so, als ob zwei Platten sich verhakt hätten und nun mit aller Kraft auseinandergezogen werden – bis sie plötzlich voneinander loskommen.
Die aufgestaute Spannung wird als Energie freigesetzt – in Form von Wellen, die sich nach allen Seiten ausbreiten. Es kommt zu einem Erdbeben. Seine Stärke hängt davon ab, wie groß die Verschiebung ist und über welcher Fläche sie stattfindet. In Japan erreichte es gestern einen Wert von 8,9 auf der Richterskala.
Ungewöhnlich daran ist, dass es erst zwei Tage zuvor, am 9. März, bereits zu einem Erdbeben vor der japanischen Küste gekommen war. Und das nur etwa 40 Kilometer nordöstlich vom Epizentrum des "großen" Bebens von gestern. Mit einer Stärke von 7,2 war es indes 300 Mal schwächer. Und normalerweise steht das stärkste Beben am Anfang einer solchen Serie und folgt nicht erst später.
Solche Beben vor der Küste lösen Tsunamis aus. Der Grund liegt darin, dass das Beben selbst in einer Tiefe von 24 Kilometern entstand. Aus geologischer Sicht ist das zwar nicht besonders tief. Aber dadurch hebt und senkt sich der Meeresboden – und mit ihm steigt die gesamte "Wassersäule" auf, die über dem Meeresboden liegt. Von der Schwerkraft wird das Wasser dann wieder heruntergezogen. Der Tsunami entsteht. Im Gegensatz zu normalen Wellen, bei denen sich nur die Meeresoberfläche bewegt, wird so sehr viel mehr Masse verschoben, und darum steckt auch sehr viel mehr Energie in dem Tsunami.
Diese gewaltige Wasserbewegung pflanzt sich kreisförmig fort und ist im offenen Meer kaum zu erkennen. Oftmals bewegt sich das Wasser dort nur um wenige Zentimeter bis Dezimeter. Dafür bewegt sich die Tsunami-Welle mit bis zu 950 Kilometern pro Stunde sehr schnell fort. An einer Küste wird die Welle allerdings abgebremst. Sie wird dadurch quasi gestaucht und türmt sich auf – bis zu zehn Meter wie gestern in Japan. Allerdings hängt das von der geologischen Beschaffenheit der Küste ab. Und in Japan ist sie besonders steil.
Die Folgen einer solchen Welle sind katastrophal. Denn auch wenn Wasser meist wenig gefährlich, geradezu "weich" erscheint – ein Würfel mit einem Meter Kantenlänge, das entspricht etwa einem Elektro-Herd, wiegt eine Tonne. In einer zehn Meter hohen Wasserwand stehen aber zehn solcher eine Tonne schweren "Würfel" übereinander und stürzen über das Land herein.
Um diese Wellen rechtzeitig zu erkennen, wurde nach der Tsunami-Katastrophe Ende 2004 im Pazifik ein elektronisches Frühwarn-Netz aufgebaut: Dazu gehören Erdbeben-Sensoren, mit denen innerhalb von zwei Minuten der Ort und die Stärke eines Erdbebens festgestellt werden kann. Doch die alleine reichen nicht aus, um den Tsunami zu erfassen. Darum messen Drucksensoren am Meeresboden bis in den Millimeter-Bereich Schwankungen der Wassersäule, die auf ihnen lastet. Diese Daten senden sie drahtlos an Bojen, die Daten zur Bewegung der Meeresoberfläche aufnehmen. Damit sichern sie die Messwerte der Unterwasser-Sensoren ab und rechnen zudem die normale Wellenbewegung des Meeres heraus. Die Bojen wiederum senden die Daten per Satellit an das bereits 1949 gegründete "Pacific Tsunami Warning Center" auf Hawaii, das heute als internationales Warnzentrum für den gesamten Pazifikraum, den Indischen Ozean und die Karibik arbeitet.
Quelle: RP