Rund ums Toilettenpapier

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koratwerner (†2012)
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Rund ums Toilettenpapier

Ungelesener Beitragvon koratwerner (†2012) » Sa Sep 03, 2011 11:16 am

Weltrekord in Thailand?

Benutzt man in Thailand auf öffentlich zugänglichen Toiletten das eventuell dort vorhandene Toilettenpapier, gelangt man in diesem sich vorbildlich und modern nennendem Land zu der Gewissheit: In Thailand gibt es das dünnste Toilettenpapier der Welt.

Deshalb ist es für einen papierliebenden Farang äußerst zweckmäßig, aushäusig immer eine gewisse Menge weicher Servietten oder Haushaltstücher mit sich zu tragen. Nur so ist die gewohnheitsmäßige Reinigung nach dem Stuhlgang gewährleistet, ohne auf die beinahe überall vorhandene Schöpfkelle oder die kleine Handdusche zurückgreifen zu müssen.

Respektlose Spötter sind der Ansicht, dass das in westlichen Ländern übliche Händeschütteln bei einer Begrüßung in Thailand mit den Bedenken abgelehnt wird, weil die hier ausgeführte Wasserreinigung nicht von jeder Person ausschließlich mit der linken Hand, sondern auch mit der rechten Hand erfolgt sein könnte.

Für einen Neuling auf Thailands Toiletten sind diese kulturellen Unterschiede im Vergleich zu seinem Heimatland gigantisch und erfordern ein Höchstmaß an erforderlicher Anpassungsfähigkeit.

Mancher Zeitgenosse wird diese Unterschiede als Kulturschock empfinden, doch ist es gar nicht so lange her, als man auch in Europa noch kein Hakle sanft, sicher & traumweiß von der Rolle abreißen konnte.

Touristen, wenn sie wieder in der Heimat sind, mögen über ihre Toilettenerlebnisse in Thailand schmunzelnd erzählen. Doch der hier lebende Expat amüsiert sich nicht, zumal er auch nach langjähriger Übung mit der Wasserkelle kaum in der Lage ist die Örtlichkeit einigermaßen trocken wieder zu verlassen.

Zur Hygiene des Allerwertesten ist mehr zu sagen, als man denkt. Das beweist der Rückblick auf die Entstehungsgeschichte des unbedruckten Papiers.

Der Weg zum Klopapier war lang – und mitunter steinig.

Ein wertloses Schriftstück nennt der Duden „Arschwisch“. Und das nicht ohne Grund. Es ist noch gar nicht so lange her, da landete die Zeitung von gestern auf dem Klo: In handliche Stücke geschnitten hing sie dort am Haken und wartete auf ihre letzte Bestimmung. Papier speziell für den Po kannten aber lange Zeit nur die Chinesen. Deren Kaiser orderte bereits 1393 Bögen von einem halben Quadratmeter Ausmaß auf sein stilles Örtchen.

Jahrtausende lang wurde nach allem gegriffen, was gerade da war und halbwegs geeignet erschien: Laub, Stroh, Moos, Schafswolle, Maiskolben, Kokosschalen – die Griechen der Antike hatten sogar vor Steinen und Tonscherben keine Berührungsängste. In der islamischen Welt gilt ausschließlich Wasser und die linke Hand als Mittel der Wahl. Und im alten Rom nahm man – stets bedacht auf kulturellen Fortschritt – schon sehr früh einen Schwamm zur Hand, der, an einen Stiel gebunden, in einem Krug mit desinfizierendem Salzwasser steckte. Doch auch das hat sich nicht durchgesetzt.

Am Ende war es das Papier, das auch jenseits der Chinesischen Mauer am meisten überzeugte – und die Welt in zwei Lager trennte: Während die einen ihr Klopapier zu einem Ball zerknüllen, bevor sie wischen, legen die anderen – darunter auch die Deutschen – ihr Blatt fein säuberlich in Falten. Nachdem es vielerorts zunächst alte Zeitungen waren, die in den Orkus gingen, wurde ab 1857 auch für die – meist knüllenden – Amerikaner Papier zum Zwecke der Rektalhygiene produziert. 1879 wickelte der Engländer Walter Alcock das Ganze auf handliche Rollen.

