Somchai Wongsawat
Thaksins Schattenmann
Von Jochen Buchsteiner
17. September 2008 Nicht viele Regierungschefs beginnen ihren ersten Arbeitstag in einem stillgelegten Flughafen. Somchai Wongsawat, der am Mittwoch vom thailändischen Parlament zum 26. Premierminister gewählt wurde, hat sich entschieden, die Demonstranten vor dem „Government House“ nicht zu vertreiben und einstweilen das Ausweichquartier am Rande Bangkoks zu beziehen.
In seiner Nachgiebigkeit gegenüber den Belagerern unterscheidet er sich nicht von Samak Sundaravej, weshalb ihm auch von manchen eine ähnlich kurze Amtszeit vorausgesagt wird.
Dabei ist Somchai fast so etwas wie das Gegenmodell. Anders als der schillernde, oft aufbrausende Samak gilt der 61 Jahre alte Somchai als geradlinig, konziliant und besonnen. Ausgebildet an Thailands Juristenseminaren, verfolgte er mehr als zwanzig Jahre lang die Richterkarriere, die ihm noch vor der Ära Thaksin sein erstes Staatssekretärsamt eintrug. Zunächst diente er im Justiz-, dann im Arbeitsministerium, bevor er im vergangenen Jahr ins Parlament gewählt wurde und rasch zum Erziehungsminister und stellvertretenden Premierminister aufstieg.
Mit Thakins Schwester verheiratet
Letzteres Amt verschaffte ihm die beste Startposition für den Sprung nach ganz oben, denn nach nur acht Monaten wurde sein Chef in der vergangenen Woche von einem Gerichtsurteil in den Rücktritt getrieben. Obwohl zunächst alles nach einer Wiederwahl Samaks aussah, sammelten sich die Abgeordneten der Regierungspartei PPP plötzlich hinter dem kommissarisch amtierenden Somchai.
Die Spekulationen über die Hintergründe des Coups verweisen auf den Schatten, von dem der neue Premierminister in den kommenden Wochen und Monaten verfolgt werden dürfte. Denn nach Gerüchten war er der Wunschkandidat des wohl umstrittensten Mannes in Thailand: Thaksin Shinawatra. Dass diese Gerüchte kaum verstummen werden, hat nicht zuletzt mit Familienverhältnissen zu tun - Somchai ist mit Thakins Schwester verheiratet.
Für die Demonstranten vor dem Regierungssitz, die mit den konservativen Eliten Bangkoks verbunden sind, ist dies ein Grund, die Proteste fortzusetzen, wenn nicht zu intensivieren. Ihr Argument, dass Thailand weiterhin von dem inzwischen im Exil lebenden Thaksin - in Gestalt seiner „Marionetten“ - regiert werde, gewinnt nun eher an Gewicht. Beobachter wie der Politikwissenschaftler Thitinan Pongsidhirak sagen bereits eine „sich verlängernde Affäre“ voraus, die noch Monate andauern könne. Auf seiner ersten Pressekonferenz wich Somchai Fragen zu Thaksin aus und präsentierte sich als Wiedervereiniger der gespaltenen Nation.
Zugleich gab er sich zupackend und wandte sich aktuellen Themen zu. Priorität, sagte Somchai, hätten nun Maßnahmen, welche die Auswirkungen der amerikanischen Finanzkrise auf die heimische Wirtschaft dämpften - sowie die Bewältigung der nationalen Flutkatastrophe. Die meisten, die derzeit unter den Überschwemmungen leiden, sind im Norden des Landes zu Hause, dort, wo Thaksin und dessen Nachfolger ihre scheinbar uneinnehmbaren Hochburgen haben.
F.A.Z. 17. Sept. 2008
Hab in der FAZ selten so was Deutliches gelesen:
"Mit Thakins Schwester verheiratet
Letzteres Amt verschaffte ihm . . . "