Chinesische Kasinos in Laos

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koratwerner (†2012)
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Chinesische Kasinos in Laos

Ungelesener Beitragvon koratwerner (†2012) » Mo Dez 14, 2009 5:03 am

Kasinokapitalismus statt Hammer und Sichel

Wie chinesische Spielhöllen das Goldene Dreieck im Norden von Laos erobern
In wirtschaftlichen Sonderzonen machen sich im Norden von Laos chinesische Spielkasinos breit. Aus China kommen nicht nur die Kunden, sondern auch das Sicherheitspersonal und die Prostituierten.

Kurt Pelda, Tonpheung

Die Piste schlängelt sich dem Mekong-Fluss entlang durch Reisfelder und vereinzelte Weiler. Es ist Trockenzeit, und die wenigen Autos wirbeln viel Staub auf. Manche Felder sind bereits abgeerntet. Auf andern schneiden Bäuerinnen die Halme büschelweise ab. Sie tragen breitkrempige Hüte und haben ihre Gesichter und Nacken mit Tüchern verhüllt. Nebenan dreschen die Männer den Reis auf ausgebreiteten Plastic-Planen. Anders als in den thailändischen Dörfern jenseits des Mekong stehen die Holzhäuser hier auf Pfählen. Vor ihnen flattern auffällig viele Fahnen: links jeweils die rot-blau-rote laotische Flagge und rechts die rote der Lao People's Revolutionary Party (LPRP) mit Hammer und Sichel.

Brandenburger Tor im Urwald

Was auf den ersten Blick wie das kommunistische Bauernparadies aussieht, entpuppt sich schnell als Spuk. An mehreren Stellen sind auf der holprigen Piste schwere Baumaschinen im Einsatz. Schon bald soll Tonpheung im Goldenen Dreieck mit einer Teerstrasse erschlossen sein. In Erwartung von mehr Verkehr und Touristen schiessen nun Tankstellen, Marktstände und Kioske am Strassenrand aus dem Boden.

Es ist wohl kein Zufall, dass die Parteifahnen immer rarer werden, je mehr sich das Auto dem Goldenen Dreieck nähert. Da, wo Laos, Thailand und Burma zusammentreffen, entstehen mitten im inzwischen gerodeten Urwald mit Palmen gesäumte Alleen. Die vierspurige Hauptstrasse trägt den vielversprechenden Namen Park Avenue. Viele der Palmen sind aber noch etwas schütter. Schilder warnen auf Chinesisch davor, die zarten Bäumchen zu beschädigen. Bei Zuwiderhandlung droht ein Bussgeld von 200 chinesischen Yuan (knapp 30 Franken). Dies entspricht mehr als zwei durchschnittlichen Wochenlöhnen im Armenhaus Laos.

Unten am Ufer des Mekong steht in riesigen roten Lettern auf Englisch, Chinesisch und Laotisch: «Willkommen in der wirtschaftlichen Sonderzone des Goldenen Dreiecks». Oben auf der Uferböschung entsteht ein goldverziertes Gebäude für die Einwanderungsbehörde. Die Grenze ist in Tonpheung noch nicht für ausländische Gäste geöffnet. Das soll sich aber ändern, sobald das neue Zollhaus fertig ist. Auf der thailändischen Flussseite sitzt derweil ein riesiger goldener Buddha und schaut flussabwärts, als ob er das Treiben in der Sonderzone ignorierte.

Das Kernstück von Tonpheung ist ein kitschiges Spielkasino mit einer goldenen Kuppel. Auf einem überdimensioniert wirkenden Parkplatz stehen zwei schwarze Stretch-Limousinen und ein Bentley. Ein schmutziger roter Teppich führt vom Parkplatz durch einen Notausgang ins Innere der Spielhölle. Direkt daneben steht ein noch grösserer, aber unfertiger Betonklotz, wo eine zweite Spielbank bald ihre Tore öffnen soll. «Tor» ist dabei wörtlich zu nehmen: Das riesige Eingangsportal ist dem Brandenburger Tor nachempfunden, komplett mit goldenen Pferden und einem Kriegswagen, auf dem ein geflügelter Lenker steht.