In Deutschland brachte Hans Klenk den Stein ins Rollen, als er 1928 die erste Toilettenpapierfabrik in seiner Heimatstadt Ludwigsburg eröffnete. Während die Konkurrenz im Ausland noch verschämt „Therapeutisches Papier“ verkaufte, nannte er die Dinge beim Namen und prägte mit seinen erweiterten Initialen einen Begriff: Hakle. 1977 kam mit „Hakle feucht“ das erste feuchte Toilettenpapier in die WCs. Spätestens seitdem wird auch hierzulande die Zeitung auf dem Klo nur noch gelesen.

Tips

Beim Benutzen von Toilettenpapier ist weniger mehr. Zu starker und zu häufiger Einsatz reizt die Haut in der empfindlichen Po-Ebene.

Hygiene. Für eine besonders gründliche und sanfte Analhygiene empfehlen Dermatologen die Reinigung ausschließlich mit warmem Wasser, idealerweise im Bidet. Seife oder andere Zusätze sind für die empfindliche Haut im Analbereich ungeeignet. Um Hautreizungen zu vermeiden, sollte der Po nach der Reinigung trocken getupft werden, am besten mit einem weichen, unbedruckten und unparfümierten Toilettenpapier.

Feuchte Tücher. Dermatologen raten Gesunden davon ab, ständig feuchte Toilettenpapiere zu verwenden, weil darin enthaltene Konservierungs- und Duftstoffe zu Ekzemen führen und Kontaktallergien auslösen können. Sinnvoll kann eine vorübergehende Verwendung zum Beispiel bei Inkontinenz sein, wenn auf Reisen kein Wasser vorhanden ist.

Antibakteriell. Toilettenpapier mit antibakteriellen Zusätzen ist nicht nur hygienisch überflüssig, sondern schädlich. Antibakterielle Zusätze fördern die Resistenzbildung von Bakterien und schaffen auf diese Weise gesundheitliche Risiken.
Jucken. Wenn es trotz gründlicher Reinigung am Po juckt, brennt oder schmerzt, die Unterwäsche dauernd verschmutzt ist oder sich Blutspuren am Toilettenpapier zeigen, sollte ein Arzt aufgesucht werden, um Erkrankungen wie zum Beispiel Analekzeme oder Hämorrhoiden abzuklären.

Holz, Wasser, Energie – Recyclingpapier schont Ressourcen, Gewässer und Landschaften.

Umwelt. Wer bei Toilettenpapier zum Recyclingprodukt greift, spart nicht nur Holz, Wasser und Energie, sondern produziert auch weniger Abwasser, vermeidet Abfall und schützt Landschaften und Gewässer, etwa in Urwaldgebieten. Ein sicheres Zeichen dafür ist der Blaue Engel, der für Toilettenpapier aus 100 Prozent Altpapier vergeben wird. Für die Umwelt ist Toilettenpapier mit Blauem Engel daher erste Wahl.

Gesundheit. Gleichzeitig garantiert der Blaue Engel eine Schadstoffprüfung: So dürfen zum Beispiel bei der Papierherstellung keine Hilfsstoffe eingesetzt werden, die Allergie auslösendes Glyoxal enthalten. Der Zusatz optischer Aufheller ist ebenso wenig erlaubt wie der Einsatz von Farbmitteln, die Quecksilber-, Kadmium-, Blei- oder Chrom-(VI)-Verbindungen als Bestandteile aufweisen.

Qualität. Der Test zeigt: In puncto Qualität muss sich Recycling-Toilettenpapier nicht verstecken, auch wenn es nicht ganz so weich ist wie die Spitzenpapiere. Auch die Befürchtung, der Einsatz von Altpapier sei unhygienisch, ist unbegründet: Die Temperaturen bei der Verarbeitung sind so hoch, dass alle Keime abgetötet werden.

Alles klar?

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