Film: «Whores' Glory»

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KoratCat
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Film: «Whores' Glory»

Ungelesener Beitragvon KoratCat » Mo Sep 26, 2011 10:43 pm



«Whores' Glory»


BERLIN/DPA. Hinter einer Glaswand sitzen die Prostituierten in Bangkok, jede mit einer Nummer. Wie vor einem Aquarium stehen die Freier, einer von ihnen sagt «ich nehme die 210», geht an die Kasse, zahlt und verschwindet mit der Frau.
Kühl und fast wie in einem Supermarkt wirkt das Geschäft mit der Liebe in Thailand - in Bangladesch und Mexiko bietet sich ein anderes Bild. Drei Schauplätze, Kulturen und Religionen zeigt Michael Glawogger in seinem Dokumentarfilm «Whores' Glory - Ein Triptychon».

Im buddhistischen Thailand zünden die Frauen vor ihrer Arbeit im Bordell Räucherstäbchen an und stempeln eine Karte in einer Art Stechuhr ab. Einige von ihnen unterhalten sich darüber, ob sie einen Zweitjob brauchen, weil sie nicht genug verdienen und dass nicht Männer, sondern Kinder wichtig sind. In Faridpur im muslimisch geprägten Bangladesch leben und arbeiten mehr als 600 Prostituierte in einem labyrinthartigen Ghetto, einer Stadt in der Stadt.

Dunkle Gänge, kleine Zimmer, viele Menschen. Mädchen und Frauen erzählen, wie viele Kunden sie heute schon hatten. Prostituierte, die erkennen, dass sie und ihre Töchter sehr wahrscheinlich nie eine andere Perspektiven haben werden als Hure zu sein. Eine Frau in Faridpur erzählt, wie sie ihre Kunden davon zu überzeugen versucht, dass Oralsex nicht im Sinne des Korans sei. Wieder ein anderes Bild in Reynosa im katholischen Mexiko: Hier drehen Männer in Autos ihre Runden auf einer schlammigen Straßenpiste, am Rand warten die Prostituierten, einige von ihnen drogensüchtig. An allen drei Schauplätzen erzählen Männer, warum sie ins Bordell gehen und reden offen über ihre sexuellen Vorlieben.

Glawogger gibt Frauen und Freiern Gesicht und Stimme. Es gelingt ihm, Nähe herzustellen und seine Hauptdarsteller zum Reden zu bringen, ohne ihnen ihre Würde zu nehmen. Ungeschminkt sprechen sie über ihr Leben, ihre Arbeit, ihre Realität. Der 51 Jahre alte Regisseur aus Österreich hat bewegende und bedrückende Bilder sowie alltägliche Szenen gesammelt. «Anhand der Prostitution lässt sich einiges entdecken über das Verhältnis Mann/Frau in bestimmten Gesellschaften», sagte Glawogger im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa.

Der Filmemacher lässt sein knapp zweistündiges Werk für sich sprechen, verzichtet auf Hintergrundinformationen und bewertet nicht; der Zuschauer muss sich selbst ein Bild machen. «Ich glaube, ein Film, der sich vornimmt, allen Zwischentönen eines Themas zu folgen, hat keine Zeit für die Einteilung in Gut und Böse, weil die ja auch nichts bringt. (...) Da geht es um mehr als das Handeln mit Sex. Da wird Nähe gesucht und Liebe gespielt, da geht es um Freundschaft, Familie, Religion - und ich will verstehen, warum die Männer hingehen, warum die Frauen das machen.»

Der Regisseur wurde vor allem mit seinen Dokumentationen bekannt. «Megacities» aus dem Jahr 1999 erzählt vom Leben und Überleben in Metropolen wie Mumbai und Moskau. «Workingman's Death» (2006) war eine Dokumentation über Schwerarbeit. Der 51-Jährige sieht diese Filme zusammen mit «Whores' Glory» als Trilogie «über die Zeit, in der ich lebe».

Mitteldeutsche Zeitung
Es gibt nichts Gutes, ausser man tut es! Erich Kästner, 1899 - 1974

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