Ein rotes Elektromobil fährt an dem unfertigen Bauwerk vorbei. Es bringt chinesische Zocker vom Kasino ins nahe gelegene Kapok Garden Hotel. Der protzige Komplex ist mit seinen mehreren hundert klimatisierten Zimmern die beste Unterkunft weit und breit. Die Preise sind an der Rezeption in chinesischen Yuan angegeben. Am günstigsten ist ein Zimmer auf Stundenbasis. Wem das nicht genügt, der kann sich im nur wenige Gehminuten entfernten Bordell austoben. Davor lungern ein paar Chinesinnen herum. Prostitution ist in Laos eigentlich verboten, doch in der Sonderzone gelten andere Regeln. Damit die chinesische Kundschaft ohne hohe Roaming-Gebühren telefonieren kann, gibt es neben laotischen und thailändischen Mobilfunknetzen auch eine Antenne der Telefongesellschaft China Unicom.

Virtuelle Zocker

Im Kasino hat sich die Kundschaft derweil vor allem um die Bakkarat-Tische versammelt. Die Jetons sind in Yuan denominiert, die Spielbank wechselt aber auch Dollars oder thailändische Baht. Auf dem Spielgeld steht «Lam Ton Casino Myanmar». Laut einem laotischen Angestellten, der nach seinem Universitätsabschluss in einer burmesischen Spielhölle zum Croupier ausgebildet wurde, betrieben die Besitzer ursprünglich ein Kasino im burmesischen Mongla nahe der chinesischen Grenze. Wegen kriegerischer Ereignisse sei diese Spielbank aber geschlossen worden. Inzwischen fanden die Jetons den Weg nach Tonpheung, in die Spielhölle der chinesisch dominierten «Kings Romans Group».

Glücksspiel ist in den Nachbarländern China und Thailand verboten. Die Kasinos in Laos kommen also Bedürfnissen entgegen, welche die Kunden bei sich zu Hause legal nicht befriedigen können. Rund ein Dutzend Russinnen, die gebrochen Englisch sprechen, sollen sich als Croupiers um ausländische Touristen kümmern. Diese – so hofft das Management – werden dereinst aus Thailand nach Tonpheung strömen.

Das Kasino biete derzeit mehr als 1000 Angestellten einen Arbeitsplatz, sagt der Manager, der sich nur als Luis vorstellt und europäischer oder südamerikanischer Herkunft zu sein scheint. Wenn der ganze Komplex inklusive Landepiste, Golfplatz und Einkaufszentrum einmal fertiggestellt sei, werde es aber wohl ein Vielfaches dieser Zahl sein. Man habe von der Regierung eine langjährige Lizenz für die Nutzung von 30 Quadratkilometern Land erhalten, wobei über die genaue Konzessionsdauer noch verhandelt werde.

Der Höchsteinsatz an gewissen Tischen liegt laut Luis in der Nähe von umgerechnet 70 000 Franken. Viele Spieler tragen Kopfhörer mit Mikrofon. Es sind Agenten, die via Internet von Auftraggebern in China und anderswo Anweisungen erhalten, wo und wie viel sie zu setzen haben. Die virtuellen Zocker können den Spielverlauf derweil bequem auf ihren Bildschirmen im Büro oder bei sich zu Hause mitverfolgen. Die Agenten würden vom Kasino an dem von ihnen generierten Umsatz beteiligt, erklärt Luis weiter. Auf diese Weise spielten täglich rund 2000 zusätzliche Kunden mit. An einigen Tischen werde das Geschehen gar über Videokameras ins Internet übertragen.

Kein Ausspannen

Nach Schichtende bewegt sich eine lange Kolonne von Croupiers, zum Teil mit Sonnenschirmen bewehrt, der Park Avenue entlang zu den Personalunterkünften. Es sind langgezogene ebenerdige Gebäude mit Sonnenkollektoren auf dem Dach. Die Häuser wirken ordentlich, auch wenn sich jeweils acht Angestellte ein Zimmer teilen müssen. Die Löhne lägen um ein Vielfaches über dem Landesdurchschnitt, erzählt einer der Croupiers. Wer viel Umsatz erzeuge, erhalte einen Bonus. Das Einzige, worüber sich der junge Mann beschwert, ist die Ferienregelung: Es gebe schlicht und einfach keine bezahlten Ferien, nicht einmal einen freien Wochentag.

