Ungelesener Beitragvon koratwerner (†2012) » Mi Apr 28, 2010 9:45 am
Thailands alte Ordung zerfällt
KSTA.de, von Willi Germund, 27.04.10, 22:49h
Unfähig zum Kompromiss, wehrt sich die alte Elite in Thailand noch mit Händen und Füßen. Die Konsequenz: Gewalt auf den Straßen. Premier Abhisit hofft nun auf das Wetter. Bei Monsum müssen die feindlichen Rothemden zurück auf ihre Felder.
Drei Dinge, das glauben Firmenmanager in Thailand zu wissen, prägen das Betriebsklima im „Land des Lächelns“. „Sabai“, es muss gut gehen, „Sanook“, es muss Spaß machen und „Saduwak“, es muss angenehm sein. Jedes dieser Prinzipien ist dem südostasiatischen Königreich abhanden gekommen, seit die Rothemden der „Union gegen Diktatur und für Demokratie“ (UDD) die sofortige Auflösung des Parlaments und Neuwahlen in Bangkok fordern. Auch eine andere thailändische Eigenart scheint nicht zu funktionieren. Man wartet, bis ein Problem von selbst verschwindet.
Aber die „Khwai“, die Büffel aus den Provinzen, wollen trotz des wachsenden Zorns der Städter in Bangkok nicht verschwinden - und damit wächst die Gefahr, dass Thailänder zu einer probaten Methode greifen: Probleme werden mit Gewalt gelöst. Mit über 5000 Morden auf 100 000 Einwohner im Jahr 2006 liegt Thailand laut UN an 14. Stelle in der Welt. Bei Morden mit Waffen schafft das Land es sogar auf den vierten Platz.
Wie dünn die Oberfläche ist, unter der die Gewalt schlummert, wurde am 10. April deutlich. In wenigen Minuten verwandelten Teile Bangkoks sich in einen Hexenkessel, dem 18 Zivilisten und fünf Soldaten zum Opfer fielen und über 800 Menschen verletzt wurden. Seither starren beide Seiten gebannt aufeinander, beharren auf ihren Forderungen und können sich nicht entscheiden, einen Kompromiss anzustreben. Nicht einmal König Bhumibol will die Richtung weisen. Alt und krank vereidigte er neue Richter, murmelte etwas über Pflichterfüllung und ließ den Teil der Nation ratlos zurück, der auf ein deutliches Wort gehofft hatte.
Thailands alte Ordnung zerfällt. Die alte Elite wehrt sich noch mit Händen und Füßen gegen ihren Niedergang und ist so verblendet, dass sie ihre beste Zukunftschance, einen Kompromiss, nicht nutzt. Die Rothemden wiederum sind nur mit einem Vorhaben in die Hauptstadt eingerückt: Sie wollten die Regierung stürzen. Das gelang nicht. Nun wissen auch sie nicht weiter.
Der Premier Abhisit strangulierte die Meinungsfreiheit, um die Rothemden mundtot zu machen und hofft nun auf das Wetter. Im Mai wird der Monsun erwartet. Dann müssen die Rothemden zurück auf ihre Felder, um die Aussaat vorzubereiten. Der Wettergott mag helfen. Das Problem beseitigt er nicht. Als die Militärs im September 2006 den mit großer Mehrheit gewählten damaligen Premierminister Thaksin Shinawatra stürzten, schwieg Abhisit. Im Herbst 2008 ließ er sich auf einen von den Militärs eingefädelten Hinterzimmerdeal ein, mit dessen Hilfe er zum Premierminister ernannt wurde.
Wer Wahlen stiehlt, wer Militärcoups unterstützt, muss irgendwann die Zeche zahlen. Nun ist der Zahltag für die Elite Bangkoks gekommen. Plötzlich stehen die Thailänder, deren Stimme seit 2006 mehrfach gestohlen wurde, im Zentrum der Hauptstadt und protestieren lautstark.
„Macht nichts“, sagt man in Thailand, wenn es unübersichtlich wird. Aber langsam wird der Schaden spürbar. Plötzlich fallen die Touristenzahlen. Bangkoks Straßen sind abends leer. Solche Vorsicht ist angeraten. Denn es mag im Augenblick relativ friedlich sein. Aber das kann sich jeden Augenblick ändern.
Es ist nicht schwer zu wissen wie man etwas macht,
aber es ist schwer es auch zu tun!