Einmal als Dackel, bitte!

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Rudi (†2019)
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Einmal als Dackel, bitte!

Ungelesener Beitragvon Rudi (†2019) » Do Jun 30, 2016 1:23 pm

Kai Strittmatter aus Peking am Donnerstag den 30. Juni 2016 Kleine Geschichte

Mein Satz der Woche war in der Pekinger «Global Times» zu lesen. «Nun, da viele chinesische Familien Hunde als Haustiere halten, überdenken die Chinesen gerade die Rolle des Hundes in ihrem Leben», stand da. «Allerdings sind sie da noch zu keinem Konsens gekommen.» Nämlich, ob man den Hund nun lieber streichelt. Oder isst. Oder ob man ihn zuerst streichelt und dann isst. Oder ob man den, der Hunde isst, an den Pranger stellt. Als Barbaren. So wie es den Leuten in der Stadt Yulin geschieht, die mal wieder ihr Hundefleischfest feiern. Sehr zum Missfallen der zivilisierten Welt, also unter anderem von Pamela Anderson und Kelly Osbourne.

Ich steh da auf der Seite der Chinesen, und nicht erst, seit mich ein Hundekoch fragte: «Sag mal, Ihr esst doch auch Kühe und Kälblein. Was sagen denn da die Inder dazu?» Ich esse kaum Fleisch. Trotzdem hatte ich mir vorgenommen, den Hundeeintopf zu probieren, als ich vor drei Jahren nach Yulin reiste. Ich tat es dann nicht, und das lag daran, dass ich vor dem Fest ein Asyl geschundener Hunde besucht hatte, die teils an üblen Verletzungen litten, die sie während des Transportes nach Yulin erlitten hatten. Mir war der Appetit vergangen. Das Mitleid mit der Kreatur ist eine großartige menschliche Errungenschaft. Allerdings ist die moralische Empörung der Welt mit einiger Blindheit geschlagen. Dafür etwa, dass in Deutschland noch bis 1986 Hunde geschlachtet wurden, dass die Stadt Dresden für ihre Hundegerichte bekannt war. Und Blindheit dem anderen gegenüber, dafür etwa, dass die Chinesen das Mitgefühl mit allen Lebewesen lange vor den Europäern in den Stand einer Massenbewegung erhoben hatten, nämlich vor knapp zweitausend Jahren mit der Einführung des Buddhismus.
Der pragmatische Prinz aus Dänemark

Die Gegner des Hundefleischfests verweisen oft auf die Qualen, die den Hunden beim Transport und vor dem Schlachten zugefügt werden. Tatsächlich geschieht da Grausames und Beschämendes. Und trotzdem wird man den Verdacht nicht los, dass die Entrüstung stets auch getragen wird von zwei nicht immer ausgesprochenen moralischen Urteilen. Erstens: Hunde sind «Freund! Nicht Essen!» (CNN), und allein deshalb tabu. Und zweitens: Den fremden Chinesen ist jede Barbarei zuzutrauen. Dabei findet sich das Argument, der Hund sei als Freund des Menschen am Leben zu lassen, auch im alten China, beim Gourmet Li Yü – der dann dem Hund gleich das Rind als Menschenfreund zur Seite stellt. Was sich einerseits gut begründen lässt und andererseits die Willkür solcher Einordnungen zeigt.

Eigentlich haben allein Veganer das Recht, mit dem Finger auf Hundeesser zu zeigen. Selbst Vegetarier sollten die Klappe halten, denn geschunden und sinnlos gemordet wird auch fürs Frühstücksei. Ob aber all die Chinaverdammer bei sich zu Hause ebenso engagiert für Küken, Hühner, Schweine und Rinder kämpfen?

Mir ist der Pragmatismus eines Prinz Henrik von Dänemark sympathisch. Das ist jener Prinz, der einst seine Liebe zum Hundefleisch gestand, und der dann keinen Widerspruch darin sah, zu verkünden, wenn er je wiedergeboren würde, dann bitte als Dackel, was die Dänen schon weniger verwunderte, da der Prinz Ehrenpräsident ihres Dackelverbandes ist. Damit ist Prinz Henrik in der Summe zwar nicht unbedingt tier- aber doch menschenfreundlicher als so mancher hysterischer Aktivist, und das ist ja schon mal ein erster Schritt.
baz.ch

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