Nach langer Durststrecke eine Mini-Erhöhung für die Rentner
Sozialverbände klagen: Teuerung frisst mickrige Anhebung auf
Von Reinhard Zweigler, MZ
BERLIN. Der Rentenexperte und Chef der Wirtschaftsweisen Bert Rürup hatte gegenüber der MZ schon vor zwei Wochen eine Rentenerhöhung von 0,5 Prozent angekündigt. Gestern Morgen verkündete Rentenminister Franz Müntefering (SPD) den genauen Hebesatz von mickrigen 0,54 Prozent. Erstmals nach drei Jahren mit Nullrunden werden die Rentner damit wieder etwas mehr Geld in die Hand bekommen. Die vorerst letzte Rentenanhebung lag im Jahr 2003. Danach folgte bekanntlich eine wirtschaftliche Talfahrt.
Die wichtige Berechnungsgröße der Bruttolohnsumme sank. Ebenso gab es weniger sozialversicherungspflichtige Beschäftigte. Im riesigen gesetzlichen Rententopf war nicht mehr so viel zum Verteilen. Die Altersbezüge hätten nach der zugrunde liegenden komplizierten Berechnung eigentlich sogar sinken müssen. Doch dies hat der Gesetzgeber mit einer Art Sicherung nach unten verhindert. Da es 2006 wirtschaftlich wieder bergauf ging, müssen in der Folge auch die Altersbezüge 2007 wachsen. Wenngleich auch auf einem mageren Niveau. Entsprechend minimal werden auch die Sozialhilfesätze bzw. die Hartz-IV-Beträge wachsen, die an die Rentenentwicklung angekoppelt sind.
An der mageren Erhöhung der Altersbezüge üben Sozialverbände und Gewerkschaften harsche Kritik. Durch den Anstieg der Beiträge für die Krankenkassen und einer höheren Teuerungsrate werde der dürftige Rentenzuschlag mehr als aufgefressen, erklärte VdK-Chef Walter Hirrlinger. Nach drei Nullrunden gebe es „einen realen Kaufkraftverlust“ für die 20 Millionen deutschen Rentner.
Privatvorsorge immer wichtiger
Hinzu kommt, dass die Politik wegen der dramatischen Bevölkerungsentwicklung dafür gesorgt hat, dass die Rentenberechnung immer komplizierter wird. Die Rentner selbst werden die dramatische Lage der Rentenkassen durch bestenfalls marginale Erhöhungen zu spüren bekommen. Die Renten werden im Jahr 2030 auf dem Papier zwar höher ausfallen als die heute gezahlten, schätzt Rürup. Bezogen auf die Kaufkraft sinkt das Rentenniveau aber um ein Fünftel ab.
Weil der Rentenversicherungsbeitrag, den Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu entrichten haben, nicht weiter als bis auf 22 Prozent in den nächsten 25 Jahren ansteigen soll, wurden ein so genannter Nachholfaktor sowie der schrittweise Übergang zur Rente mit 67 Jahren eingeführt. Beides dämpft den künftigen Rentenanstieg, weil damit die Relation zwischen den Rentenbeziehern und den Beitragszahlern berücksichtigt wird. Mit dem Gesetz zur Rente ab 67 sollen ab 2011 Rentenzuwächse, die wegen einer positiven Wirtschaftsentwicklung möglich wären, halbiert werden. Die Rentner sollen also nur noch 50 Prozent der ihnen zustehenden Anhebungen kassieren dürfen. Die andere Hälfte fließt wieder in die Rentenkasse zurück, bis die Löcher, die sich in den vorangegangenen schlechten Jahren aufgetan haben, wieder gefüllt sind. Soweit jedenfalls die Theorie.
Statt ausgabenorientierter Einnahmepolitik wird künftig eine einnahmeorientierte Ausgabenpolitik betrieben. Im Klartext heißt das Signal der Politik an die Rentner allerdings: Gürtel enger schnallen. Es geht nicht anders. Für die Jüngeren bedeutet das, dass sie selbst viel stärker privat vorsorgen müssen. Sofern sie dass können. Betriebsrenten sind deshalb stark im Kommen. Bereits 46 Prozent der Beschäftigten bauen dieses zweite Standbein der Altersvorsorge auf. Und bei der anfangs viel gescholtenen Riester-Rente kam es im vergangenen Jahr zu einem Durchbruch. Bereits acht Millionen Deutsche zahlen für ihre Altersvorsorge in Riester-Produkte ein und bekommen dafür vom Staat einen jährlichen Zuschuss obendrauf. Damit sie im Alter mehr haben als nur die magere gesetzliche Rente.
Mittelbayerische 22. Maerz 2007