Chinesisch ist auch das Sicherheitspersonal. Ausserhalb der Spielhölle kann man die kahlgeschorenen jungen Männer gelegentlich in Tarnanzügen sehen, wie sie von den Soldaten der chinesischen Volksbefreiungsarmee getragen werden. Waffen lassen sich allerdings nicht ausmachen. Diese sind – zumindest in der Öffentlichkeit – den laotischen Polizisten vorbehalten. Dennoch scheint die Polizei bei der Durchsetzung von Recht und Ordnung hinter dem chinesischen Sicherheitsdienst zurückzustehen.

Die Spielhöllen sind ein Zeichen für Chinas wachsendes Engagement in Laos. Nicht weit von Tonpheung entfernt führt eine Teerstrasse vom Grenzort Houaysay am Mekong über die Provinzhauptstadt Luang Namtha nach Boten, direkt an der Grenze zu China. Bis Luang Namtha wurde die Strasse von den Thailändern gebaut – in miserabler Qualität. Danach waren chinesische Firmen für den Bau verantwortlich. Dieses Stück ist in wesentlich besserem Zustand. Links und rechts der Strasse sind die Hügel und Berghänge weitgehend abgeholzt und mit Kautschukbäumen bepflanzt – hauptsächlich für den Export in die chinesische Provinz Yunnan. Die «goldene Stadt» Boten, eine weitere Sonderzone auf laotischem Territorium, liegt direkt an der Grenze zu China und ist eine Ansammlung von chinesischen Spielhöllen, schmuddeligen Geschäften und Bordellen. Die chinesischen Prostituierten sind hier nummeriert, damit sich die Freier die Namen nicht zu merken brauchen. Man kann sich fragen, ob Tonpheung in ein paar Jahren ähnlich heruntergekommen wirken wird wie das «goldene» Boten.

Laut einer Schätzung der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit hat allein China in Laos Konzessionen für rund 10 000 Quadratkilometer Boden beantragt, was mehr als vier Prozent der Landesfläche entspricht. Andere Grossinvestoren kommen aus Thailand, Vietnam und Südkorea. Häufig geht es um die Produktion von Nahrungsmitteln, Gummi, Papier oder Biotreibstoffen. Ausländische Beobachter und Hilfswerke machen sich Sorgen um die Auswirkungen auf die Umwelt, zumal viele Konzessionen in undurchsichtiger Weise vergeben werden. Korruption ist weit verbreitet.

Laotisches Lavieren

Der zunehmende chinesische Einfluss sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass zum Beispiel der Handel zwischen Laos und Thailand jenen mit China (noch) bei weitem übertrifft. Das gute Verhältnis mit Thailand erklärt sich nicht nur aus der langen gemeinsamen Grenze, sondern auch aus ethnischer und sprachlicher Verwandtschaft. Viele Laoten ziehen zum Beispiel thailändische Fernsehsender den staatlich kontrollierten laotischen vor.

Was den politischen Einfluss betrifft, ist Vietnam nach wie vor führend. Das zeigt sich schon allein an der Tatsache, dass die meisten Mitglieder im Politbüro der LPRP fliessend Vietnamesisch sprechen. Die engen Beziehungen zwischen den kommunistischen Bruderparteien von Laos und Vietnam stammen noch aus der Zeit der Indochinakriege. Mit dem Lavieren zwischen den mächtigeren Nachbarn versuchen die LPRP und die herrschende Elite so viel für sich herauszuholen wie möglich. Das kommt zum Beispiel auch dem chinesischen Streben nach schnellen Gewinnen entgegen. Wie stark am Schluss die Bevölkerung vom derzeit praktizierten Kasinokapitalismus profitieren wird, ist dagegen eine ganz andere Frage.

wps
Es ist nicht schwer zu wissen wie man etwas macht,
aber es ist schwer es auch zu tun!

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